Bürokratische Angriffe auf Linke in der SJ-Wien!

Bereitet SJ-Führung einen Schwenk nach rechts vor?
Bundesleitung der SLP

Innerhalb der Jugendorganisation der SPÖ, der Sozialistischen Jugend (SJ), tobt derzeit ein politischer Kampf, zu dem auch die vielen SozialistInnen und Linken, die außerhalb der SPÖ organisiert sind, Stellung beziehen müssen. Konkret sind AktivistInnen der linken Strömung "Der Funke" mit bürokratischen Zwangsmaßnahmen konfrontiert. Vorgeworfen wird ihnen, die "SJ zu unterwandern". Die SLP drückt unmissverständlich ihre Solidarität mit den attackierten AktivistInnen aus. Unterwandert wurden SJ und SPÖ (und das nicht erst seit gestern) vielmehr von bürgerlichen und pro-kapitalistischen Kräften!

Die Strömung "Der Funke" ist das Ergebnis einer Abspaltung zu Beginn der 1990er von jener internationalen Tendenz ("Komitee für eine ArbeiterInnen-Internationale", KAI), der heute die SLP angehört. Die Sozialistische LinksPartei (SLP) ist ihrerseits im Jahr 2000 von Menschen gegründet worden, welche in den 1980er und frühen 1990er Jahren selbst in der Sozialistischen Jugend als unbequeme Opposition aktiv waren. Da die Geschichte der SLP (damals "Vorwärts", heute der Name der SLP-Zeitung) ebenfalls mit der SJ bzw. Ausschlüssen aus der SJ 1992 und 1993 zusammenhängt, sowie die derzeitige Entwicklung in der SPÖ keine/n SozialistIn kalt lassen kann, möchten wir unsere Sicht der Dinge darstellen.

Der wesentliche Hintergrund für diese Auseinandersetzung und bürokratische Kampagne gegen Linke in der SJ liegt in der neoliberalen Politik der SPÖ und ihrer Regierung. Diese ist wiederum ein Ausdruck für die immer zugespitztere Lage in der kapitalistischen Weltwirtschaft. Aus Sicht der Konzerne und Superreichen ist die Durchsetzung einer langen Liste von Sozialabbau-Maßnahmen nötig, um ihre Ausgangsposition im globalen Konkurrenzkampf zu verbessern. Die SPÖ hat bereits in den 1980er Jahren begonnen, die Verstaatlichte zu privatisieren und von unten nach oben umzuverteilen. Durch die weitere Rechtsentwicklung dieser Partei ist heute von der einstigen Sozialdemokratie als Bezugspunkt für die ArbeiterInnenbewegung kaum mehr etwas übrig.

War es zwischen 2000 und 2007 für die SPÖ (formell ja in "Opposition") nicht weiter schlimm, dass sich ihre wichtigste Jugendorganisation im Auftreten etwas nach links entwickelt hat, änderte sich dies schlagartig mit der Bildung einer neuen Großen Koalition und der damit verbundenen Fortsetzung der Schüssel-Politik durch die SPÖ. Dementsprechend geraten SozialistInnen und Linke in SJ und SPÖ nun schon dann in scharfen Konflikt mit der Führung, selbst wenn sie (im Gegensatz zum Vorwärts in den 1990er Jahren) darauf verzichten, ein konkretes und ausgearbeitetes sozialistisches Gegenmodell zum Kurs der Partei- aber auch SJ-Führung vorzulegen, um dafür in SJ, der SPÖ sowie der FSG aktiv um Mehrheiten zu kämpfen.

Die politischen Unterschiede zwischen der SLP und dem "Funke" sind teils schwerwiegend, und sie haben eine lange Geschichte. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle alles erschöpfend zu erklären. Die SLP sieht in den Vorgängen in der SJ ihre Einschätzung der "Sozialdemokratie" bestätigt. Wir verbinden dies mit einer solidarischen und offenen Kritik an der bisherigen Politik und Methode der Funke-Strömung.

Unsere Kritik umfasst im Wesentlichen zwei Punkte. Erstens nutzte der Funke die Position in der SJ bisher nicht, um konsequent ein über allgemeine Slogans hinausgehendes sozialistisches Programm vorzuschlagen. Vage Formulierungen für "sozialistische Politik" werden von vielen SPÖ-Mitgliedern oftmals nur mit vergangener Kreisky-Politik gleichgesetzt. Dies hat sich mit einer "Taktik" verbunden, offene Konflikte mit der Bürokratie zu vermeiden. Anstatt während der Schüssel-FPÖ-BZÖ-Ära die Frage nach einem wirklichen politischen Wechsel in der SJ aufzuwerfen, wurde diese als ohnehin links-stehend schöngeredet. Nun zeigt die SPÖ ihren Neoliberalismus in aller Offenheit und zwingt die SJ (wieder) auf Kurs. Zweitens hat der Funke es rigide abgelehnt, ein Bündnis mit jenen SozialistInnen und Linken zu schließen, die außerhalb der SPÖ arbeiten und kämpfen. Und davon gibt es immer mehr! Von diversen Mitgliedern der Funke-Strömung mussten sich schon so manche SLP-AktivistInnen an den Kopf werfen lassen, "gegen die Einheit von Linken" oder sogar "sektiererisch" zu sein. Gerade an dieser Stelle muss festgehalten werden, dass in Wirklichkeit die SJ-Führung "sektiererisch" vorgeht, da sie offensichtlich die SJ zugunsten des neoliberalen Kurses der SPÖ "säubern" will. Tatsächlich läuft es der Einheit und den besten Traditionen von SozialistInnen zuwider, wenn man die ArbeiterInnenbewegung nur auf die SPÖ bezieht und alles das ignoriert, was sich in den vielfältigen Bewegungen der letzten Jahre in Österreich außerhalb der SPÖ entwickelt hat.

Die GenossInnen des Funke rufen auf ihrer Homepage zur Verurteilung dieser bürokratischen Angriffe auf. Wir kommen dem selbstverständlich nach und bieten darüber hinaus an, in konkreter Zusammenarbeit gemeinsam gegen Eurofighter, Studiengebühren, Sozialabbau (= die neoliberale SPÖVP-Regierung) und Rechtsextremismus zu kämpfen, ungeachtet der Organisationszugehörigkeit. Die geplante "bedarfsorientierte Grundsicherung" mit ihren Angriffen auf Arbeitslose, die Verschlechterungen im Bereich der Pflege, die Festlegung, auf jeden Fall Abfangjäger zu kaufen (Eurofighter oder andere) und die Existenz des Nazi-Stüber-Heims in Wien 16 sind dafür Ansatzpunkte.

Doch es ist schon verwunderlich, wie die Funke-Strömung mit zweierlei Maß misst, wenn andere linke AktivistInnen von ähnlichen Angriffen betroffen sind. In Italien verfügt die Schwestergruppe des "Funke" über eine gewisse Position in Teilen der Partei "Rifondazione Communista". Im Frühjahr kam es hier zu einer schweren Krise, als ein linker PRC-Senator, Franco Turigliatto, gegen die imperialistische Politik in Afghanistan aufgetreten ist und damit auch die Beteiligung der PRC an der kapitalistischen Prodi-Regierung zu Recht in Frage stellte. Die rechte und bürokratische PRC-Führung attackierte daraufhin Turigliatto und schloss ihn aus. Alle linken Strömungen stimmten dagegen. Nur nicht jene des "Funken". Deren Vertreter enthielten sich ursprünglich, mit der Begründung, ein einzelner Senator dürfe seinen Standpunkt nicht über das angebliche "Wohl der Partei" stellen. Man muss sich nur noch einmal in Erinnerung rufen, dass Turigliatto die richtige Position aus Sicht der Antikriegsbewegung eingenommen hat, während die PRC-Führung Grundsätze des Internationalismus mit Füßen tritt. Nur durch den Protest anderer wurde die Linie der italienischen Funke-Gruppe bei einer weiteren Abstimmung in der Kontrollkommission der PRC abgeändert.

Wir hoffen nicht, dass diese problematische politische Praxis dem Funken nun selbst auf den Kopf fällt. Wir sind vielmehr dazu bereit, in einer solidarischen und gleichberechtigten Weise den GenossInnen der Funke-Strömung unsere Unterstützung anzubieten. Dazu gehört auch, in einer ehrlichen Diskussion die politischen Einschätzungen der letzten eineinhalb Jahrzehnte sowie die Differenzen zwischen Funke und SLP einer kritischen Bilanz zu unterziehen. Dass es so nicht weitergehen kann wie bisher, bekommt der Funke ja derzeit am eigenen Leib zu spüren.

Der "Funke" berichtet auf seiner Homepage von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Unterdrückungsmaßnahmen gegen Linke. Er scheint jedoch (absichtlich?) auf jene Ausschlüsse zu vergessen, die sich (auf einer anderen Ebene) heute an ihm zu wiederholen scheinen: Ausschlüsse von AktivistInnen des "Vorwärts" 1992 in Wien und 1993 in Salzburg (sowie Mitte der 90er Funktionsverbote für AktivistInnen in Wels/OÖ). Diese haben bereits damals richtungsweisend für SJ und SPÖ gewirkt. Sie waren Ausdruck für die Rechtswende der SPÖ, die im weiteren Verlauf (siehe die Distanzierung von den Gewerkschaften 2006 und der Koalition 2007) eine neue Qualität erreicht hat.

Die SPÖ hat in den letzten 20 Jahren Sparpakete geschnürt, rassistische Politik be- und viele WählerInnen zum Rechtsextremismus getrieben, privatisiert, mit FPÖ und BZÖ koaliert u.s.w.. Linke und SozialistInnen haben dies nicht verhindern können. Es gibt keine organisierte linke Opposition in der SPÖ, die diesen Namen verdient. Geschweige denn gibt es eine in der breiten Öffentlichkeit wahrnehmbare sozialistische Opposition.

Die jüngsten (gescheiterten) Versuche von "wir sind SPÖ" haben diese Analyse bestätigt. Wann, wenn nicht jetzt, hätte sich eine solche Opposition bilden müssen, wenn es dafür, wie die GenossInnen des Funken argumentieren, noch eine reale Basis geben würde? Die SPÖ wird von immer größeren Teilen der ArbeiterInnenklasse nicht mehr als "ihre Partei" gesehen. In vielen Fällen fehlt nicht nur die Sympathie, es gibt offene Ablehnung. Immer weniger BetriebsrätInnen sind "sozialdemokratisch" organisiert. In so manchen Bereichen gehört eine absolute Mehrheit keiner Fraktion an. Und viele kämpferische GewerkschafterInnen sind es nur aus pragmatischen Gründen, weil es noch keine echte Alternative gibt. Doch diese kann und muss aufgebaut werden.

Wie steht es um die sozialistische ArbeiterInnen-Bewegung in Österreich? Diese Frage kann nicht mit 08/15-Rezepten aus der Vergangenheit gelöst werden. Was kommt, wenn die Angriffe von der Bürokratie vollends durchgezogen werden? Was machen wir, wenn die SPÖVP-Regierung ihre neoliberalen Angriffe intensiviert? Wie können wir Bewegungen mit aufbauen, die eine neue politische Alternative zu den etablierten Parteien entwickeln können? Warum ist es aus Sicht der Funke-Strömung politischer Unsinn, von der Notwendigkeit einer neuen Partei für ArbeiterInnen und Jugendlichen zu sprechen, wie es die SLP tut?

Wir verurteilen die Angriffe und Maßnahmen wie Gruppenauflösungen und eventuell geplante Ausschlüsse gegen die GenossInnen des "Funke". Gleichzeitig kommen wir nicht umhin, unsere Einschätzung der Lage klar auszusprechen: Solange der Funke den Kampf um den Wiederaufbau der sozialistischen Bewegung in Österreich (und international) nur in den Reihen der SPÖ sieht (und sein aktuelles Kongressdokument weist genau in diese Richtung), wird er auf verlorenem Posten stehen und der sozialistischen Bewegung in Österreich AktivistInnen für weitergehende Projekte entziehen.

Es ist Zeit, den Kurs zu überdenken und die Schlussfolgerungen aus den jüngsten Entwicklungen zu ziehen. Die Hoffnungen der Funke-Strömung und anderer SJ-AktivistInnen, dass die SPÖ für die ArbeiterInnenbewegung zurückgewinnbar ist, haben sich weder in den Streiks 2002/03 (in der sich die SPÖ weder belebt noch die Streiks unterstütz hat) noch nach der Regierungsbildung bewahrheitet. Der völligen SP-Anbiederung an den Schüsselkurs folgte das Scheitern von "Wir sind SPÖ". Perspektiven müssen immer wieder einer kritischen Überprüfung und gegebenenfalls Veränderungen unterzogen werden.

Die SLP ist dazu bereit, dies auch in konkreten Bündnissen umzusetzen. Wir möchten abschließend noch auf unseren Offenen Brief "an AKS, FreiheitskämpferInnen, FSG, JG, SJ, VSSTÖ" vom März 2007 hinweisen: http://www.slp.at/index.php/artikel+M58117c0e0eb/ und freuen uns über Reaktionen aus den Reihen von SJ und "Funke".

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