Neue Arbeiterparteien: Internationale Entstehung neuer Formationen und die Haltung von MarxistInnen

Bericht vom 9. Weltkongress des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale (CWI), Januar 2007
Per-Åke Westerlund, CWI-Schweden

In einer lehrreichen Sitzung diskutierte der CWI-Kongress über neue linke Parteien und ArbeiterInnenparteien, deren Perspektiven und die Haltung, die MarxistInnen und ArbeiterInnen gegenüber ihnen und ihrem jeweiligen Programm einnehmen sollten.

Parteien und Organisationen, die dabei Beachtung fanden, waren die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), die Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL; Brasilien), das Komitee für eine andere Politik (CAP, Belgien), die Scottish Socialist Party sowie die neu gegründete Formation Solidarity, die Socialistische Partij (SP, Niederlande), die Partito della Rifondazione Comunista (PRC, Italien) und der Bloco de Esquerda (Linksblock) in Portugal.

Kevin Simpson leitete die Diskussion ein und Tony Saunois vom Internationalen Sekretariat des CWI hielt das Schlusswort. 18 Delegierte und Gäste aus Lateinamerika, Afrika, Europa und den USA trugen ihre Ansichten zum Meinungsaustausch bei.

Das CWI, die ihm angeschlossenen Organisationen und Parteien machten seit den frühen 1990ern auf die dringliche Notwendigkeit zum Aufbau neuer Arbeiterparteien in vielen Ländern aufmerksam. Dieses Unterfangen stellt einen lebendigen Beitrag zur Stärkung und Reorganisation der internationalen ArbeiterInnenklasse dar. Der Ansatz resultiert aus dem Rechtsruck, den die sozialdemokratischen und kommunistischen Parteien vollzogen haben, die seit den Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkriegs traditionell in der ArbeiterInnenklasse Unterstützung fanden. Seit den frühen 1990er Jahren erklärte das CWI, dass diese Parteien einem Prozess der Verbürgerlichung unterliegen. Damit meinten wir, dass diese Parteien einer derart tiefgreifenden Bewegung nach rechts unterliegen, dass ArbeiterInnen und junge Menschen sie nicht länger als „ihre Parteien“ betrachten.

Einer der Gründe für den Rechtsruck waren die Forderungen der Kapitalistenklasse nach Implementierung einer neoliberalen Politik und die Konsequenzen der kapitalistischen Globalisierung und deren Wirkung auf die Führungen der ArbeiterInnenbewegung. Zweifelsohne wurde diese Tendenz durch den Zusammenbruch der Sowjetunion verstärkt. Er ermöglichte es der internationalen Kapitalistenklasse, in einer ideologischen Offensive den „Sozialismus“ als offensichtlich gescheiterte Idee darzustellen, während der freie Markt gesiegt habe.

Als Regierungsmitglied übernahmen viele der früheren ArbeiterInnenparteien den neoliberalen Ansatz, was zur vollkommenen Transformation zu Parteien führte, die von einem größer werdenden Teil der ArbeiterInnenklasse gehasst werden.

Das hinterließ weltweit ein großes Vakuum bezüglich der politischen Repräsentanz der internationalen ArbeiterInnenklasse. Aus diesem Grund riefen das CWI und die ihm angeschlossenen Organisationen zum Aufbau neuer ArbeiterInnenparteien auf und führten dafür in einer zunehmenden Anzahl von Ländern Kampagnen. Das bedeutet keineswegs, dass die dem CWI angeschlossenen Organisationen und Parteien ein und dieselbe Taktik von unabhängiger Arbeit in allen Ländern anwendeten. Es kam immer auf die politische Situation im jeweiligen Land an und auf das Bewusstsein der jeweiligen nationalen ArbeiterInnenklasse. In Indien arbeiteten unsere GenossInnen bis Ende der 1990er Jahre in den kommunistischen Parteien. Dies war der Fall aufgrund der Unterstützung, die den KP"s von Teilen der indischen ArbeiterInnenklasse entgegengebracht wurde. In Nigeria trugen die GenossInnen zur Gründung der NCP (National Conscience Party) bei und traten anschließend 1994 in diese ein. Es handelte sich hierbei zwar eher um eine radikale als um eine auf sozialistischen Ideen basierende neue ArbeiterInnenpartei. Aber dennoch stellte sie aufgrund des Fehlens einer neuen ArbeiterInnenpartei eine wichtige Entwicklung dar, die von vielen ArbeiterInnen und jungen Menschen verfolgt wurde.

Zur selben Zeit, da sie ihren Beitrag zur Stärkung der ArbeiterInnenbewegung leisteten und Kampagnen zum Aufbau neuer ArbeiterInnenparteien führten, bemühten sich die Mitglieder des CWI darum, ArbeiterInnen und Jugendlichen für die Organisation bzw. Parteien des CWI zu gewinnen. Dies geschah, um die Kräfte für eine sozialistische Revolution aufzubauen.

Wegen der komplexeren internationalen Situation kam es über diese Herangehensweise zu weiteren Diskussionen. Das Ergebnis war eine wichtige Auseinandersetzung innerhalb des CWI in den 1990ern, die die Rolle und Notwendigkeit einer revolutionären Partei gegenüber jenen unterstrich, welche aufgrund des Drucks der heftigen Propaganda gegen den „Sozialismus“ an Abkürzungen auf dem Weg zum Sozialismus glaubten und die Verwässerung ihres politischen Programms und Profils betrieben.

Die in dieser Sitzung des Weltkongresses aufgeworfenen Punkte erklärten den Prozess, der zur Gründung und zum speziellen Charakter bestimmter Formationen führte. Ein Beispiel war das der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) in Deutschland. Diese Partei entwickelte sich seit ihrer Gründung im Jahre 2004 sehr schnell. Sie beweist, dass neue linke Parteien und Parteien der ArbeiterInnenklasse als Ergebnis politisch-gesellschaftlicher Entwicklungen entstehen. Die Gründung der WASG folgte den schärfsten Klassenpolarisierung in der deutschen Gesellschaft seit über 50 Jahren. Hierbei handelte es sich um das Ergebnis der härtesten je umgesetzten neoliberalen Programme einer zu jenem Zeitpunkt regierenden rot-grünen Regierung. Die Gründung der WASG stand im Zentrum der politischen Entwicklung in Deutschland – und die dortigen CWI-Mitglieder standen dabei in vorderster Reihe.

Polarisierung zwischen den Klassen

Wenn die Entwicklung dieser Parteien auch einer Radikalisierung der Gesellschaft geschuldet ist, so geschah dies am Anfang der Polarisierung zwischen den Klassen als Ergebnis der Regierungsbeteiligung von sozialdemokratischen und ehemals linken Parteien. Diese verübten in ihrer neuen Funktion neoliberale Angriffe gegen die ArbeiterInnenklasse. Sind zwischen diesen Parteien zwar Unterschiede festzustellen, so handelt es sich hierbei um den gemeinsamen Charakter von PSOL, WASG und dem Linksblock. Im Vergleich dazu wurde die PRC 1991 in einer weitaus turbulenteren Periode anhaltender Klassenkämpfe gegründet. Das schlug sich auch in ihrem erheblich radikaleren Programm, welches von einer sozialistischen Gesellschaft sprach, ihrer Massenmitgliedschaft von über 100.000 und in der Unterstützung durch die Jugend nieder. Die niederländische SP war und ist ebenfalls stabiler. Teilweise, weil sie schon wesentlich länger existiert und aufgrund ihres Parteiapparats, ihrer Ortsgruppen sowie der Hauptamtlichen, die für sie tätig sind. Obwohl sie in der Vergangenheit beeindruckende Wahlerfolge zu verzeichnen hatten, erreichten jüngere Parteien wie die SSP in Schottland und die WASG mit ihren maximal 2.500 bzw. 12.000 Mitgliedern im Gegensatz dazu keine Massenmitgliedschaft. Auch unter Jugendlichen konnten sie keine bedeutende Unterstützung gewinnen.

Einer der weitere Vorgänge innerhalb dieser neuen Parteien war, dass ihre jeweilige Führung kurz vor oder nach ersten Wahlerfolgen die Tendenz entwickelte, das Programm zu verwässern. Im Wahlkampf der PSOL für Heloisa Helena in Brasilien vergangenes Jahr war dies beispielsweise der Fall. Dasselbe war zuvor bei der Führung der Scottish Socialist Party festzustellen. Die Rechtsentwicklung der Vorstände dieser Parteien ließ diese für ArbeiterInnen unattraktiver und weniger kontrollierbar erscheinen. Diese Entwicklung stellt auch das zukünftige Überleben dieser Parteien in Frage. Trotz eines dort nicht vorhandenen eindeutig sozialistischen Programms taten die CWI-/SAV-Mitglieder in Deutschland, genau das Richtige, als sie in die WASG eintraten, die in erster Linie von mittleren GewerkschaftsaktivistInnen und FunktionärInnen gegründet wurde. Dieser Schritt wurde vollzogen, da eine Radikalisierung in der Gesellschaft bedeutete, dass Hunderttausende von ArbeiterInnen nach einer Alternative suchten. Die Beteiligung der SAV an der WASG ließ es zu, dass wichtige Schichten von ArbeiterInnen und Jugendlichen, welche die neue WASG beobachteten, in Kontakt mit den sozialistischen Ideen und Vorschlägen der SAV zum Aufbau einer neuen Partei kommen konnten. Für viele war es das erste Mal, dass sie die Möglichkeit bekamen, Ansätze und die Kampagnen-Strategie der SAV kennenzulernen.

RednerInnen auf dieser Sitzung griffen das Beispiel aus Deutschland auf, um zu zeigen, warum es wichtig ist, nicht auf das „perfekte“ Beispiel einer neuen ArbeiterInnenpartei zu warten, sondern bei Organisationen mitzuarbeiten, die sich entwickeln und die Unterstützung in der ArbeiterInnenklasse genießen. Eine solche Unterstützung ist nicht garantiert und sie kann verspielt werden, wenn entscheidende Schritte in Richtung des Aufbaus einer kämpferischen Alternative gegenüber den etablierten Parteien nicht getan werden. Ein Beispiel dafür ist in Frankreich zu beobachten. Hier können wir die Folgen sehen, wenn Parteien wie Lutte Ouvrière (LO; Arbeiterkampf) und die Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR; Revolutionär-Kommunistischer Bund) Möglichkeiten zum Aufbau einer sozialistischen und revolutionären ArbeiterInnenpartei auslassen, nachdem sie gleich bei zwei Gelegenheiten hervorragende Wahlergebnisse erzielt haben. Ein Merkmal der politischen Situation in Frankreich ist die Kluft zwischen scharfen Kämpfen, die dort stattfinden, und dem Fehlen irgendeiner neuen politischen Initiative. Die Anpassung der LCR an die sozialdemokratische Parti Socialiste (PS) ist dafür nur eine Erklärung.

In England und Wales initiierte die dortige CWI-Sektion Socialist Party (SP) 2005 die Campaign for a New Workers’ Party (CNWP; Kampagne für eine neue Arbeiterpartei). CNWP sammelte 2.500 Unterschriften – die meisten von Einzelpersonen mit gewerkschaftlicher Funktion. 400 TeilnehmerInnen kamen zur CNWP-Konferenz und die SP-Mitglieder gehen davon aus, dass es ein weitaus größeres Potential für diese Kampagne in der kommenden Phase gibt, da zunehmende Arbeitskämpfe zu erwarten sind und jegliche Illusionen in einen künftigen Labour-Vorsitzenden Brown zerschmettert werden. Einige ultralinke Gruppen kritisieren das Programm der CNWP als zu begrenzt. Es handelt sich hierbei jedoch um eine Plattform, die Diskussionen mit breiteren Schichten von ArbeiterInnen und AktivistInnen erlaubt. Während die CWI-Mitglieder darin zwar für ein sozialistisches Programm eintreten, ist es nicht möglich am Beginn eines solchen Prozesses das Programm zu bestimmen, das eine neue Partei haben wird.

Die CWI-Mitglieder von Grupy na rzecz Partii Robotniczej (GPR; Bewegung für eine ArbeiterInnenpartei) in Polen sind Teil der neuen Polska Partia Pracy (PPP; Partei der Arbeit), die ihre Basis in erster Linie unter den kämpferischsten Bergleuten hat. Das Programm der PPP stellt die Forderung nach einer Verkürzung der Arbeitszeit, einem höheren Mindestlohn, Verstaatlichung illegaler Weise privatisierter Betriebe, dem Recht auf Abtreibung und dem Ende der US-Besatzung im Irak auf. Bei den Kommunalwahlen vergangenen September erzielte die PPP um die ein Prozent im Landesdurchschnitt, obwohl nicht in allen Wahlbezirken KandidatInnen aufgestellt wurden. Die GPR-Mitglieder, die für die PPP kandidierten, erreichten 800 Stimmen.

Die Socialistische Partij in den Niederlanden erlangte 16,7 Prozent bei den jüngsten Parlamentswahlen (1,6 Millionen Stimmen). Diese Partei entstand aus einer maoistischen Organisation der 1960er Jahre, wird heute aber von ihrer Mitgliedschaft wie ihren WählerInnen als eine radikale, linke Partei angesehen. Ihre Führung rückte dennoch nach rechts und sie versuchte sogar, die Möglichkeit einer Regierungskoalition mit der niederländischen sozialdemokratischen Partij van de Arbeid (PvdA; Arbeitspartei) offen zu halten.

„Radikale“ Reden eines Oskar Lafontaine

Die Entwicklung der WASG wurde detailliert diskutiert. Bald nachdem sie gegründet wurde, erzielte sie 2005 bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen 2,2 Prozent und gemeinsam mit der PDS bei den Bundestagswahlen 8,7 Prozent bzw. 54 Sitze. Dies ist das Ergebnis des in der Bundesrepublik bestehenden politischen Vakuums und eines ehemaligen SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine, der in den Vorstand der WASG gewählt wurde. Auf dem CWI-Weltkongress machten RednerInnen darauf aufmerksam, wie Lafontaine im Vorfeld der Berliner Abgeordnetenhauswahlen ein radikales Vokabular mit dem Plan kombinierte, durch die Fusion mit der PDS, der in der ehemaligen stalinistischen DDR herrschenden Partei, eine „verantwortungsbewusste“ linke Partei zu bilden.

Die SAV spielte eine Schlüsselrolle dabei, in der WASG für antikapitalistischen Profils einzutreten. 2006 verhinderten SAV-Mitglieder diverse Versuche sie auszuschließen oder ihren Einfluss zu begrenzen. In den Auseinandersetzungen darüber wurde SAV-Mitglied Lucy Redler in Berlin zu einer landesweit bekannten Figur und wurde über dies als linke Führungsperson in Berlin angesehen. Die Diskussion über diesen Themenbereich umriss, dass die Fusion von WASG und PDS sehr wahrscheinlich stattfinden wird. Die Perspektive für die neue Partei bleibt offen, da die PDS-Führung weiterhin Kürzungsmaßnahmen auf kommunaler und regionaler Eben zulässt.

Auch die Perspektiven für die PRC wurden diskutiert. Diese ist nach den letzten Wahlen in die neue Regierung Prodi eingetreten. Trotz erster Zugeständnisse war der erste Haushalt dieser Regierung gegen die ArbeiterInnenklasse gerichtet und die Kapitalisten drängen auf weitere Attacken. Auf dem CWI-Weltkongress führten RednerInnen aus, dass die PRC die Koalitionsregierung immer noch verlassen könnte, wenn dies auch nicht wahrscheinlich sei. Auch Prodi könnte seinerseits die PRC aus der Regierung ausschließen. Für den Moment braucht er sie jedoch als linkes Feigenblatt. RednerInnen aus Italien umrissen die Wahrscheinlichkeit weiterer Abspaltungen von Gruppen und einzelner AktivistInnen von der PRC, sollte diese weiterhin in der Regierung bleiben.

Nach nicht einmal einem Jahr, seitdem dort über die Gründung einer politischen Alternative diskutiert wurde, hat die CAP in Belgien bereits eine 650 TeilnehmerInnen zählende Konferenz abgehalten. Eine Schlüsselrolle bei der Gründung der CAP kam dabei auch drei älteren ehemaligen sozialdemokratischen Abgeordneten sowie GewerkschaftsführerInnen zu. Die CWI-Sektion in Belgien, die Linkse Socialistische Partij/Mouvement Pour Une Alternative Socialiste (LSP/MAS) spielte eine wichtige Rolle bei der Gründung der CAP - besonders hinsichtlich der bevorstehenden Wahlen im Juni.

Die Scottish Socialist Party (SSP) wurde von ehemaligen CWI-Mitglieder geführt. Diese haben das CWI verlassen und sich politisch in Richtung reformistischer und nationalistischer Positionen entwickelt. Im November 2004 wurde Tommy Sheridan, bekanntestes Führungsmitglied der SSP, vom Rest des Parteivorstands ausgebootet. Als Tommy Sheridan die Boulevardzeitung News of the World verklagte, traten einige SSP-Vorstände als Zeugen für die Murdoch-Postille auf. Die International Socialists (Schwesterorganisation der SLP und Sektion des CWI in Schottland) machten sich letztes Jahr zusammen mit Sheridan an die Gründung von Solidarity - Scottish Socialist Movement (Solidarität – Schottische Sozialistische Bewegung), die bereits 700 Mitglieder hat. Die Gewerkschaften, die vormals der SSP angeschlossen waren, habe dieser nun den Rücken gekehrt. Die schottischen Parlamentswahlen in diesem Frühjahr werden für die weitere Entwicklung von Solidarity von äußerster Wichtigkeit sein.

Konzentration auf Wahlen

RednerInnen aus Brasilien skizzierten ihre Erfahrungen mit der rapiden Entwicklung von PSOL nach dem ersten Wahlerfolg Lulas als Kandidat der (PT; ArbeiterInnenpartei). Anfänglich stellten AktivistInnen dort die Frage, ob der Zeitpunkt zur Gründung einer neuen Partei wie PSOL schon gekommen sei. Die Alternative, die PSOL dann allerdings darstellte, verringerte die Frustration, die durch Lulas bald nach seiner Amtseinführung zum Präsidenten umgesetzten neoliberalen Maßnahmen einsetzte. Noch vor den Präsidentschaftswahlen kam es zu einem Zustrom ehemaliger PT-Mitglieder und ganzer Gruppierungen in die PSOL, was die reformistischen und auf den Parlamentarismus gerichteten Tendenzen innerhalb der PSOL-Führung wiederum stärkte. Das Ergebnis war, dass der Parteitag der PSOL verschoben und der geschäftsführende Vorstand durch das Wahlkampfteam von Helena Heloisa ersetzt wurde (sie war die Präsidentschaftskandidatin der PSOL). Das Potential der PSOL wurde nicht ausgeschöpft und die Unterstützung, die auf ihrem Höchststand bei 12 Prozent lag, ging wieder zurück. Der Block von PT-Abtrünnigen in der PSOL dominiert mittlerweile den Vorstand. Socialismo Revolucionario (Schwesterorganisation der SLP und Sektion des CWI in Brasilien, A.d.Ü.) wird als Anknüpfungspunkt für all die AktivistInnen und Fraktionen innerhalb der PSOL fungieren, die für eine demokratische und kämpferische sozialistische Partei eintreten.

Der Linksblock in Portugal hat acht Abgeordnete. Als Gesamtpartei nimmt er aber an Streiks und Kämpfen der ArbeiterInnenklasse, die sich in Portugal entwickeln, nicht teil. Die Parteiführung hat nicht die Perspektive, dass die ArbeiterInnenklasse die Gesellschaft verändern kann.

Die National Conscience Party (NCP) in Nigeria wurde noch zur Zeit der Militärdiktatur 1994 gegründet. Ihr Gründer ist ein radikaler Rechtsanwalt mit einem Reformprogramm für freie Bildung, Gesundheitsversorgung etc. Die NCP hatte das Potential, Studierende und ArbeiterInnen anzusprechen, die ein Ende der Militärdiktatur wollten. Das Democratic Socialist Movement (DSM; Demokratische Sozialistische Bewegung) trat als Mitbegründer der NCP in Erscheinung. Als 1999 die zivile Herrschaft begann, übergab das Militär die Macht an drei Parteien, die eigens dafür gegründet wurden. Das DSM, die Schwesterorganisation der SLP und Sektion des CWI in Nigeria, begann mittels seiner Ortsgruppen und aktiven Mitgliedschaft die NCP aufzubauen. Trotz manipulierter Wahlen wurde ein DSM-Mitglied 2002 Dritter bei den Wahlen im Bundesstaat Lagos. Seit der ehemalige Vorsitzende der NCP die Partei verlassen hat, versucht eine neue rechtere Parteiführung dem DSM den Zeitungsverkauf zu verbieten und schloss später sogar den DSM-Vorsitzenden Segun Sango zeitweise aus, der gleichzeitig Vorsitzender der NCP in Lagos war. Was letztlich auch Ergebnis dieser Auseinandersetzungen sein wird, das DSM ist für die bevorstehenden Wahlen und Arbeitskämpfe gut gerüstet.

Diese Sitzung des CWI-Weltkongresses erörterte die Möglichkeiten zukünftiger Entwicklungen neuer Parteien und Organisationen, auf die sich die Arbeiterklasse orientieren und an denen sie sich beteiligen wird. Die Redebeiträge zeigten, dass CWI-Mitglieder alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um solche Formationen zu stärken – als Teil des Kampfes zur Verbreitung tatsächlich sozialistischer Ideen innerhalb der ArbeiterInnenklasse.

Per-Åke Westerlund ist Mitglied der Rätttvisepartiet Socialisterna, schwedische Sektion des CWI, und im Internationalen Vorstand des CWI. Der Artikel erschien zuerst in englischer Sprache am 28. Februar 2007 auf www.socialistworld.net