Warum ich den Democratic Socialists of America beitrete

„Ich glaube, dass die sozialistische Bewegung beide Arten von Organisationen braucht, und deshalb freue ich mich, Mitglied sowohl der Socialist Alternative als auch der Democratic Socialists of America zu sein.“ – Kshama Sawant
Von Kshama Sawant, Stadträtin in Seattle (Socialist Alternative, ISA in den USA)

Das Wiederaufleben einer sozialistischen Bewegung in den Vereinigten Staaten und das schnelle Wachstum von Organisationen wie Democratic Socialists of America (DSA) und Socialist Alternative (SA) ist von enormer historischer Bedeutung. Nicht nur, weil der Marxismus beginnt, auf dem harten Boden des US-Kapitalismus wieder Wurzeln zu schlagen, sondern auch wegen der enormen Herausforderungen, vor denen die Arbeiter*innenklasse in dieser Zeit steht.

 

 

Der Kapitalismus befindet sich inmitten seiner schlimmsten Krise seit fast einem Jahrhundert, und es ist eine mehrschichtige Krise – wir stehen nicht nur vor der tödlichen COVID-19-Pandemie und dem wirtschaftlichen Zusammenbruch, sondern auch vor der kommenden Klimakatastrophe. Die Katastrophen, die wir im letzten Jahr gesehen haben, könnten noch viel schlimmer werden, wenn sich Sozialist*innen und die Arbeiter*innenklasse nicht den vor ihnen liegenden historischen Aufgaben stellen.

 

Die sozialistische Linke steht sowohl vor Herausforderungen als auch vor Chancen. Wir brauchen eine Massenpartei der Arbeiter*innenklasse, eine stärkere Arbeiter*innenbewegung und siegreiche Kämpfe in unserem anhaltenden Kampf gegen die Milliardär*innenklasse. Meiner Meinung nach müssen wir, um voranzukommen, die marxistischen Ideen befördern, die notwendig sein werden, um sowohl unmittelbare Erfolge in der gegenwärtigen Krise als auch einen endgültigen Sieg über die Ausbeutung und Unterdrückung des Kapitalismus zu erringen.

 

Wegen der Dringlichkeit, eine breitere sozialistische Bewegung aufzubauen, trete ich jetzt der DSA bei, bleibe aber zugleich Mitglied der Socialist Alternative. Andere Mitglieder meiner Organisation tun dasselbe, wie wir in unserem Artikel vom letzten Dezember erklärt haben. Menschen aus der Arbeiter*innenklasse ziehen in den Kampf, und die sozialistische Linke wird geduldige Debatten führen müssen, um politische Klarheit zu erreichen; ich hoffe, in der DSA zu diesem Prozess beizutragen und freue mich, meine Erfahrung als offen marxistische gewählte Vertreterin einzubringen.

 

Massenbewegungen im Entstehen

 

Es ist kein Zufall, dass neben dem Wiederaufleben der sozialistischen Ideen auch Massenproteste und soziale Bewegungen entstanden sind. Es gab die großen Frauenmärsche, die, obwohl sie zeitlich befristet und in ihren Forderungen begrenzt waren, den größten einzelnen Protesttag in der Geschichte der USA mit sich brachten.

 

In diesem Sommer brachen die historischen und tiefgreifenden Black Lives Matter-Proteste infolge der brutalen Polizeimorde an George Floyd und Breonna Taylor aus. Die BLM-Protestbewegung 2020 war die größte in der Geschichte der USA, mit geschätzten 20 Millionen Teilnehmer*innen. Unser Kampf gegen Rassismus und Polizeimorde wird in den kommenden Jahren ein andauernder Kampf sein, da bisher nur wenige zentrale Forderungen unserer Bewegung erfüllt wurden, geschweige denn der systemische Rassismus beendet wurde. Eine zentrale Frage, die sich uns stellt – welche Strategien bringen Sozialist*innen in diese Bewegung ein? Es gibt natürlich konkurrierende Ideen, wie z.B. eine Neuentwicklung der Ideen des Black Capitalism (eine Idee nach der Schwarze in Amerika im Kapitalismus zu Wohlstand gelangen können, Anm. d. Übers.), die, wenn sie die Oberhand gewinnen, die Möglichkeiten schwächen werden, den Rassismus effektiv zu bekämpfen. Ich stimme mit dem Black Panther-Führer Fred Hampton überein, der sagte: „Wir denken nicht, dass man Feuer am besten mit Feuer bekämpft; wir denken, dass man Feuer am besten mit Wasser bekämpft. Wir werden den Rassismus nicht mit Rassismus bekämpfen, sondern mit Solidarität. Wir sagen, wir werden den Kapitalismus nicht mit Schwarzem Kapitalismus (Black Capitalism) bekämpfen, sondern wir werden ihn mit Sozialismus bekämpfen.“

 

Wir sehen die Anfänge des Wiederauflebens einer kämpferischen Arbeiter*innenbewegung, die nach Jahrzehnten gegen den, leider immer noch dominaten, Einfluss der verheerenden bürokratischen Gewerkschaftsführungen aufbegehrt. Wir haben das bei den Lehrer*innenstreiks in den „Red States“ (Staaten mit Mehrheiten für republikanische Kandidierende bei Wahlen, Anm. d. Übers.) gesehen, die von West Virginia ausgingen, wo sich von der Basis aus eine klassenbewusste Arbeiter*innenführung entwickelte und einen entscheidenden Sieg errang, der sich auf andere Südstaaten und darüber hinaus ausweitete. Und es muss gesagt werden, dass die Lehrer*innen in West Virginia ihren historischen Streik nur deshalb gewonnen haben, weil sie den Insider-Deal der höheren Gewerkschaftsfunktionär*innen entlarvten, diesen Deal ablehnten und weiter kämpften.

 

Wir sehen junge Menschen an der Spitze all dieser Bewegungen, natürlich einschließlich der historischen Klimaproteste im Jahr 2019.

 

Heute blicken arbeitende Menschen im ganzen Land auf die unglaubliche Organisationsleistung der Arbeiter*innen in Bessemer, Alabama, die dafür kämpfen, eine erste Gewerkschaft bei Amazon zu gründen. Ein Sieg in diesem Kampf könnte das ganze Land erschüttern und den notwendigen Prozess zum Wiederaufbau einer kämpferischen Arbeiter*innenbewegung enorm vorantreiben. Er kommt zu einer Zeit, in der Milliardär*innen wie der ehemalige Amazon-CEO Jeff Bezos mehr als 1,1 Billionen Dollar in der Pandemie verdient haben, während arbeitende Menschen mit unsicheren Bedingungen, Massenarbeitslosigkeit und Schuldenbergen konfrontiert sind.

 

Mit diesen Schritten nach vorne haben sich auch in der aufstrebenden Sozialist*innen- und Arbeiter*innen-Bewegung wichtige Debatten entwickelt, und wir sind zunehmend unter Druck geraten. Wir sehen bereits heftige Angriffe auf unsere Bewegung von außen, insbesondere von Anführer*innen der Demokratischen Partei. Nach den Wahlen im November machte die Kongressabgeordnete Abigail Spanberger mit Nachdruck die linke Politik für den Verlust von Sitzen im Repräsentantenhaus verantwortlich und sagte zu Mitgliedern der Demokratischen Partei: „Sagt nie wieder Sozialismus.“ Hinter verschlossenen Türen wurde zweifellos viel Schlimmeres gesagt. Wir sollten uns keine Illusionen darüber machen, dass die konzerngesteuerte Demokratische Partei mit Biden im Weißen Haus zögern wird, ihre Angriffe auf Sozialist*innen und Bewegungen der Arbeiter*innenklasse zu verstärken, besonders inmitten dieser Flitterwochen der Illusionen in die neue Regierung und mit so vielen, die Angst haben, sie in Frage zu stellen. Biden und die Demokratische Partei sind gezwungen, einige Konjunkturprogramme und andere Maßnahmen durchzuführen, um den Zusammenbruch ihres Systems abzuwenden, aber sie werden immer darauf abzielen, die Arbeiter*innenklasse für die Krise zahlen zu lassen.

 

In Seattle sehen wir die Abberufungskampagne der Rechten gegen mein Stadtratsmandat, die im Wesentlichen ein Versuch des Großkapitals und des politischen Establishments ist, nicht nur unsere demokratische Wahl zu kippen, sondern auch die vielen Siege unserer Bewegung für arbeitende Menschen und marginalisierte Gruppen. Wenn sie erfolgreich ist, wird sie als Sprungbrett für weitere Angriffe auf die Linke benutzt werden, nicht nur in Seattle, sondern landesweit, und deshalb ist es entscheidend, dass wir sie abwehren.

 

Wir werden uns gegen Angriffe wehren müssen, wo immer wir ihnen begegnen, ob in Massenbewegungen, in der Arbeiter*innenbewegung, in Wahlkämpfen oder in der sozialistischen Bewegung selbst. Ob Sozialist*innen das tun oder nicht, ist keine abstrakte Grundsatzfrage, sondern kann über den Ausgang wichtiger Kämpfe entscheiden. Die sozialistische Bewegung ist in der Vergangenheit leider schon viele, viele Male entgleist: Wenn sie sich nicht klar gegen die Ideen und Kräfte auf Seiten des Establishments stellte; wenn sie danach strebte, sich mit mächtigen „fortschrittlichen“ Individuen gut zu stellen; wenn es an Klarheit über marxistische Ideen mangelte; und wenn Karrierist*innen in unseren Reihen Einfluss hatten.

 

Prinzipientreue Einheit

 

Die Einheit der sozialistischen Bewegung, basierend auf festen Prinzipien, wird entscheidend sein. Wir müssen ernsthafte und manchmal scharfe Debatten darüber führen, wie wir uns wehren können und wie wir effektive Strategien und Taktiken in die entstehenden Kämpfe einbringen können, um sie voranzutreiben und zum Sieg zu führen.

 

Wie einige, die dies lesen, zweifellos wissen, bin ich ein langjähriges Mitglied von Socialist Alternative und wurde 2013 als offene Sozialistin gewählt, noch vor Bernie Sanders' Kampagnen für das Präsidentenamt oder den Wahlen von Squad-Mitgliedern wie AOC (The Squad ist eine Gruppe linker Demokraten im Representantenhaus, zu der auch Alexandria Ocasio-Cortez (AOC) gehört, Anm. d. Übers.). In Seattle haben wir unser gewähltes Amt als Hebel für die Arbeiter*innenklasse und marginalisierte Gruppen genutzt, um Bewegungen aufzubauen und historische Siege zu erringen.

 

Der Sieg, Seattle zur ersten Großstadt zu machen, die einen Mindestlohn von 15 Dollar verabschiedet, basierte auf einer sozialistischen, klassenkämpferischen Strategie – auf dem Aufbau von Massenbewegungen, nicht auf dem Aufbau von Beziehungen zu fortschrittlichen Demokraten oder NGO-Anführer*innen. Anstatt mit dem Establishment der Stadt zu verhandeln, organisierten wir uns unermüdlich, um die stärkstmögliche Kraft für $15/h aufzubauen. Wir starteten die 15 Now-Kampagne und -Koalition, die nicht nur die erbitterte Opposition des Großkapitals und der Konzern-Demokraten überwand, sondern auch die vorsichtigen Bedenken der wichtigsten Anführer*innen der Gewerkschaften, die sich nicht mit dem Establishment anlegen wollten. Socialist Alternative und die 15 Now-Kampagne organisierten eine Reihe großer, demokratisch geführter Konferenzen, gründeten „Nachbarschafts-Aktionsgruppen“, hielten Demonstrationen ab und beschlossen dann demokratisch, aus der Bewegung heraus eine Wahlinitiative einzureichen, damit wir das Thema vor die Wähler*innen bringen könnten, falls die demokratischen Stadtratsmitglieder nicht handeln würden.

 

Wir haben dieselbe klassenkämpferische Strategie benutzt, um eine Reihe wichtiger Siege in Seattle zu erringen, von der Amazon-Steuer im letzten Jahr zur Finanzierung von bezahlbarem Wohnraum und Green New Deal-Programmen über bahnbrechende Gesetze für die Rechte von Mieter*innen bis hin zum landesweit ersten Verbot des Einsatzes von Tränengas, Gummigeschossen und anderen sogenannten „Crowd Control Weapons“ durch die Polizei im letzten Jahr. Viele DSA-Mitglieder haben wichtige Beiträge zu diesen Kämpfen geleistet.

 

Doch auch wenn dies wichtige Siege sind, die Herausforderungen, vor denen unsere Klasse steht, sind enorm, und wir müssen unseren Blick auf das richten, was notwendig ist – nämlich transformative Veränderungen auf nationaler und globaler Ebene zu erringen und für ein Ende des Kapitalismus und für eine sozialistische Welt zu kämpfen. Unmittelbare Fragen stellen sich uns in Bezug auf Bernie Sanders' Kampagnen und die breitere sozialistische Bewegung.

 

Wie erkämpfen wir „Medicare for All“, einen „Green New Deal“, einen bundesweiten Mindestlohn von 15 Dollar, die Streichung von Studienkrediten und ein Ende von Polizeibrutalität und systemischem Rassismus? Wir haben enorme Unterstützung für die Forderungen gewonnen, aber ohne eine sozialistische Strategie könnten sie auch tragischerweise bloße Slogans bleiben. Was ist der beste Weg, um die Gegenwehr der herrschenden Klasse und ihrer Vertreter*innen in beiden Parteien zu besiegen, um z.B. den Kampf für 15 Dollar voranzubringen? AOC wies den Aufruf zu #ForceTheVote für Medicare for All zurück und sagte, wir sollten uns auf „erreichbare“ Forderungen konzentrieren, wie einen landesweiten Mindestlohn von $15. Jetzt wird $15 von Biden fallen gelassen, der einer Gruppe von Gouverneur*innen und Bürgermeister*innen letzte Woche im vertraulichen Rahmen sagte, dass die Mindestlohnerhöhung auf $15 wahrscheinlich nicht kommen wird.

Ich denke, die Erfahrung der sozialistischen Bewegung in Seattle in den letzten Jahren spricht Bände zu diesen Fragen, und wir müssen diese Erfahrung in diese nationalen Kämpfe einbringen. Wir werden diese Erfahrungen in einem viel größeren Maßstab anwenden müssen – um mächtige Bewegungen von Millionen von Menschen hinter einer sozialistischen Strategie zu vereinen, um diese transformativen Forderungen durchzusetzen.

Wenn Sozialist*innen keine klaren Strategien und Taktiken vorlegen und stattdessen die Squad und andere Anführer*innen weiterhin zögern eine Konfrontation mit der Demokratischen Partei zu riskieren, werden wir verlieren. Wenn Sozialist*innen keine kraftvollen und furchtlosen Bewegungen für einen landesweiten Mindestlohn von 15 Dollar, Medicare for All und einen Green New Deal aufbauen, wird sich die Arbeiter*innenklasse woanders nach Führung umsehen.

Wir werden den gefährlichen Aufstieg des Rechtspopulismus und der extremen Rechten in den USA und weltweit nicht besiegen, wenn wir nicht eine linke Alternative für die Massen aufbauen. Denn während Trump weg ist, ist der Trumpismus lebendig und kann unter der gegenwärtigen Regierung schnell wachsen, da Biden von seinen progressiven Versprechen abrückt und die Interessen des Großkapitals verteidigt.

Es gibt eine lange Geschichte von Organisationen in der sozialistischen Bewegung, in denen verschiedene politische Tendenzen vertreten waren. Die DSA sind heute die zweitgrößte sozialistische Organisation in der Geschichte der USA und der gegenwärtige Ausdruck des „Big-Tent“-Sozialismus, in dem sich einige politische Strömungen als marxistisch identifizieren (mit unterschiedlichen Interpretationen) und andere nicht. Socialist Alternative ist explizit eine revolutionäre, internationalistische, marxistische Organisation, die Teil der International Socialist Alternative ist, die Schwesterorganisationen in 30 Ländern der Welt hat.

Ich glaube, dass die sozialistische Bewegung beide Arten von Organisationen braucht, und deshalb freue ich mich, Mitglied sowohl der Socialist Alternative als auch der DSA zu sein.

Debatten in der sozialistischen Bewegung

Innnerhalb der DSA in Seattle sowie auf nationaler Ebene finden im Moment wichtige Debatten statt. Kürzlich, in einer Diskussion über das Programm der DSA Seattle, argumentierten einige Anführer*innen eines Zusammenschlusses in der Organisation gegen die Aufnahme einer Forderung nach demokratischem öffentlichen Eigentum an großen Energiekonzernen. Obwohl ich bei dieser Debatte nicht anwesend war, war ich sehr enttäuscht, als ich von dem Abstimmungsergebnis hörte, diesen wichtigen Punkt nicht aufzunehmen. Ich denke, das ist etwas, was der Ortsverband noch einmal überdenken sollte. Die Forderung nach der Überführung von großen Konzernen in demokratisch kontrolliertes öffentliches Eigentum ist seit langem absolut zentral für sozialistische Ideen, und das aus gutem Grund. Und im Fall der großen Energiekonzerne haben wir ohne demokratische Arbeiter*innenkontrolle keine Hoffnung, die Klimakatastrophe zu vermeiden. Wir haben dies Anfang dieses Monats mit dem Zusammenbruch des profitgetriebenen, deregulierten Stromnetzes in Texas brutal gezeigt bekommen.

Das Ziel von Marxist*innen ist natürlich nicht nur das Eigentum an dem einen oder anderen Konzern, sondern an der Spitze der gesamten Wirtschaft und für eine rational geplante, nachhaltige sozialistische Wirtschaft, die von den Arbeiter*innen selbst demokratisch geführt wird. Wir wissen, dass der Kapitalismus niemals dazu gebracht werden kann, im Interesse der arbeitenden Menschen, der marginalisierten Gruppen oder des Planeten zu funktionieren. Er ist ein System der Krisen, und zwar eines, das die menschliche Zivilisation mit hoher Geschwindigkeit auf den Rand eines Abgrunds zu führt.

Als Marxist*innen kämpfen wir für ein vollständiges Ende dieses Systems und seines repressiven Staates – der kein neutrales oder reformierbares Gebilde ist, sondern im Wesentlichen ein gewalttätiger Apparat von „Körpern bewaffneter Männer“, darunter natürlich auch rassistische Polizeikräfte. Stattdessen müssen wir eine klassenlose Gesellschaft aufbauen, die auf Solidarität und Gleichheit basiert, mit einer Wirtschaft, die demokratisch geplant und geführt wird, in der es keine Kapitalist*innenklasse gibt, die den von den Arbeiter*innen geschaffenen Reichtum stehlen kann.

Die Frage des demokratischen Gemeineigentums ist eine entscheidende, und diejenigen, die dagegen argumentieren, müssen erklären, ob sie glauben, dass der Kapitalismus reformiert werden kann.

Ich glaube, Sozialist*innen brauchen auch eine Diskussion auf nationaler Ebene darüber, wie eine neue Partei für die arbeitenden Menschen in den USA aufgebaut werden kann, denn wir brauchen eine viel breitere Organisation der Arbeiter*innenklasse über die sozialistische Linke hinaus. Die Unterstützung für eine dritte Partei ist laut einer neuen Gallup-Umfrage auf dem höchsten Stand seit Beginn der Umfragen. Und es besteht echte Handlungsnotwendigkeit, denn wenn wir keine Partei für die arbeitenden Menschen aufbauen, wird der kommende Verrat der Demokratischen Partei im Namen des Großkapitals, wenn es eine linke Alternative fehlt, dem Wachstum der extremen Rechten weiteren Auftrieb geben.

Der Aufbau einer neuen Massenpartei wird nicht einfach sein, aber er ist absolut notwendig, weil die Demokratische Partei in der festen Hand der Kapitalist*innenklasse ist. Die von einem Teil der Linken verbreitete Vorstellung ist, dass Sozialist*innen „die Partei übernehmen können.“ Aber das ist eine fatale Unterschätzung sowohl der Wehrhaftigkeit des Establishments als auch der Tatsache, dass die Partei völlig undemokratisch ist und es keine Mechanismen gibt, sie zu übernehmen.

Wir haben gesehen, was die Anführer*innen der Demokratischen Partei bereit waren zu tun, um Bernie Sanders und seinen Aufruf zu einer „politischen Revolution“ zu stoppen (zweimal!). Wir haben auch gesehen, wie fest sie alle Hebel der Macht innerhalb der Partei kontrollieren.

Wir haben in Seattle aus nächster Nähe all die faulen Taktiken des städtischen Establishments zur Verteidigung von Amazon und des Großkapitals gesehen, ebenso wie die Angriffe auf unsere Bewegungen wie etwa gegen Black Lives Matter im letzten Sommer. Wir sehen jetzt, wie die Demokraten sowohl in Seattle als auch in Olympia im Einklang sind in ihren Bemühungen, die Amazon-Steuer zu untergraben oder abzuschaffen.

Ich glaube, unsere Bewegung muss anstreben, unsere Differenzen – basierend auf den sich stellenden Fragen und in einer unter Genoss*innen angemessenen Weise – zu diskutieren. Wir müssen versuchen, politische Klarheit und Einigkeit zu finden, wo es möglich ist, und uns dabei immer auf die Bedürfnisse der Arbeiter*innenklasse und der marginalisierten Gruppen stützen und darauf, wie wir unsere Bewegungen am effektivsten aufbauen können.

Ich freue mich auf die kommenden Diskussionen, in Seattle und auf nationaler Ebene, während wir uns den historischen Herausforderungen, die uns bevorstehen, zuwenden. Wir müssen in dieser Zeit der tiefgreifenden Krise dringend zusammenarbeiten, um für transformative Veränderungen zu kämpfen und das Bewusstsein und das Vertrauen unserer Klasse in den Kampf für eine andere Art von Gesellschaft zu stärken.

 

Diese Erklärung erschien zuerst im englischen Original