Die Regierung liegt am Boden! -Perspektiven und Vorschläge für den Widerstand

Stellungnahme der SLP-Bundesleitung zur Staatskrise und den Neuwahlen
SLP Bundesleitung

Strache ist weg! Das ist auf jeden Fall eine gute Nachricht für die unzähligen antirassistischen Aktivist*innen, die in 14 Jahren seiner FPÖ-Obmannschaft gegen ihn mobilisiert haben. Die Koalition ist gefallen! Das ist eine gute Nachricht für die zehntausenden Gewerkschafter*innen und anderen Demonstrant*innen, die in den letzten 1,5 Jahren die brutale Politik gegen Arbeiter*innen bekämpft haben und für Migrant*innen und Asylwerber*innen, die am härtesten von dieser Regierung angegriffen wurden.
Es gibt Gründe, sich zu freuen, aber noch viel mehr Gründe, sich als Linke schnell zu sammeln, Perspektiven zu entwickeln und zu handeln, solange FPÖ und ÖVP in der Defensive sind! Gewonnen haben wir nur, wenn nicht nur diese Regierung fällt, sondern auch die Politik, für die sie und ihre reichen Unterstützer*innen und Auftraggeber bei IV, WKO&Co.stehen.

Ibiza ist überall

Es ist wichtig zu verstehen: Das in Ibiza war keine „b'soffene G'schicht'“, wie sich Strache hier rauszureden versucht. Treffen dieser Art und die Absprachen, die dort getroffen werden, sind wesentlicher Bestandteil der Politik der Herrschenden in diesem Land. Hier haben sich Strache und Gudenus einfach bei einem besonders plumpen Versuch erwischen lassen. Was hier eine Fake-Oligarchen-Nichte angeleiert hat, ist Routine - das zeigen auch die recht gelassenen Reaktionen von Strache&Gudenus in dem Video. Was die FPÖ-Führung hier ausmachen wollte, hat Immobilienmakler Benko dann kurze Zeit später umgesetzt: Er hat Krone und Kurier zu 24% aufgekauft und nimmt jetzt sicher auch Einfluss auf deren Linie, welche die Regierung schon im Wahlkampf kräftig unterstützt hatte. Kurz nach der Angelobung der Schwarz/Türkis-Blauen Regierung erhält Benko eine Immobilie auf der Wiener Mariahilferstraße unter tatkräftiger Vermittlung des neuen Bundeskanzlers und des Justizministers zum „Vorzugspreis“ von 30 Millionen € unter dem besten Angebot (https://www.vienna.at/leiner-flagshipstore-auf-mahue-an-rene-benko-verka...)...
Die Andeutungen, die Strache im Ibiza-Video zur illegalen Parteienfinanzierung macht, sind der vielleicht spannendste Teil dieser Momentaufnahme österreichischer Politik. Er nennt eine lange Reihe von Spender*innen, die teilweise gleich auch für die ÖVP (Benko) oder gleich für „alle“ Parteien (Novomatik) gespendet hätten. In den Finanzberichten keiner Partei scheint das auf, wobei die Gesetze zur Überwachung der Parteienfinanzierung dank Blockaden der jeweils herrschenden Parteien in Österreich besonders lasch sind. „Illegale Parteienfinanzierung“ ist noch nicht einmal ein Straftatbestand, Staatsanwaltschaften können hier also nicht einmal ermitteln.
Fest steht: FPÖ&ÖVP haben die zulässigen Kosten für den Wahlkampf 2017 offiziell um 10 Millionen überstiegen, übrigens lag auch die SPÖ deutlich drüber. Über die Gegenleistungen kann teilweise nur spekuliert werden (zB. neue Munition von Glock für die Polizei, neue Sturmgewehre...) während andere Gegenleistungen sehr offensichtlich sind: Der 12h Tag/60h Woche, die Steuerreform zugunsten der Reichen, die Enteignung der Sozialversicherung zugunsten der Konzerne, die Mindestsicherungsreform... Alles das steht schon lange auf der Wunschliste der Reichen, die sich ihre Vollstrecker mit ÖVP-FPÖ in die Regierung geholt haben. Schon das Koalitionsabkommen hat das seinerzeit mehr als deutlich gemacht: https://www.slp.at/artikel/regierungsprogramm-180-seiten-neoliberalismus-sexismus-und-rassismus-8656

Wer sich von den Reichen abhängig macht, wird auch ihre Politik umsetzen. Dabei ist es fast egal, ob das formal illegal passiert, wie jetzt in Ibiza, oder offiziell, wie seinerzeit beim „Team Stronach“ oder Haselsteiner bei den Neos. Dazu kommt die enge Verwicklung besonders von ÖVP und SPÖ zu bestimmten Konzernen, über die Politiker*innen persönlich profitieren, wenn sie Politik im Sinne von OMV, Raiffeisenbank, Strabag&Co machen. Auch wenn Politiker*innen nach ihrer öffentlichen Karriere noch saftige Posten in der Privatwirtschaft antreten, wirft das Fragen auf, ob das auch schon ihre Entscheidungen vorher beeinflusst hat, wie zB bei Ex-Grünen Chefin Glawischnig bei Novomatik, Ex-SPÖ Wien Gesundheitsstadträtin Wehsely bei „Siemens Healthineers“. Angesichts der aktuell diskutierten Russland-Nähe der FPÖ ist auch noch einmal besonders auf die weitere Karriere von SPÖ Ex-Bundeskanzler Gusenbauer hinzuweisen, der nach seinem Rücktritt bei dem kasachischen Diktator und Putin-Verbündeten Nazarbayev anfing.
Aber der „Interessenskonflikt“, wie Käuflichkeit in bürgerlichen Medien gerne umschrieben wird, beginnt schon früher: Wenn Nationalratsabgeordnete fast 9000€ im Monat und Minister rund 18.000€ verdienen, sind sie den Reichen schlicht näher als die Durchschnittsbevölkerung und erst recht die Ärmsten in diesem Land. Wer so viel verdient, hat keinerlei echte Gemeinsamkeit mit den Menschen, bei denen schon am 20. des Monats das Konto leer ist und die von einer Heizkostennachzahlung oder einem Wasserschaden in die Zahlungsunfähigkeit getrieben werden können. Auch das ist eine Form von Korruption, denn sie bereichern sich auf unsere Kosten und entwickeln Interessen, die mit unseren nichts zu tun haben. Ibiza ist überall!

Aufklärung!

Wir werden sehen, wie weit sich dieser Skandal noch entwickelt und wie viel wir noch über die Regierungspraxis in Österreich im zu erwartenden Schmutzkübel-Wahlkampf erfahren werden. Wir dürfen gespannt sein, aber wir müssen auch davon ausgehen, dass die Aufklärung wie schon bei anderen Skandalen wie Hypo-Alpe-Adria, Buwog, Eurofighter... verzögert, verschleppt und schließlich verdunkelt wird. Ab einem gewissen Punkt haben alle großen Parteien ein Interesse daran, weil sie die engen Verflechtungen der Politik zu den Reichen und den Unternehmen aus der Öffentlichkeit fernhalten wollen. Echte Aufklärung dürfen wir von diesen Leuten und auch den von ihnen gestalteten und besetzten staatlichen Institutionen nicht erwarten.
-Wenn wir Aufklärung wollen, müssen wir das selber angehen: Betriebsrät*innen bei verdächtigen Konzernen, Gewerkschafter*innen, Umwelt- und Menschenrechtsaktivist*innen, Frauenrechtsaktivist*innen... müssen sich die Möglichkeit erkämpfen, Bücher einzusehen, Konten zu überprüfen, Hausdurchsuchungen vorzunehmen... So muss eine erfolgversprechende Untersuchungskommission aussehen! Es darf hier keine Geheimhaltung, kein Bankengeheimnis, kein Betriebsgeheimnis... geben. Hierfür lohnt es sich, zu kämpfen und das ist die Seite der Arbeiter*innenklasse, die auch die Gewerkschaften in der Frage annehmen müssen.

 

Wie können wir die Krise der Bürgerlichen nutzen um echte Verbesserungen zu erkämpfen?

Die Koalition ist gefallen, Kurz könnte folgen. Aber die schon durchgesetzten Verschlechterungen aus 1,5 Jahren Schwarz/Türkis-Blau bleiben noch in Kraft. Die jetzt angelobte „Expertenregierung“ ist eine Bedrohung: Arbeiter*innen nicht nur in Griechenland wissen, was es heißt, im Namen angeblicher Vernunft von „Technokrat*innen“ regiert zu werden. Praktisch unabhängig von Wahlen können sie ohne jede Rücksicht auf Demokratie Vieles durchboxen, wobei Minister*innen in Sorge vor den Verlust von Stimmen schwerer tun würden. Ihre „Vernunft“ ist immer nur die kalte Logik der Kapitalist*innen und geht gegen die Interessen von Arbeiter*innen, Pensionist*innen und Jugendlichen, den wahren Expert*innen, weil Betroffenen, wenn es darum geht, das Leben für die Mehrheit der Bevölkerung besser zu machen.
Tatsache ist: Die angeblich stabilste Regierung seit Langem ist zusammengebrochen und was davon noch übrig ist, ist jetzt schwach und angreifbar. Die Krise ist eine allgemeinere Krise der bürgerlichen Demokratie, die in ihrer Glaubwürdigkeit noch tiefer als ohnehin schon erschüttert ist. Nicht umsonst werden alle bürgerlichen Parteien, angeführt vom Bundespräsidenten, nicht müde zu betonen, wie wichtig jetzt Stabilität wäre. Für Arbeiter*innen bedeutet diese „Stabilität“ nur ein „weiter so“ mit der Politik für die Reichen. Das ist der Augenblick für eine Offensive von Arbeiter*innen, Jugendlichen und Frauen, um mit Schwarz-Blau wirklich aufzuräumen! Was die Gewerkschaften mit ihren Mobilisierungen gegen den 12h Tag/60h Woche angefangen und dann abgewürgt haben, muss jetzt umso intensiver fortgesetzt werden. Es ist falsch, jetzt auf Neuwahlen zu warten und irgendwie auf eine bessere Politik unter einer neuen Regierung unter SPÖ-Beteiligung zu hoffen, wie es Gewerkschafts-Funktionär*innen andeuten. Schließlich sind trotz Jahren SPÖ-geführter Regierungen auch noch die Verschlechterungen der Regierungen Schüssel in Kraft und viele weitere dazugekommen.
Die Gewerkschaften haben mit ihrer Blitz-Mobilisierung von weit über 100.000 zur großen Demo gegen das „Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz“ im Juni 2018 zwar gezeigt, welche Kraft sie haben, aber die Führung hat in den Tagen und Wochen danach auch gezeigt, dass sie nicht gewillt ist, diesen Kampf zu Ende zu führen und zu politischen Streiks zu greifen. Wenn wir also wollen, dass die Gewerkschaften hier ihre Pflicht erfüllen und unsere Interessen als Arbeiter*innen wirklich durchsetzen, müssen wir massiven Druck in den Gewerkschaften aufbauen:
-Betriebsrät*innen und Basisinitiativen wie sie sich zB im Sozialbereich gebildet haben, sind die Antwort auf die Handlungsunfähigkeit des ÖGB! Beginnen wir mit den Mobilisierungen auf der Straße und im Betrieb und treiben die Gewerkschafts-Führung vor uns her!
-Um die Kolleg*innen zu mobilisieren, reicht es nicht, nur darum zu kämpfen, zum Zustand vor Schwarz-Blau zurückzukehren. Wir brauchen ein Offensiv-Programm! Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich auf 30h/Woche! Erhöhung der Mindestsicherung, der Mindestpension und Einführung eines Mindestlohns! Weg mit dem Repressionsregime beim AMS! Öffentliche Wohnbauoffensive! Massives öffentliches Investitionsprogramm in Bildung, Gesundheit, Umwelt und Arbeistplätze, finanziert durch die Gewinne der großen Konzerne und das Vermögen der Superreichen!... sind Beispiele für Forderungen, die eine gewerkschaftliche Massenbewegung aufstellen und erkämpfen könnte!

-Ein gewerkschaftlicher, bundesweiter Aktionstag vor den Wahlen wäre ein erster Schritt, um diesen Kampf aufzunehmen und jeder neuen Regierung gleich die richtige Kampfansage zu machen!

Neuwahlen

Nach Straches Rücktritt skandierten die Demonstrant*innen vor dem Kanzleramt „Neuwahlen! Neuwahlen!“. Die haben wir jetzt, wohl schon im September. Was können wir davon erwarten? Ein weniger grausliger, weniger rechtspopulistischer Wahlkampf als zuletzt steht sicher nicht an. Im Gegenteil: Die FPÖ wird sich eher auf ihren offen rassistischen Bodensatz konzentrieren und die ÖVP wird versuchen, mit rechter Hetze gegen Geflüchtete und Migrant*innen offensiv um die Stimmen zu kämpfen, die die FPÖ durch „Ibiza“ verlieren wird. Alle anderen bürgerlichen Parteien werden dem wie gewohnt wenig entgegensetzen und sich entweder auf moralische Empörung beschränken oder dem Sog nach Rechts nachgeben. Das wird ÖVP und/oder FPÖ sicher nicht zu Fall bringen.

Die bisherige Opposition, mit der SPÖ als stärkster Kraft, wird weiter die schwache Rolle spielen, die sie auch bisher gespielt hat, das zeigen die Reaktionen von Rendi-Wagner und Schieder sehr deutlich. Eine offene Herausforderung an die Politik von Schwarz-Blau wird es nicht geben: Auf eine SPÖ-Forderung wie „Rücknahme aller Verschlechterungen“ werden wir lange warten können. Denn die Regierung Kurz hat im Interesse der Reichen gehandelt, die die SPÖ letztlich auch vertritt. Den Mut, sich mit denen anzulegen, hat sie schon sehr, sehr lange nicht mehr. Sogar eine Zustimmung der SPÖ zu Gesetzen der Rumpf-Regierung Kurz/Technokraten-Regierung in der Zeit bis zu den Neuwahlen ist nicht auszuschließen. So würde sie auch Signale für eine Neuauflage der „großen Koalition“ senden, die real die einzige Machtoption für die SPÖ sein wird. Entsprechend zahnlos wird der SPÖ-Wahlkampf werden. Viele, die auf Veränderung hoffen, werden sie getreu der „kleinere Übel Logik“ trotzdem wählen. Die letzten 30 Jahre Aufstieg der FPÖ und des Rechtspopulismus haben deutlich gezeigt, dass das nicht funktioniert.

Die Grünen wurden von den Neuwahlen überrascht und werden es schwer haben neben ÖVP, FPÖ und SPÖ überhaupt vorzukommen. In zig Koaltionen haben sie aber schon deutlich gemacht, dass zwischen ihnen und den anderen Parteien, wenn es darauf ankommt, kein Unterschied zu finden ist wenn es darum geht, Konzerninteressen durchzusetzen.
Das Thema Korruption werden natürlich alle Parteien aufgreifen müssen. Möglich, dass das der derzeit in Umfragen schwachen Partei „Jetzt!“ (bis vor Kurzem „Liste Pilz“) helfen wird, schließlich hat ihr Gründer hier einen gewissen Namen. Sein Macho-Stellvertreter-Anspruch und sein Verhalten rund um #MeToo machen Pilz&Co für Linke aber unwählbar. Mit antimuslimischen Äußerungen hat er zudem gezeigt, dass er dem Druck von Rechts gerne nachgibt.
Die Neos haben sich hingegen klar einem bestimmten Klientel verschrieben, das sie auch gut bedienen: Viele Kapitalist*innen sehen in den Neos eine würdige Vertretung ihrer Interessen. Schon mit ihrer Zustimmung zum 12h Tag/60h Woche haben sie signalisiert, dass sie für die Politik von Kurz zu haben sind. Auch stellen sie sich gegen einen Misstrauensantrag gegen den Kanzler. Sie könnten sich im Wahlkampf als zuverlässigere Alternative zur FPÖ als Koalitionspartner für die ÖVP darstellen und damit auch bei allen punkten, die ein „weiter so“ wollen.

Und die Linken?

Klar ist: Oben genannte Parteien bieten den Vielen, die im Widerstand gegen Schwarz-Blau aktiv geworden sind oder schlicht deren Opfer geworden sind, nichts. Jede denkbare Regierung, die da kommen mag, wird das Rad nur weiter drehen, schneller oder langsamer.
Bei aller berechtigten (Schaden-) Freude über die Ibiza-Affäre: Uns muss klar sein, dass sie so kein Erfolg der Linken ist. Sie zeigt, wie instabil die Regierung in Wirklichkeit war, wie die SLP von Anfang an nicht müde wurde zu betonen (zB hier: https://bit.ly/2HvdZLd) und dass entschlossener Widerstand sie hätte stürzen können (zB so: https://www.slp.at/artikel/unser-6-punkte-plan-zum-sturz-der-regierung-8668), aber zerbrochen ist sie an inneren Widersprüchen, nicht durch Druck von unten. Die Instabilität der Regierung war bereits in beiden Parteien angelegt: Die ÖVP hat eine Art inneren „Putsch“ hinter sich und muss noch an der Regierung den Kampf zwischen zentralisierterer Bundespartei und entthronten Landeskaisern ausfechten. Dem neuen strammen Kurs im Sinne wesentlicher Teile des Kapitals standen bequeme und für viele auch einträgliche Positionen der alten Institutionen der Sozialpartnerschaft entgegen.
In der FPÖ dagegen hatte der Obmann immer schon die schwierige Aufgabe, zwischen altem, ideologisch stramm altrechten Burschenschafterflügel, karrieregeilem Opportunismus und populistischer Sozialrethorik zu balancieren. So ein Tanz auf dem Vulkan funktioniert nur solange die Regierung „erfolgreich“ ist und der Ibiza-Skandal hat das besiegelt.
Das ist wichtig, um die Ausgangslage für Linke richtig einzuordnen. Ein erfolgreicher Widerstand der Arbeiter*innenklasse gegen die Regierung Kurz, getragen aus den Betrieben und den Gewerkschaften, wäre eine Glanzvorlage, um jetzt den Grundstein für eine neue Arbeiter*innenpartei zu legen. Eine solche kann nur aus der Erfahrung des gemeinsamen Kampfes als Klasse gegen die Reichen und ihre Parteien entstehen. Denn eine Arbeiter*innenpartei zeichnet sich durch eine Verankerung in der Klasse aus, die am besten durch solche Kämpfe gewonnen werden kann. Das macht sie zwar nicht zu einer revolutionären Partei, aber es beschränkt sie nicht auf das Mittel Wahlen, um ihre Politik durchzusetzen. Das unterscheidet sie so grundlegend von einer „Linkspartei“, wie „Die Linke“ in Deutschland oder, noch viel deutlicher, „Syriza“ in Griechenland, die ohne Vertrauen in die Mobilisierung und Organisierung der Arbeiter*innenbewegung in den engen Grenzen dieses Systems gefangen bleiben muss. Diese zu sprengen und eine klare, sozialistische Alternative anzubieten ist angesichts der Dauerkrise des Kapitalismus, ansonsten unlösbarer Probleme wie Klimawandel, Kriegshetze, Flüchtlingskatastrophen...aber der einzig mögliche Ausweg!

Linke Wahlkampagnen können klassenkämpferisch und sogar revolutionär gestaltet werden und neue Aktivist*innen für linke Politik gewinnen, aber sie können keine Klassenkämpfe ersetzen. Die Zunahme an Streiks in Österreich in den letzten Jahren hat die Bedingungen zur Entstehung einer neuen Arbeiter*innenpartei verbessert, aber trotzdem ist eine solche nicht in Sicht und sie wird auch höchstwahrscheinlich nicht auf Basis der aktuellen Krise entstehen.

Also was können Linke bei dieser Wahl gewinnen?

Nach 1,5 Jahren Schwarz-Blau ist der Wunsch nach etwas Neuem noch größer geworden. Die Wut über die scheinbare Machtlosigkeit angesichts der rechten Offensiven hat sicher bei vielen geradezu eine Sehnsucht nach einer linken Alternative geweckt.
Die Ausgangslage für linke Kandidaturen ist trotzdem nicht wesentlich besser als zuletzt und die Chancen auf Mandate im Nationalrat für reformistische Parteien wie KPÖ Plus&Ähnliches sind praktisch ausgeschlossen, weil die Logik des „kleineren Übels“ immer noch über allem steht und an Parteien mit dem unglaubwürdigen Versprechen „wir machen das für Euch“ kein Bedarf besteht. Ohne eine wesentlich breitere soziale Bewegung als wir sie bisher gegen Schwarz-Blau gesehen haben, lässt sich nicht genug Unterstützung für ein Mandat mobilisieren. Dazu kommt: Ein breiterer, wenn auch kleiner Zusammenschluss wie „Aufbruch“ mit realen, aktivistischen Strukturen, der vor der letzten Wahl noch Optionen für eine Kandidatur diskutiert hat, existiert nicht.
Wir als SLP sind damals dafür eingetreten, dass Aufbruch zu einer Konferenz aufruft, auf der Aktivist*innen verschiedener Initiativen über die Kandidatur diskutieren. Hier wäre sicher keine Neue Arbeiter*innenpartei entstanden, die die österreichische Arbeiter*innenbewegung so dringend braucht, aber hier hätten in einem kämpferischen Wahlkampf Strukturen entstehen können, die den Widerstand gegen Schwarz-Blau wesentlich offensiver, organisierter und stärker hätten machen können. Es hat nicht viel gefehlt um die Stimmung, die auf der Massendemo des ÖGB im Juni 2018 geherrscht hat, in einen Streik münden zu lassen. Hätte es ein organisiertes Angebot gegeben, um Druck im ÖGB aufzubauen, wäre das vielleicht möglich gewesen.
Statt dem Aufbruch gibt es dafür eine ganze Reihe spannender Kämpfe mit motivierten Aktivist*innen wie eben aus dem Sozialbereich („Sozial Aber Nicht Blöd“, „Soziale Arbeit ist Politisch“, „Resilienz“, „Raum für Alle“, „Sommerpaket“...), Jugendlichen (Fridays for Future), den Wiener Spitälern („Gleicher Lohn für Gleiche Arbeit“), dem antirassistischen Bereich (zahlreiche Anti-Abschiebe-Initiativen oder auch noch Strukturen aus der Bewegung von 2015) oder die standhaften Donnerstags-Demonstrant*innen, die schon über 30mal auf der Straße waren.

Das also ist die Ausgangslage. Wir schlagen folgende Punkte zum Thema Neuwahlen vor:
1. Nutzen wir die erhöhte Aufmerksamkeit für Politik, um genannte Initiativen und Bewegungen zu stärken: Diskutieren wir unsere Möglichkeiten auf einer gemeinsamen Konferenz noch im Juni
2. Im Zentrum einer Kampagne zur Wahl sollte die Mobilisierung für eine starke Demonstration oder Ähnliches vor der Wahl stehen. So tragen wir unsere Themen in den Wahlkampf und bauen Strukturen, die den Widerstand dauerhaft stärken!
3. Stellen wir gemeinsame Offensiv-Forderungen auf, mit denen wir auch neue Schichten für den Widerstand mobilisieren können, die von den Angriffen von Schwarz-Blau betroffen sind.
4. Bauen wir rund um diese Forderungen auch Druck in den Gewerkschaften auf, um diese viel stärker in den Kampf gegen diese Politik für Reiche einzubeziehen. Die Kraft der organisierten Arbeiter*innenbewegung wird nötig sein, um zu gewinnen!
5. Diskutieren wir auch über einen Antritt als „Liste der sozialen Kämpfe“ (kein Namensvorschlag). So würden wir den Widerstand wählbar machen, ohne ihn auf den Stimmzettel zu beschränken und unsere Reichweite deutlich erhöhen. Es ist schwer, in einem so erwartbar heißen Wahlkampf vorzukommen ohne einen eigenen Antritt.
6. Eine Kampagne gegen die Parteien der Reichen braucht eine starke, antikapitalistische Ausrichtung. Es reicht angesichts von Klimakatastrophe, internationalem Rechtsruck und Kriegsgefahr aber nicht mehr, den Kapitalismus nur anzuprangern, es ist dringend notwendig, eine Alternative vorzuschlagen. Wir als SLP treten für einen klar erkennbar klassenkämpferischen und Sozialistischen Wahlkampf ein!

Wir als SLP werden uns in unserem Umfeld umhören, was genannte Initiativen im Wahlkampf planen und Leute auch konkret ansprechen. Diese 6 Punkte sind unser Vorschlag dafür. Melde Dich bei uns, wenn Dich das interessiert und Du Dich einbringen willst. Als SLP diskutieren wir aber auch für den Fall, dass sich keine solche Initiative ergibt, einen eigenen Antritt als SLP, um zu versuchen, im Wahlkampf für klassenkämpferische, revolutionäre Inhalte zu werben und neue Aktivist*innen um uns zu sammeln.

Die SLP-Bundesleitung im Mai 2019