Der Widerstand lebt!

Betriebsräte und Beschäftigte im Sozialbereich in der Offensive.
Michael Gehmacher

Am 1.7. fand ein Aktionstag des Wiener Sozialbereiches - mit öffentlicher Betriebsversammlung (!) - vor dem Wiener Rathaus statt.
Ebenfalls am 1.7. nahm in Wien der Fond Soziales Wien (FSW) seine Tätigkeit auf. Das bedeutet eine Ausgliederung weiter Teile der öffentlichen Sozialverwaltung, der Altenpflege, des Behindertenwesens und der Wohnungslosenhilfe (siehe Vorwärts Nr. 136). Die Gemeinde Wien gibt die politische Verantwortung damit weitgehend an eine privatrechtlich organisierte “Firma” ab.
Auch wenn diese (noch) im Besitz der Gemeinde Wien bleibt: Ab 1.7. ist diese Struktur - ohne jede Möglichkeit der demokratischen Kontrolle - für einen Bereich mit 15.000 Beschäftigten, 60.000 LeistungsbezieherInnen und einem Budget von 700 Millionen Euro zuständig! Der wahre Hintergrund für die Maßnahme wird von der SPÖ ohne Scham zugegeben: Laut Rathausangaben soll diese “Strukturreform - Soziale Sicherheit in Wien” jährlich 20 Millionen Euro Einsparungen bringen. Gleichzeitig steigt durch Sozialabbau und Arbeitslosigkeit aber der Bedarf nach kommunalen Sozialleistungen. Klar ist daher: Wenn es keinen starken Widerstand von den Belegschaften der betroffen Firmen gibt, wird es zu massiven Verschlechterungen für Beschäftigte und sozial Bedürftige kommen!
Gewerkschaftssekretäre gegen Beschäftigte und Betroffene?
Anfang des Jahres gründete sich die “Plattform Soziales in Wien”, mit einigen Betriebsräten, dem Berufsverband der BehindertenbetreuerInnen und den zuständigen Gewerkschaften. Mit der Zeit gelang es vor allem der GPA-Spitze und der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG) die politische Kontrolle über die ursprünglich unabhängige Initiative zu bekommen. Dies ist deshalb brisant, weil der Wiener Landessekretär der GPA – Norbert Scheed - und der GdG-Landessekretär - Rudolf Hundsdorfer - als SPÖ-Gemeinderäte der Ausgliederung des Sozialbereichs zustimmten! Eine Aktivität der Plattform war bisher eine Podiumsdiskussion mit dem FSW- Chef Peter Hacker, der diese geschickt zu einer FSW-Werbeveranstaltung umfunktionierte. Bei einem Treffen in der GPA wurde daher beschlossen, am ersten Juli eine öffentliche Aktion zu machen. Der Vorschlag zu Aktionen am 1.7. wurde von VertreterInnen der “Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften” eingebracht und mit dem spürbaren Widerwillen der GPA- Sekretäre beschlossen. Schon beim Treffen in der GPA bildete sich daher eine Gruppe von Beschäftigten und BetriebsrätInnen heraus, um die Aktion vorzubereiten. Im Laufe des Junis nahm die Unterstützung der Gewerkschaften laufend ab. Zuerst kein Geld, dann keine Infrastruktur, zum Schluss blieb auch die politische Unterstützung aus. Gleichzeitig wurden die Pläne der OrganisatorInnen immer ehrgeiziger. Zum Schluss stand der Aktionstag von 9 Uhr früh bis 17 Uhr Nachmittags auf festen Beinen. Ab 9 Uhr “Aktionsfrühstück”, ab 12 Uhr Kundgebung, und ab 14 Uhr eine öffentliche Betriebsversammlung, das alles auf der Wiese vor dem Rathaus, während drinnen der Gemeinderat tagte. Zu der Betriebsversammlung hatten die Betriebsräte von Jugend am Werk, ÖVSE, LOK, Auftakt, Balance, Lebenshilfe und ÖHTB aufgerufen, sie vertreten rund 2000 KollegInnen. Neben Musik und Buffet kamen BetriebsrätInnen, Beschäftigte, betroffene Eltern zu Wort.

Breite Solidarität

Wichtig war die gelebte Solidarität jener Initiativen, Parteien, Berufsorganisationen und BetriebsrätInnen die sich mit dem Sozialbereich solidarisierten. Dazu gehören: der Berufsverband der BehindertenberteuerInnen, Attac Österreich, die Grünen und die SLP. Außerdem die KollegInnen von Veloce, der MA11, Robert Hobek vom Postamt Liesing und Robert Wurm vom Postbus (er bot an die nächste Mobilisierung des Sozialbereichs mit Postbussen zu unterstützen).
Das Auftreten von streikerfahrenen KollegInnen war ein wichtiges Signal. Es ging nicht zuletzt darum, den Verantwortlichen in der Gemeinde Wien klar zu machen, das viele KollegInnen im Sozialbereich von diesen Kämpfen lernen.
Gerade der Beitrag der Veloce-KollegInnen war hier ein wichtiges Symbol. Bei einem kurzen Treffen einiger OrganisatorInnen der Aktion, schätzten wir den 1.7. als Erfolg und wichtiges Signal ein. Weitere Aktionen im Herbst sind daher durchaus möglich.

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