Der Aufbruch vor dem Herbst

Seit der Aufbruch-Gründungskonferenz sind inzwischen drei Monate vergangen. Drei Monate, die die über 30 lokalen Gruppen genutzt haben um ihre Rolle in Aufbruch zu finden und auch eine Reihe erster Aktionen zu organisieren und durchzuziehen. Die Gruppen sind dabei noch auf sehr unterschiedlichem Stand: Wo Einige sich erst ein paar Mal getroffen haben, sind andere schon fast jede Woche irgendwo auf der Straße zum Flyer verteilen. Die Aufbruch Aktionstage vom 27.-29.10. sollen uns jetzt helfen, alle Gruppen auf die Straße zu bekommen und unsere „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“- Kampagne richtig zu starten. Angesichts der angekündigten Kürzungen in Oberösterreich und Wien, angesichts des „Notstands“ und einer immer weiter erstarkenden FPÖ, angesichts von Drohungen gegen Erwerbslose durch die Regierung, angesichts von säbelrasselnden KapitalistInnen vor den Kollektivvertragsverhandlungen ist es allerhöchste Zeit für Aufbruch, sich als neue linke Kraft in Position zu bringen. Wir müssen jetzt in die Offensive, bevor wieder nur die FPÖ von all der berechtigten Wut profitiert!

Was steht an für Aufbruch?

Die Mobilisierung für die Aktionstage müssen unser Anlass sein, in ganz Österreich regelmäßige Aktivitäten von Aufbruch zu verankern. Gerade in dieser Anfangsphase müssen wir mit Infotischen, Mini-Kundgebungen, Flyeraktionen und allem, was die Kreativität hergibt, möglichst breite Präsenz zeigen. So können wir den ArbeiterInnen, Jugendlichen, Erwerbslosen, PensionistInnen und allen, die von Jahren von Kürzungen, Lohnverlusten und Belastungspolitik betroffen sind, Aufbruch als Plattform für Widerstand anbieten. Ja, wir brauchen auch die Debatten um Programm und Strukturen, aber lasst sie uns von Anfang an so führen, dass neue AktivistInnen, die wir über mehr Aktivität auf der Straße gewinnen können, daran Teil haben! Die Debatten dürfen uns nicht lähmen, sondern wir sollten unsere Argumente und Positionen am Besten noch während wir sie entwickeln auf der Straße ausprobieren. Reine Diskussionsgruppen werden schnell langweilig und könnten selbst die motiviertesten AktivistInnen frustrieren.

Die Aktionstage sind im besten Falle der Paukenschlag, mit dem wir uns in der Öffentlichkeit ankündigen. Egal was die einzelnen Gruppen planen: Je öffentlicher ein Ort desto besser. Gehen wir dahin, wo die Reichen sind und stören ihre Ruhe. Banken, Konzernzentralen, Industriellenvereinigung oder WKO: Unsere Kampagne ist eine Kampfansage an die Reichsten in diesem Land. Aber damit unsere Kampfansage nicht folgenlos bleibt, müssen wir auch zu den Orten der Armut und der Kürzungspolitik: AMS-Filialen, Spitäler, Sozial- und Gemeindebauten... mit unseren Aktionen können wir den Widerspruch zwischen der riesigen Mehrheit der Bevölkerung und der sie beherrschenden „Elite“ aufzeigen. Wo es uns gelingt, auch Betriebe einzubinden, ist das besonders wertvoll: Am Besten wir mobilisieren auch vor Sozialeinrichtungen, vor von Jobabbau bedrohten Fabriken usw.. Gut möglich, dass sich im Rahmen der KV-Verhandlungen Widerstand gegen die Interessen der KapitalistInnen regt. Dann sollten wir auch unseren Schwerpunkt auf diese Bereiche legen.

Wohin wollen wir?

So machen wir Fortschritte in Richtung „Kampagnenfähigkeit“ von Aufbruch. Gemeint ist ein Aufbruch, der in der Lage ist schnell und organisiert auf aktuelle politische Entwicklungen zu reagieren. Besonders geht es darum, mit unserer Kampagne Teil von sozialen Bewegungen zu sein, wo diese aufkommen. Wenn sich z.B. in Oberösterreich Widerstand gegen die Kürzung der Mindestsicherung regt, ist der Platz von Aufbruch mitten in der Bewegung. Unsere Aufgabe ist es, spontanen Widerstand in organisierte, langfristig kampffähige Strukturen zu übersetzen. Aufbruch darf sich nicht darauf beschränken, soziale Bewegungen zu unterstützen, sondern sollte versuchen, über antikapitalistische Forderungen Bewegungen mitzugestalten und ihnen Perspektive zu geben. So kann Aufbruch ein Sammelbecken für alle werden, die schon so lange auf echten Widerstand warten. So kann Aufbruch das Gegengewicht gegen die Parteien der Reichen werden, das es so dringend braucht.

Eine Kampagne braucht immer eine Perspektive. Nach den Aktionstagen ist also vor dem nächsten Mobilisierungs-Höhepunkt. Die SLP schlägt vor, nach den lokalen Aktionen in möglichst vielen Städten und Orten eine große, gemeinsame und bundesweite Aktion von Aufbruch anzusetzen. Eine große Demonstration vielleicht noch 2016 oder sonst im Frühjahr 2017 rund um eine konkrete, offensive Forderung wäre ein Vorschlag dafür. Egal ob Mindestlohn, ein Fixbetrag an öffentlichen Investitionen für Wohnungsbau oder Gesundheitsbereich...je konkreter, desto besser, um eine öffentliche Debatte über die Frage in Gang zu bekommen, wo das Geld, das wir erarbeiten, steckt und Aufbruch darin gut zu positionieren.

Gut organisiert nach draußen gehen!

Noch sind die sehr frischen Strukturen von Aufbruch dabei, ihren Rhythmus zu finden. Natürlich klappt noch nicht alles so gut wie es sollte. Mit jedem Treffen der lokalen Gruppen und jedem Planungstreffen (das wichtigste Beschlussgremium von Aufbruch abseits der Konferenz) kann das besser werden. Im Zentrum der Aufbruch-Strukturen stehen die lokalen Gruppen. Alle, die sich in Aufbruch organisieren, sollten zunächst versuchen, an den Treffen der lokalen Gruppen teilzunehmen. Sie sind der Ort wo Aktionen geplant und umgesetzt werden und folglich bilden sie auch das Rückgrat der Demokratie in Aufbruch. Alle anderen Strukturen von Aufbruch, also die Koordination und die Organisierungs- bzw. Themengruppen haben unserer Meinung nach die Aufgabe, den lokalen Gruppen die Arbeit so leicht wie möglich zu machen. Es ist gut, wenn sich auch inhaltliche Gruppen finden und noch besser, wenn sich Beschäftigte aus ähnlichen Bereichen über Aufbruch in Gruppen vernetzen. Aber die Kampagnenfähigkeit von Aufbruch hängt daran, dass sich AktivistInnen auf regelmäßiger Basis treffen um Aktionen zu planen, politisch zu diskutieren und das Ganze als Angebot an neue AktivistInnen in die Welt hinaus tragen.

Für einen reibungsloseren Ablauf wählen wir ja auch die Koordination. Es ist wichtig, dass Planungstreffen und Konferenz der Koordination auf die Finger schauen und im Zweifel auch überstimmen können, aber eine gewählte Koordination braucht auch die Möglichkeit, klare Entscheidungen zu treffen. Den Rahmen für die Entscheidungen geben Planungstreffen und Konferenz vor, aber für schnelle Reaktionen braucht es eben eine kleinere, öfter tagende Struktur. Es braucht klare Arbeitsaufträge an die verschiedenen inhaltlichen Gruppen, damit die dem Aufbruch bestmöglich nutzen können. Es braucht zentrale Termine, für die wir landes- oder bundesweit mobilisieren können und eine zentrale Öffentlichkeitsarbeit, die auf die Koordination zurück kommt. So eine Struktur ist der beste Kompromiss zwischen möglichst breiter Debatte und Reaktionsgeschwindigkeit.

Demokratisch und öffentlich diskutieren!

In Aufbruch schwelen einige Debatten vor sich hin. Bei vielen Treffen tauchen immer wieder Fragen z.B. über eine Aufbruch-Mitgliedschaft, die Beteiligung an Wahlen oder auch Programmatisches wie die Frage, ob wir uns für einen Mindestlohn oder ein „Bedingungsloses Grundeinkommen" einsetzen wollen oder was für ein Programm zur Wohnungsfrage wir aufstellen wollen auf. Auch ist noch unklar, ob wir uns auf Systemkritik beschränken oder eine konkrete, sozialistische Alternative zum Kapitalismus aufstellen. Es gibt eine Tendenz, diese Fragen zu vertagen auf eine Zeit, in der Aufbruch gefestigter dasteht. Dahinter steht auch die Sorge, über eine Klärung dieser teilweise sehr kontroversen Themen Leute zu verlieren. Tatsächlich kann das passieren. Aber um neue Leute zu gewinnen brauchen wir eine Klärung dieser Fragen. Wie sollen wir Leute ohne Programm für den Aufbruch gewinnen? Wie antworten auf die immer wieder gestellte Frage, ob wir wählbar sind? Es kommt darauf an diese Diskussionen nicht (nur) im informellen Rahmen hier und da zu diskutieren sondern die Diskussion in organisierter Form zu führen, sodass alle Meinungen gut vorkommen. Es hilft z.B., eine Diskussion so anzugehen, dass von Anfang an ein Datum feststeht, an dem die Debatte mit einer Abstimmung entschieden wird. Die Zeit bis dahin können wir nutzen, um mit kurzen Pro&Contra Einleitungen versehene Debatten in den lokalen Gruppen zu führen, die verschiedenen Positionen zu verschriftlichen und im Forum, Emailverteilern etc. allen zugänglich zu machen usw.. Es ist die Aufgabe der Koordination, diese Diskussionen im ganzen Aufbruch zu moderieren.

Eine der umstrittensten Debatten in Aufbruch ist die um einen möglichen Antritt bei Wahlen. Es schaut so aus als würde hier endliche eine organisierte Debatte stattfinden, gut so! Aber es kann uns bei dieser wie auch bei anderen Debatten passieren, dass uns die allgemeine Situation davonrennt: Es ist durchaus möglich, dass es z.B. noch im Frühjahr vorgezogene Nationalratswahlen gibt.

Die SLP ist der Meinung, dass Aufbruch es sich nicht leisten kann, nicht zu Wahlen anzutreten.

Im Augenblick und auch schon seit einigen Jahren fehlen die großen sozialen Bewegungen. Wo es Widerstand auf der Straße gibt (wie z.B. zuletzt in Frankreich) ist es auch leichter, Leute für diesen Widerstand zu mobilisieren. Wo es diesen massenhaften Widerstand nicht gibt, verlagert sich der Wunsch nach Protest oft auf die Wahlebene. Hauptprofiteur davon ist derzeit die FPÖ. Aufbruch hat die Chance über Wahlen die Leute bei ihrem Wunsch nach Widerstand abzuholen. Natürlich darf Aufbruch sich dann nicht darauf beschränken Opposition bei Wahlen zu spielen, sondern muss den Anspruch deutlich machen, Protest auf der Straßen, in den Betrieben und dem Parlament miteinander zu verbinden. Also eben nicht „nach den Regeln“ spielen, sondern schon im Wahlkampf den Unterschied zwischen Aufbruch und den Parteien der Reichen deutlich machen. Wahlkampf für linke Formationen bedeutet also, Proteste organisieren und die anderen Parteien offensiv als gekauft und verantwortlich für den Ist-Zustand zu entlarven. Die Präsenz auf den Straßen in der Zeit sollten wir nutzen, um den Aufbruch bekannter und größer zu machen. Wenn wir dann den Einzug in die Parlamente verpassen ist das nicht der Untergang, sondern wenn wir den Wahlkampf als Einladung an frische AktivistInnen gestalten, gehen wir gestärkt daraus hervor. Wahlkampfzeiten sind Zeiten besonderer politischer Aufmerksamkeit in allen Schichten der Bevölkerung, die wir nutzen sollten!

Im besten Falle haben wir die Zeit, einen Wahlantritt ausführlich zu diskutieren. Aber wenn wir diesen Luxus nicht haben, können wir aktuelle Entwicklungen nicht ignorieren, sondern müssen die Diskussion binnen Wochen zu Ende bringen und einen Beschluss fassen.

Aufbruch hat die Chance und auch die Verantwortung, die politischen Verhältnisse in Österreich aufzuwirbeln. Das Elend der Logik des „kleineren Übels“ bei Wahlen, vor dem viele Linke immer wieder stehen, kann beendet werden, wenn der Aufbruch sich als Plattform für Widerstand verankern kann. Dafür gibt es kein Ablaufdatum, aber angesichts der aktuellen Lage und der Perspektive von mehr Kürzungen, mehr Angriffen auf Löhne und Erwerbslose, mehr Rassismus (nicht nur von der FPÖ), haben wir auch keine Zeit für Ruhe. Jeder Tag ohne öffentlich sichtbare, linke Alternative für Widerstand, der ins Land fließt schwächt unsere Chancen so eine aufzubauen.

Also: Für einen kämpferischen, aktivistischen und demokratischen Aufbruch!

Hier gehts zum Bericht über das 2. Planungstreffen: https://www.slp.at/artikel/2-planungstreffen-von-aufbruch-7822