Die etwas andere Wahlanalyse – zwischen den Zeilen lesen

Sonja Grusch

Ohrfeige für SPÖVP, Stärkung des rechten Lagers, schwächelnde Grüne und Neos als Sieger. So etwa sieht die Kurzform der gängigen Wahlanalyse aus. Die Erklärungen reichen von „wir konnten unsere Erfolge nicht gut vermitteln“, über „der/die KandidatIn war besonders gut/schlecht“ bis zu „das Wahlvolk ist dumm“. Alles wenig hilfreich und Lichtjahre entfernt von der Wahrheit.

Eindeutige Ergebnisse der Wahlen sind: 1) Die vier Hauptparteien nähern sich immer mehr an und interessieren immer weniger. 2) Etwas Neues wird dringend gewünscht. Wie das aussehen soll, ist dann schon weniger eindeutig. Die Neos sind wie schon das LiF wirtschaftsliberal und lehnen Gewerkschaften und Sozialstaat ab. So die Fakten. Die Wahrnehmung ist anders: modern, liberal bei gesellschaftspolitischen Themen und für die Schwachen in der Gesellschaft. Ähnlich falsch wie die Piraten werden die Neos als „fortschrittlich“ gesehen. Die Wenigsten haben sie wohl wegen ihrer brutalen Sparvorhaben, ihrer Milliardärsspender oder ihrer monarchistischen Regional-KandidatInnen gewählt.

Die Stimmen für die verschiedenen linken Listen (KPÖ, SLP und auch Wandel) drücken v.a. den Wunsch nach einer sozialen Alternative aus. Piraten und Neos stehen ebenfalls für Neues, Anderes. In – sehr verquerer aber doch – Form spiegeln auch viele der Stimmen für FPÖ und Stronach diesen Wunsch wider. Den Wunsch, dass sich die Politik endlich nicht mehr an den Interessen der Wirtschaft, sondern der Menschen orientiert. Dass es rechten PopulistInnen und Pseudo-Rebellen immer wieder gelingen kann, diesen Wunsch für ihre Stimmen und Zwecke zu missbrauchen, ändert nichts am Wunsch an sich. Die Enttäuschungen werden rasch kommen und neue Projekte bringen.

Doch solange dies keine klar linken, kämpferischen und den Kapitalismus in Frage stellenden Projekte sind, wird die Rechte sich weiter profilieren können.

 

 

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