Wer auf Wunder wartet, hat verloren

Christoph Glanninger und Sonja Grusch

Mit der jüngsten Regierungsumbildung wird Martin Kocher dem Ministerium für “Arbeit und Wirtschaft” vorstehen. “Gemeinsam” sollen wir die Krisen bewältigen. Die Realität sieht anders aus: Die Reallöhne verzeichnen den größten Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen 1955. Die Strategie der Regierung und Bosse ist, uns für die Krisen zahlen zu lassen.

Dass von Regierung, Medien und Unternehmen außer der dumpen Propaganda vom gemeinsamen Boot nichts zu erwarten ist, ist klar. Aber auch die Gewerkschaftsspitze versagt völlig darin, einen entschlossenen Kampf um nötige Verbesserungen zu führen. Lohnverhandlungen werden ohne Streiks beendet und kommen nirgends an die reale Teuerung heran. Im Pflegebereich gibt sich die Gewerkschaft mit symbolischen Mobilisierungen und einer absolut unzureichenden Pflegereform zufrieden (mehr auf S.5). 

Wer darauf hofft, dass die Gewerkschaftsführung durch die Macht des Notwendigen wie durch ein Wunder wachgeküsst und endlich kämpferisch würde, irrt. Wimmer & Co. leben in einer anderen Realität, sind eng verbunden mit den Eliten der Gesellschaft, der Politik und ideologisch tief in der Sozialpartnerschaft verankert.

 

Auf die Gewerkschaftsführung zu warten ist zu wenig

Wir müssen uns organisieren und von unten einen Kurswechsel erzwingen. Die nächste Möglichkeit ist die Teuerungskonferenz des ÖGB am 8. Juni. Geplant ist sie ohne aktive Beteiligung der Mitglieder. Wir aber schlagen vor, sie zum Auftakt eines echten Aktionsplans zu machen. Dazu müssen konkrete Forderungen diskutiert und beschlossen werden. Dazu gehören die dauerhafte Streichung der Umsatzsteuer, insbesondere auf Wohnen, Verkehr und alle Güter des täglichen Bedarfs und der Ersatz durch eine echte Vermögensbesteuerung – und, dass Löhne und Gehälter künftig fix mit der Inflation steigen und Verhandlungen/Kämpfe um echte Lohnerhöhungen geführt werden. 

Zur Durchsetzung braucht es einen konkreten Aktionsplan: Noch im Juni Betriebsversammlungen in allen Betrieben, eine bundesweite Betriebsrät*innenkonferenz zur Diskussion um Forderungen und Strategie sowie Demonstrationen in allen Landeshauptstädten. Der Sommer muss genutzt werden, um einen heißen Herbst vorzubereiten - und zwar indem die Gewerkschaften öffentlich mobilisieren und kampanisieren. Sollte die Regierung bis Herbst keine wirkungsvollen Maßnahmen gesetzt haben, muss der nächste Schritt ein bundesweiter Streik und Aktionstag im September sein. Von Katzian, Wimmer & Co. ist eine solche Strategie nicht zu erwarten. Wir müssen daher hier von unten Druck machen und selbst beginnen, uns darauf vorzubereiten. Im Metallbereich, der traditionell die Herbstlohnrunde eröffnet, sind die Kolleg*innen nicht nur unzufrieden mit den letzten Abschlüssen, sondern verfügen auch über eine enorme Kampfkraft. Gleichzeitig bereiten sich die Kolleg*innen im Sozialbereich schon auf Kämpfe in den Verhandlungen vor. In der Pflege gärt es ebenso wie in den Kindergärten. Elektro, Chemie, Druck etc. - hier wurde mit Säbeln gerasselt und dann unter dem Nötigen abgeschlossen, obwohl viele Kolleg*innen ihre Kampfbereitschaft signalisiert haben. Das ist die Basis für eine Revolution in der Gewerkschaft, einen wirklich heißen Herbst, um zu erkämpfen, was wir brauchen.

 

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