Bildungswesen am (aus)brennen

Lena G., Lehrerin

Die Zustände im Pflichtschulbereich sind verheerend. Mehrstufenklassen werden zerstört, Sonderpädagog*innen abgezogen und als Volksschullehrer*innen zwangsversetzt. Der Lehrkräftemangel muss aussuppliert werden, so dass viele Kolleg*innen weit über ihre Lehrverpflichtung unterrichten müssen. Hinzukommen viele nicht-pädagogische Arbeiten, die ebenso gut von einer Bürokraft übernommen werden könnten. (Jung)Lehrer*innen werden, angeblich aufgrund eines Administrationsengpasses, monatelang nicht bezahlt. Diese Zustände schaden, abgesehen von Lehrenden, der Entwicklung und Gesundheit der Schüler*innen.

In den Herbstferien entlud sich die Wut und Verzweiflung in einer Facebookgruppe für Lehrkräfte. Aus dieser Wut und mit der Initiative von wenigen Personen entwickelte sich politische Schlagkraft. So formte sich in Wien die Plattform “Schule brennt”. Seit den Herbstferien finden fast wöchentlich Treffen statt. Das klare Ziel aller: Ein Bildungsstreik. Zunächst nahmen noch Personalvertretungen an den Treffen teil - eigentlich ein gutes Zeichen. Doch bald wiederholten sie die Argumente der konservativen Gewerkschaftsführung von der "Illegalität" und “fehlender Streikbereitschaft” der Lehrenden. Das bestätigte die Erfahrung aller Anwesenden, dass auf die bestehenden Strukturen kein Verlass ist.

Neben “Erste Hilfe”-Maßnahmen werden bei “Schule brennt” auch systematische Fragen und Forderungen aufgeworfen und diskutiert. Zustimmung findet, dass innerhalb des kapitalistischen Systems kaum eine systematische Veränderung erzielt werden kann.

Vor circa einem Jahr entwickelte sich auch in Wien die Eltern-Initiative “Bessere Schule Jetzt”. Schon kurze Zeit nach Gründung von “Schule brennt” begannen die Grenzen zu “Bessere Schule Jetzt” zu verschwimmen. Ebenfalls komplett unabhängig entstand “Unterbau”- eine Initiative von prekären Uniangestellten. Es herrscht instinktive Solidarität zwischen den Initiativen - denn allen ist klar, dass das gesamte Bildungswesen umgewälzt werden muss, um die dringend notwendigen Verbesserungen zu erreichen. Jetzt gilt es, durch gemeinsame Aktionen und einen gemeinsamen Bildungsstreik bundesweit in die Offensive zu gehen.

Bildung streikt

Der Ruf nach einem Streik im Bildungsbereich ist laut. Angriffe von Regierung und Bremsen der Gewerkschaftsführung sind absehbar und können nur mit umfassender Vorbereitung abgewehrt werden.

Ein großer Angriffspunkt ist die Bildungs- sowie Aufsichtspflicht. Beides wird nicht durch Streik, sondern im Normalzustand verunmöglicht. Hier ist Unterstützung und Einbeziehung der Erziehungsberechtigten wichtig, um die Schlagkraft zu erhöhen: Erziehungsberechtigte, die ihren Betreuungspflichten nachkommen, können nicht zur Arbeit, wodurch auch ein Bildungsstreik wirtschaftliche Schlagkraft erlangt. Gefahr: Die Medien werden die Wut gegen den Bildungsbereich richten. Deshalb sind eine informierte, einbezogene und unterstützende Elternschaft sowie gemeinsame, demokratische Streikkomitees unumgänglich. Es droht der Vorwurf der Instrumentalisierung von Minderjährigen (beim Klimastreik war das kein Problem, der tut aber auch der Wirtschaft nichts) - dies kann nur abgewehrt werden, wenn Schüler*innen gleichberechtigter Teil des Kampfes sind und ihre Forderungen einbringen - letztlich geht es ja um ihre Bildung.

Nächste Gefahr: Die Gewerkschaftsführung. Sie sieht ihre Aufgabe in der Vermittlung zwischen Regierenden und Beschäftigten. Ein Streik ohne ihre offizielle Unterstützung ist möglich, aber schwierig. Die Bewegung braucht die Gewerkschaft, darf sich aber auch nicht von ihr bremsen lassen. Deswegen muss schon im Vorfeld permanent Druck auf sie ausgeübt werden. Basisstrukturen und Streikkomitees sind auch ein Ansatz, um die Gewerkschaft als Vertretung und Kampforganisation zurückzugewinnen.

 

 

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