"Als wäre es illegal...

... für seine Rechte einzutreten.”, sagte ein Freund zu mir, als ich ihm erzählte, was ich zur Zeit mit einigen KollegInnen in meiner Firma erlebe. Anfang des Jahres beschloss ich mit zwei Kollegen, bei Melzer-Kopie in Wien einen Betriebsrat zu gründen.
Harald Mahrer, Kandidat zum BR

Auf die Informationsveranstaltung, die wir Ende Februar abhielten kamen etwa 20 KollegInnen, dass sind ca. ein Drittel der Belegschaft. Dort stellten wir - inzwischen zu viert - vor, warum und wie wir zu einem Betriebsrat kommen wollten.


Unsere Hauptanliegen betrafen Löhne, Arbeitszeit und -bedingungen, Kündigungen, sowie Information, war doch die Firma gerade in die Insolvenz geschlittert. Nicht nur bei Melzer-Kopie, sondern in einer ganzen Branche ohne Kollektivverträge (!), ist es üblich, dass die KollegInnen, nicht wissen, wie viel andere verdienen, da es Einzelverträge gibt und sich so die Höhe der Löhne im Wesentlichen vom Verhandlungsgeschick der/des Einzelnen und vom Good-Will der Geschäftsleitung abhängt. Diesem Willkürprinzip setzten wir das Ziel einer Betriebsvereinbarung entgegen, in der - transparent für alle - Löhne, Arbeitszeiten und dergleichen zumindest mit Mindeststandards geregelt werden.


Wir legten und legen größten Wert darauf, zu betonen, dass diese Ziele nur erreichbar sind, wenn sich die Belegschaft nicht einfach auf uns verlässt, sondern uns aktiv unterstützt.


Auf der Versammlung gab es auch Stimmen, die argumentierten, dass die Geschäftsleitung nichts von einem Betriebsrat hielte und sich daher bei Gründung eines solchen die Situation für die Belegschaft verschlechtern würde. Außerdem bräuchten wir keinen Betriebsrat, da die Geschäftsleitung ohnehin äußerst kulant sei.
Von dieser angeblichen Kulanz sollten wir nichts bemerken. Am darauf folgenden Freitag, dem internationalen Frauentag, erhielt die Kollegin, die mit uns kandidierte, die Kündigung. Trotz Intervention der Gewerkschaft Druck und Papier, bei der Firmenleitung wurde die Kündigung nicht zurückgenommen. Es blieb der Kollegin nichts anderes übrig, als die Kündigung vor dem Arbeits- und Sozialgericht anzufechten. Die Chancen für die Anfechtung stehen gut, da sie sowohl bei der Informationsversammlung als auch in dem Gespräch mit der Geschäftsleitung ihrer Kandidatur ankündigte.


Als der Geschäftsführer die Klagschrift auf seinem Schreibtisch hatte, zitierte er die Kollegin zu sich und schlug ihr zwei Kolleginnen und einen Kollegen vor, die statt ihr gekündigt werden könnten. Die Kündigungsschreiben waren bereits ausgestellt und unterschrieben. Selbstverständlich lehnte sie ab. Darauf hin rief er die betreffenden FilialleiterInnen an und versuchte dort eine Zustimmung für die “Ersatzkündigung” zu erhalten. Auch dort erhielt er Absagen, auch sein E-Mail-Rundschreiben an die restlichen FilialleiterInnen blieb abschlägig beantwortet.


Im Zuge dieser Aktion rief er auch mich an und warnte mich mit drastischen Worten. Als I-Tüpfelchen sprach die Geschäftsleitung noch ein Lokalverbot gegen die gekündigte Kollegin aus. In der Zwischenzeit stießen weitere KollegInnen zu unserer Gruppe der BetriebsratsanwärterInnen. Wir haben die Wahl des Wahlvorstandes bereits ausgeschrieben und streben die Durchführung der Wahl Anfang Mai an. Natürlich ist das Betriebsklima zur Zeit extrem angespannt. Doch die Geschäftsleitung hat bislang unter Beweis gestellt, wie wichtig eine Vertretung der Belegschaft wäre.

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