Bronstein ermittelt wieder

Zwei Fragen an Andreas Pittler, dessen neuer Krimi „Charascho“ im Jänner 2014 erscheint.

Kommissar Bronstein sympathisiert 1918 mit der Revolution. Durch die folgenden Niederlagen wird er zynisch.

Mein "Bronstein" ist ein Polizist. Dass er mit Kommunisten verkehrt, sich sogar in eine verliebt, lässt ihn kurzfristig radikal werden. Doch im Prinzip ist er eine kleinbürgerliche Beamtenseele, die erst mühsam lernen muss, dass die Dinge nicht so sind, wie sie von den Herrschenden behauptet werden.

In „Charascho“ glaubt Bronstein 1945, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Als er erkennt, dass sie schon wieder an den Schaltstellen der neuen Republik auftauchen, kommt er zu dem Schluss, dass es auch für einen Beamten eine wichtigere Richtschnur zum Handeln gibt als die der behördlichen Weisung.

Wo würde sich Bronstein heute positionieren?

Er wäre eine aufgeklärte laizistische Frau mit türkischem Background, die genauso herablassend von ihrer Kollegenschaft behandelt wird wie Bronstein in der 1. Republik. Und sie wäre wahrscheinlich anfänglich durchaus idealistisch im Sinne bürgerlicher Liberalität und stieße – wie Bronstein 80 Jahre vor ihr – rasch an die Grenzen unserer "bürgerlichen Behaglichkeit".

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