„Nur die Spitze des Eisbergs“

Die Verurteilung der „Pussy Riots“ in Russland hat weltweit Proteste ausgelöst. Vorwärts sprach mit Rob Jones aus Moskau.

Die Proteste gegen Putin scheinen abgekühlt zu sein. Hat der Fall der Pussy Riots sie neu entfacht?

Tatsächlich sind die Proteste nur wegen de Sommerperiode zurückgegangen. Für Mitte September ist eine Demonstration geplant, die recht groß werden könnte. Die Verurteilung der Pussy Riots ist nur die Spitze des Eisbergs der Repression gegen AktivistInnen. Es gab jüngst wieder eine Verhaftungswelle gegen die Opposition. Aber natürlich hat die oppositionelle Stimmung dadurch einen neuen Kristallisationspunkt erhalten. Umfragen zeigen, dass 49% der Menschen in Russland Putin nicht für eine vierte Amtsperiode wollen, 42% unterstützen die Proteste der Opposition und 19% sind bereit daran teilzunehmen. Wir fordern nicht nur die Freilassung der Pussy Riots, sondern v.a. auch die sofortige und vollständige Trennung von Kirche und Staat.

„Die Opposition“ ist ja nicht homogen. Was bedeutet das in der Praxis?

Die Songs der Pussy Riots richten sich v.a. gegen Putin und gegen die russisch-orthodoxe Kirche. Damit hat aber auch der rechte Teil der „Opposition“ große Probleme. Sie bestehen darauf, dass die „Einheit“ aller anti-Putin-Proteste gewahrt bleiben muss. Damit meinen sie aber eine Einheit mit der extremen Rechten und nationalistischen Kräften, die wiederum fanatische VertreterInnen der Kirche sind. Mit dem Argument der Einheit versuchen sie, auch linke und sozialistische Kräfte in der Bewegung klein zu halten oder hinauszudrängen. Natürlich sind die Forderungen gegen Putin und für mehr Demokratie sehr wichtig. Aber viele ArbeiterInnen haben noch ganz andere Probleme. Die Löhne reichen nicht zum Leben und es herrscht Angst vor dem zweiten Wirtschaftseinbruch. Die Proteste, die im Winter begonnen haben, breiten sich über ganz Russland aus und auch die Zahl der Streiks nimmt zu. Die Bewegung braucht keine künstliche Einheit, die nur eine Unterdrückung von linken Forderungen bedeutet, sondern eine neue und starke Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche, die die sozialen und demokratischen Forderungen verbinden kann!

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