Feindbild Islam – unintegrierbar?

Phillip Fleischmann

“In der Türkei würde ich eben meiner Frau sagen müssen, daß sie ein Kopftuch tragen muß.” (Neue Freie Zeitung, FPÖ-Organ,  22.6.06) Diese Aussage des Innsbrucker FPÖ-Gemeinderats Richard Heis zeigt deutlich, was hinter der freiheitlichen Propaganda á la “Freie Frauen statt Kopftuchzwang” steht: Reaktionäres Gedankengut, gepaart mit Populismus.
Der Islam ist für FPÖ und BZÖ zum Feindbild Nummer eins geworden – Heis hat eine Kampagne für ein Kopftuchverbot in Innsbrucker öffentlichen Gebäuden gestartet und warnt vor “islamischen Parallelgesellschaften”. Und er zitiert eine Soziologin, die “eindeutig festgehalten [hat], daß das Kopftuch für sie eine Körperverletzung ist”. Diese “Körperverletzung” würde er aber, wäre er in der Türkei, bereitwillig an seiner Frau begehen, obwohl er sogar selbst anspricht, dass das gerade dort in allen Schulen und öffentlichen Gebäuden verboten ist.
Das ist nur scheinbar widersprüchlich. Bereits seit längerem fährt die extreme Rechte eine Art Apartheid-Logik (angebliche Gleichberechtigung der Völker, aber strenge Abgrenzung nach “Rasse”, oder Kultur), z.B. vom BZÖ als “Europa der Vaterländer” bezeichnet. Offensichtlich ist die reaktionäre Ideologie, die momentan in Teilen der islamischen Welt an Boden gewinnt, der österreichischen Rechten gar nicht unrecht. Der Anti-Islamismus, der im Gefolge des US-Amerikanischen Krieg gegen den Terror auch in Österreich breiter wurde, ist ein Vehikel, um die Idee des “ethnisch reinen” rüberzubringen. Innenministerin Lise Prokop behauptete auf Grundlage einer für ihr Ministerium verfassten Studie, das 45% der in Österreich lebenden Moslems konservativ bis religiös eingestellt sind und deutet das, dass diese “integrationsunwillig” sind. Das wirft ein zumindest eigenartiges Licht auf ihre eigene, konservative Partei.

Unser Standpunkt

JedeR ernsthafte MarxistIn lehnt Religionen ab. Gleichzeitig sind SozialistInnen diejenigen, die entschieden ablehnen, religiöse Vorurteile gegen Menschen eines anderen Glaubens bzw. Nicht-Glaubens einzusetzen. Genauso wie wir gegen Diskriminierung aufgrund einer Religionszugehörigkeit sind, kämpfen wir gegen Unterdrückung auf der Grundlage von Geschlecht, Hautfarbe und sexueller Orientierung. Gerade in diesen Punkten befindet man sich mit den verschiedenen religiösen Hardlinern in offenem Kampf, natürlich auch den islamischen. Gleichzeitig muss die ArbeiterInnen-Bewegung und im speziellen die sozialistische, offen auf religiös geprägte ArbeiterInnen zugehen.
Die ArbeiterInnenbewegung, und vor allem die Gewerkschaften, sind gefordert, Kämpfe von ArbeitnehmerInnen, egal welcher Herkunft oder Konfession, zur Verbesserung der sozialen Lage zu führen und so die Basis für eine gemeinsame Identifikation zu legen.
Die gegenwärtige Diskussion über “Integration”, in der von fast allen Seiten Migration als “Privileg” dargestellt wird, für das “Verantwortung der ZuwanderInnen” eingefordert wird, die sich den “österreichischen Interessen” unterzuordnen hätten (sämtliche Zitate 10-Punkte-Programm der SPÖ) und das Fehlen einer Kraft, die klarmacht, dass eben diese Kapitalinteressen unfreiwillige Migration zu miesen Bedingungen erzwingen und die ArbeiterInnen für ihre Rechte mobilisiert, begünstigen die weitere Verbreitung der reaktionären Ideen.

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