Die Schlacht um Wien

Warum die SPÖ Strache nicht stoppen kann
Sonja Grusch

In Wien beginnen langsam alle Parteien, sich auf die Gemeinderatswahl 2010 vorzubereiten. Die Hauptgegner in dieser Wahl werden FPÖ und SPÖ sein. Daneben wird kaum Platz sein, die ÖVP und die Grünen werden Nebenschauplätze sein. Nach den Wahlerfolgen der FPÖ in Vorarlberg und v.a. In Oberösterreich fürchten viele eine Wiederholung in Wien. Strache als Wiener Bürgermeister – eine echte Gefahr?

FPÖ wächst durch SPÖ-Politik

Die Wahlerfolge der FPÖ sind nicht alleine auf den jugendlichen Strache, seine Sangeskünste oder das Programm der FPÖ zurückzuführen. Sie sind v.a. eine Ablehnung der Politik von SPÖ und ÖVP und Ergebnis ihres Unwillens, dem Rassismus etwas entgegen zu setzen. Wien leider ist keine Ausnahme für jenen neoliberalen Umbau der letzten Jahre. Alleine in der Hauptstadt sind 100.000 Menschen auf Sozialhilfe angewiesen, 250.000 sind armutsgefährdet. 130.000 WienerInnen arbeiten Vollzeit und bekommen dafür weniger als 1000.- brutto. Große Teile der Wiener Infrastruktur gehören nicht mehr der Gemeinde Wien, sondern internationalen Finanzinstituten. Bei den Gemeindebediensteten wird der Druck erhöht – bei den KindergärtnerInnen hat das bereits zu massivem Unmut geführt. In Wien ist vieles noch besser – aber nicht deshalb, weil die SPÖ eine bessere Politik betreibt, sondern weil sie den Abbau von einem höheren Niveau aus durchführt. Da ist der Weg nach unten einfach länger.

SPÖ wählen um Strache zu verhindern?

Geht es bei den Wiener Wahlen wirklich darum, einen Bürgermeister Strache zu verhindern? Für Vor-Wahl-Umfragen ist es noch zu früh. Aber die Entwicklung in Wels (OÖ) zeigt, wohin die Reise gehen könnte. Eine SPÖ die ganz normale neoliberale Politik betreibt, gepaart mit der Selbstherrlichkeit von PolitikerInnen die „immer schon“ an der Macht waren – das hat die FPÖ in Wels so stark gemacht, dass es im Oktober 2009 zu einer Bürgermeister-Stichwahl gekommen ist. Die Wahlordnung in Wien ist anders, es gibt keine Bürgermeisterdirektwahl. Eine Stichwahl wie in Wels ist also nicht möglich, entscheidend sind die Mehrheitsverhältnisse der Parteien im Rathaus. So weit, so gut. Aber eine massive Stärkung der FPÖ ist zu erwarten, denn die Unzufriedenheit ist auch in Wien groß. Die Antwort der SPÖ darauf ist ein schärferer Anti-AusländerInnenkurs und die Verstärkung der Überwachung in Wien. Also die Umsetzung von FPÖ-Konzepten. Gegen einen „durchs Reden kommen die Leute zusammen“ Ansatz - wie er vordergründig propagiert wird - ist nichts einzuwenden. Aber real existierende Probleme werden durch ein paar KontrolleurInnen in den Gemeindebauten, den Straßenbahnen und auf der Straße nicht gelöst. Es fehlt an leistbaren Wohnungen, an jugendgerechten Freizeitzentren, an Spiel- und Turnmöglichkeiten...

Wegen der Bundespolitik, aber auch weil sich die Politik der Wiener SPÖ nicht maßgeblich unterscheidet wird Strache bei den Wiener Wahlen stark zulegen. Eine Stimme für die SPÖ oder auch die Grünen würde diesen Aufstieg bestenfalls vordergründig bremsen. Denn an genau jener Politik, die dazu führt, dass Parteien wie die FPÖ gewählt werden, ändert eine Stimme für die SPÖ nichts. Nein, es ist nicht egal, ob Häupl oder Strache Bürgermeister ist. Die FPÖ ist eine wesentlich aggressivere Kampfansage an MigrantInnen. Aber Häupl&Co bereiten den Boden für Strache und seine Konzepte und sind daher kein Bollwerk gegen Rechts.

Linke Alternative zu Rassismus ist notwendig!

Das zentrale Thema des Wiener Wahlkampfes wird das „Ausländerthema“ sein. Die FPÖ wird (schlecht) reimen und hetzen. Und die anderen Parteien werden in einer schwachen Variante folgen (ÖVP, SPÖ) oder hilflos kontern (Grüne). Wir haben schon in den letzten Monaten gesehen, welche Punkte aufgegriffen werden: Islamische Zentren und Moscheen und die Kreuzfrage. Was kümmert es die FPÖ, dass in manchen Klassen nach wie vor über 30 SchülerInnen sitzen, dass die meisten LehrerInnen keinen eigenen Arbeitsplatz in der Schule haben, dass viele Schulen sanierungsbedürftig sind – Hauptsache das Kreuz hängt. Egal, dass pubertierende Jugendliche wenig über Verhütung wissen, oder wie frau sich gegen sexuelle Belästigung wehrt – Hauptsache das Symbol des Abendlandes bleibt uns erhalten. Egal, dass MitschülerInnen, die als AsylwerberInnen gekommen sind, plötzlich verschwinden, weil sie abgeschoben werden – Hauptsache das christliche Zeichen der Nächstenliebe hat Bestand.

Die Religionsgemeinschaften – die nebenbei gesagt auch viel Leid über die Menschheit gebracht haben – sind private Vereinigungen. Und als solche dürfen sie eigentlich nicht vom Staat finanziert oder privilegiert behandelt werden. Wenn es anderslautende Verträge gibt – wie das Konkordat – dann sollten sie schleunigst gekündigt werden. Nicht nur die Kreuze, sondern der ganze Religionsunterricht gehört aus den Schulen entfernt. Was nebenbei auch eine Menge Geld für besseren Unterricht bringen würde!

Bei ihrer Hetze gegen islamische Zentren, Gebetshäuser und Moscheen versteckt sich die FPÖ gerne hinter „Bürgerinitiativen“ und Ähnlichem. So unterstützt sie seit längerem maßgeblich eine sogenannte „Bürgerinitiative“ in Wien 20 gegen den Ausbau eines islamischen Zentrums. Diese verbreitet übrigens auf ihrer von der FPÖ finanzierten Homepage auch Lügen über die SLP. Auch in Wien 10 versuchte sie mit dem Thema zu punkten. Während es vordergründig um Parkplätze, Lärm und Öffnungszeiten geht, wird heftig gegen „die Moslems“ gehetzt. Eine Methode, die zwar der FPÖ zu Stimmen verhilft, aber garantiert keines der Probleme, die es beim Zusammenleben gibt, löst.

Bei der Schlacht um Wien geht es darum, eine entschlossene linke Alternative zu den etablierten Parteien und zum Rassismus der FPÖ aufzustellen. Eine Alternative, die keinerlei Zugeständnisse an die rechten Hetzer macht, sondern für den gemeinsamen Kampf von In- und AusländerInnen steht. Eine Alternative, die sich nicht darauf beschränkt, Stimmen zu keilen, sondern die echten Widerstand vor Ort gegen soziale Ungerechtigkeit organisiert. Ob es eine solche Alternative wienweit geben wird, ist noch nicht klar – das hängt davon ab, ob es ernsthafte Schritte zu einer solchen neuen, linken Struktur geben wird. Aber eines ist klar – die SLP wird in diesem Wahlkampf präsent sein und eine solche Alternative anbieten.

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