Wahlen: Auf die Angriffe danach vorbereiten!

Egal, wie die nächste Regierung zusammengesetzt sein wird: Wir müssen jetzt beginnen, den Widerstand gegen sie aufzubauen!
SLP-Bundesleitung

Die Wahl ist noch nicht einmal geschlagen und wir machen uns schon Gedanken über das Danach? Ja, denn es ist jetzt schon klar, dass von der künftigen Regierung nichts Gutes zu erwarten ist - außer man gehört zur kleinen Gruppe der Superreichen, Immobilienspekulant*innen und führenden Köpfe der Großkonzerne. Warum wir das so genau sagen können, obwohl noch nicht einmal klar ist, aus welcher Parteienkombination die nächste Regierung gebildet wird? Weil alle diese Parteien im selben wirtschaftlichen und politischen Rahmen agieren. 

 

Wirtschaftskrise

Weltweit steuert die Wirtschaft auf eine neue Krise zu. Österreich spürt bereits die ersten Anzeichen davon. Die hohe Exportabhängigkeit, insbesondere von Deutschland und speziell von dessen krisengebeutelter Autoindustrie, ist eine wesentliche Ursache dafür, dass es keinen „österreichischen (Aus)Weg“ geben kann. Die wirtschaftlichen Konzepte der verschiedenen Parteien haben durchaus Unterschiede z.B. bei der Frage, an welchen Handelspartner man sich mehr orientiert, an Russland, China oder den USA. Doch allen gemein ist die Hoffnung, durch eine Technologieoffensive eine Nische zu finden, in der Teile der heimischen Industrie überleben können.

Eine solche Nische kann sie jedoch vor den Folgen einer Weltwirtschaftskrise, die u.a. durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China immer wahrscheinlicher wird, nicht schützen. Das einzige „Rezept“ in dieser Situation ist es aus kapitalistischer Sicht, österreichische Exportgüter billiger zu machen. Das geht durch billigere Rohstoffe (also Einkauf ohne Rücksicht auf lästige Kostenfaktoren wie Arbeitsbedingungen, Menschenrechtssituation oder Folgen für die Umwelt), durch Senkung der Arbeitskosten und/oder durch Senkung der Unternehmenssteuern bzw. durch Erhöhung von Förderungen und Subventionen. Und genau in diese Richtung wird die künftige Regierung gehen. Die einen werden mehr bei den „Lohnnebenkosten“ senken wollen, die anderen versprechen mehr „Investitionsförderungen“. Am Ende des Tages sind all diese Maßnahmen eine Umverteilung von Beschäftigten zu Unternehmen: Entweder direkt, indem die Beschäftigten länger und billiger arbeiten müssen, oder indirekt, indem Geld von Sozialleistungen zu Unternehmensförderungen umgeschichtet wird.

Kein Vertrauen sollten wir in all jene haben die behaupten, ihre Maßnahmen wären „sozial“, weil sie die Wirtschaft ankurbeln würden und so Arbeitsplätze (und Steuereinnahmen) geschaffen würden. Das funktioniert schon in Aufschwungzeiten kaum, in Krisenzeiten unter Garantie nicht! Wir wissen noch nicht genau, welche Maßnahmen eine künftige Regierung setzen wird, aber da sich alle innerhalb der kapitalistischer Profitlogik bewegen, wird die Umverteilung von unten nach oben fortgesetzt werden. Es wäre platt zu behaupten, es würde keine Unterschiede geben: die einen werden den „sozialen Frieden“ betonen, um den Wirtschaftsstandort (also die Profite) abzusichern. Wie bei den Regierungen vor Schwarz-Blau soll in diesem Modell die Anpassung an die Bedürfnisse der Märkte möglichst „reibungslos“ von statten gehen, doch das macht die Ergebnisse nicht weniger brutal. Die anderen werden mehr auf systematische rassistische Diskriminierung und Überwachung in Kombination mit direkterem Sozialabbau setzen, um den kurzfristigen Forderungen von Industriellenvereinigung & Co nach einer besonders leicht auszubeutenden Schicht an Billigarbeitskräften nachzukommen.  Aber die aus kapitalistischer Sicht große Notwendigkeit „billiger produzieren, um am Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben“ werden alle erfüllen. 

 

Politische Krise

Der Wahlkampf ist schon in der heißen Phase, aber von Begeisterung ist nichts zu spüren. Rendi-Wagner ist eher ein Platzhalter in der Parteikrise, in der FPÖ gibt es Spannungen in der de facto Doppelspitze zwischen Kickl und Hofer, bei Pilz ist der Lack ab und bei Meindl-Reisinger und Kogler war der nie drauf. Auch Kurz hat schon viel von seiner scheinbaren jugendlichen Unverbrauchtheit verloren. Der wirtschaftlichen Krise ist spätestens nach 2007/8 auch die politische gefolgt. Dass die FPÖ trotz Ibiza-Videos und 12-Stunden-Tag trotzdem nur wenig verloren hat zeigt nicht nur, dass die FPÖ sich eine stabile Wähler*innenbasis aufgebaut hat, sondern auch, dass schon fast erwartet wird, dass Politiker*innen korrupt sind. Doch die Krise des politischen Systems hat seine Wurzel nicht nur in der arroganten Haltung von Politiker*innen, ihrer Abgehobenheit und ihren Lügen. Sie wurzelt in der Unfähigkeit der etablierten Parteien, echte Antworten auf bestehende Probleme zu geben – denn das würde einen Bruch mit der kapitalistischen Logik erfordern.

Das zentrale Wahlmotiv der meisten, die überhaupt noch wählen gehen, ist nicht echte Unterstützung für eine Partei oder ihr Programm, sondern schlicht Schlimmeres zu verhindern. Die relative stabile Unterstützung für schwarz-blau hatte seine Ursache darin, dass es gelungen ist das Bild zu zeichnen, man hätte eine Regierung der Streitereien abgelöst. Auch wenn man für das Vorhersagen eines Wahlsieges von Kurz keine Kristallkugel braucht, so ist doch von der Begeisterung von vor zwei Jahren nur wenig geblieben. Auch Kurz hat sich als „normaler“ Politiker entpuppt.

 

Wahlkampf im Zeichen der Klimakrise

Wollte Kurz im letzten Wahlkampf noch die „Balkanroute schließen“ reagiert er nun auf die Klimakrise mit „Hausverstand“. Klimawandel leugnen war gestern, angesichts der dramatischen Fakten und einer weltweiten Bewegung muss sogar die FPÖ das Klimathema aufgreifen. Die Rückkehr der Grünen, die bei den letzten Wahlen aus dem Parlament geflogen waren, bei den EU- und wohl auch Nationalratswahlen ist auch Ausdruck für dieses veränderte Bewusstsein. Doch gerade das Klimathema zeigt auch, dass keine der etablierten Parteien über den kapitalistischen Tellerrand hinausblickt. Bei allen dominieren individuelle Lösungen, also eine Änderung des persönlichen Verhaltens um gesellschaftliche und gesamtwirtschaftliche Probleme zu lösen. Ein Ansatz, der zum Scheitern verurteilt ist. Billigere Öffis sind gut, aber zu wenig. Es braucht einen massiven Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmittel und Nulltarif. Es reicht nicht, Hausbesitzer*innen zu motivieren, Klimafreundlich zu bauen, sondern die öffentliche Hand muss ausreichenden, günstigen und klimafreundlichen Wohnraum schaffen. Die Liste lässt sich fortsetzen...

 

Aktiv werden statt „Starker Mann“

Der Demokratieabbau der letzten Jahre wurzelt nicht nur im rechten oder rechtsextremen Charakter der regierenden Parteien sondern auch in der Notwendigkeit der Herrschenden ihre wirtschaftlichen Maßnahmen mitunter gegen Widerstand von unten durchzudrücken. Auch in diesem Bereich gilt: es gibt natürlich Unterschiede zwischen den Parteien, aber die generelle Notwendigkeit der Bevorzugung kapitalistischer Interessen vor sozialen oder auch ökologischen Notwendigkeiten verbindet sie alle.

Diese Krise des politischen Systems und seiner Institutionen zeigt sich auf vielen Ebenen und hat unterschiedlichste Folgen: Natürlich kann es „antidemokratische“ Tendenzen stärken und den Ruf nach dem sprichwörtlichen „Starken Mann“ lauter werden lassen. Aber es gibt auch andere Reaktionen: Wunsch und Bereitschaft, selbst „etwas zu tun“, sich zu organisieren, zu wehren, die Suche nach Alternativen.

Wo demokratische Rechte unter Beschuss sind, müssen sie verteidigt werden – aber wir dürfen dabei nicht stehen bleiben. Die bürgerliche Demokratie ist auch in ihrer besten Verfassung extrem beschränkt – Ein Instrument, die notwendigen Veränderungen herbeizuführen ist sie nicht. Die Alternative ist eine echte, sozialistische Demokratie, die auch in den Betrieben und Dienststellen, in Schulen und Unis, in Stadtteilen und ländlichen Regionen Verwaltung und Kontrolle durch die Menschen vor Ort, die Beschäftigten, die Lernenden und Lehrenden und die Menschen die dort wohnen, bedeutet.

 

Jetzt den Widerstand vorbereiten

Auch wenn die Details noch offen sind, die Regierung wird von der Stoßrichtung her weitermachen, wo die letzte aufgehört hat. Auch wer Hoffnungen, oder besser: Illusionen, in eine Koalition aus SPÖ, Grünen, Neos und eventuell JETZT hat, wird enttäuscht werden: Eine solche Regierung würde sich in einigen symbolträchtigen Bereichen fortschrittlich geben. Das kann auch bedeuten, dass einige Verbesserungen auf der Rechtlichen Ebene für z.B. Frauen oder LGBTQIA+ Personen eingeführt werden. Doch blieben diese Verbesserungen meist symbolisch, wenn nicht der tatsächliche Zugang zu diesen Rechten gewährleistet wird: Solange es etwa zu wenige Wohnungen gibt, wird ein Diskriminierungsverbot bei der Vergabe von Wohnungen nur auf inoffizielle Wege umleiten. Im schlimmsten Falle wird eine solche Regierung fortschrittliche, aber leicht zu finanzierende Maßnahmen einsetzen, um ihre reaktionäre Politik auf anderen Ebenen zu verschleiern – so wie dies Justin Trudeau in Kanada tut.

Denn die unsozialen Regelungen der letzten Regierung würden auch von einer Regierung unter Beteiligung oder gar Führung der SPÖ, oder unter Einbeziehung von Grünen, Neos oder JETZT nicht umfassend zurückgenommen werden. Jedoch müssten die 12-Stundentagsregelung und die Mindestsicherungsregelung durch eine echte Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn/Gehalt und Personalausgleich ersetzt werden und bei Krankenkassen und Pensionsversicherung müsste ein massiver Ausbau betrieben werden. Wir verstehen, wenn manche denken, eine Stimme für SPÖ oder Grün würde eine Veränderung bringen. Doch die Erfahrung zeigt, dass diese Parteien, selbst wenn sie an der Macht sind, die Verschlechterungen ihrer Vorgänger nicht zurücknehmen, sondern im Gegenteil deren Kurs mit etwas fortschrittlicherer Rhetorik weiterführen. dazu muss man sich schon selbst organisieren und aktiv werden. Denn jede künftige Regierung wird sich auf der wirtschaftlichen Ebene den Bedürfnissen und Begehrlichkeiten „der Wirtschaft“ beugen. „Sachzwänge“ werden jede Regierung vor sich hertreiben.

Dagegen braucht es eine kämpferische und eine politische Alternative: Gewerkschaften, die sich diesen vermeintlichen Sachzwängen nicht beugen, sondern die kapitalistische Profitlogik bekämpfen. Und eine echte Arbeiter*innenpartei, die nicht nur zu Wahlen antritt, sondern vor allem den Widerstand organisiert und zusammenführt. Beides wird nicht vom Himmel fallen. Um die Gewerkschaften aus der tödlichen Umarmung durch die SPÖ zu befreien und sie zu Kampforganisationen zu machen, die wirklich die Interessen der Arbeiter*innen und ihrer Familien vertreten, braucht es eine kämpferische, demokratische und organisierte Opposition, die die jetzige Gewerkschaftsführung unter Druck setzt, indem sie selbst beginnt, Widerstand und Aktivität an der Basis zu organisieren. Dass es dafür in Österreich keine Tradition gibt, macht die Aufgabe zwar schwieriger, aber nicht unmöglich. Aktivist*innen aus Betrieben und Gewerkschaften, vor allem jene, die in Arbeitskämpfe (z.B. im Sozialbereich, im Gesundheitswesen, bei den Metaller*innen, Drucker*innen, auf den Flughäfen und bei den ÖBB etc.) standen und stehen, haben schon erste Schritte zur Vernetzung gemacht. Diese gilt es zu verstärken und auszubauen und für einen echten Kurs- und Führungswechsel der Gewerkschaften zu kämpfen.

Der Aufbau einer politischen Alternative hängt eng mit den Aufgaben von Sozialist*innen in der Gewerkschaftsbewegung zusammen. Eine solche Alternative wird nicht durch den bloßen Zusammenschluss verschiedener linker Organisationen am Verhandlungstisch (oder schlimmer: in Geheimabsprachen hinter dem Rücken der Mitglieder) entstehen, sondern aus sozialen Bewegungen, regionalen Initiativen und vor allem aus Klassenkämpfen. Den kommenden Protesten im Sozial- und Gesundheitsbereich, aber auch den Klimaprotesten kommt hierbei eine besondere Rolle zu. In beiden organisieren sich Menschen vor Ort und lassen sich von etablierten Strukturen immer weniger ausbremsen. Was aber oft noch fehlt, ist eine Kampfstrategie und ein Programm um zu gewinnen. Um beides braucht es lebendige Debatten in der Bewegung – diese sind keine Schwächung, wie manchmal behauptet wird, sondern notwendig, um Proteste von der Ebene der Symbolik zum Sieg führen zu können.

Es gibt bei dieser Wahl mit der KPÖ und Wandel auch zwei linke Angebote am Stimmzettel – aber eben auch nur am Stimmzettel. Beide sind nicht oder kaum in Bewegungen die es gab, gibt und geben wird vertreten. Eine Stimme für sie ist daher nicht mehr als ein Zeichen, dass man etwas anderes möchte - wobei die KPÖ hier vor allem in der Steiermark das deutlich sichtbarere und, wenn auch sehr eingeschränkt, aktivere Zeichen ist - aber es ist kein Schritt für den Aufbau von diesem „anderem“.

Die SLP tritt bei dieser Wahl in Oberösterreich an. Natürlich freuen wir uns über jede Stimme – aber vor allem sehen wir unsere Kandidatur als Angebot, selbst aktiv zu werden. Das gilt auch für jene hunderttausenden Menschen, die hier leben aber vom Wahlrecht ausgeschlossen sind: weil sie zu jung zum wählen (aber alt genug zu arbeiten und Steuern zu zahlen sind) oder weil sie zwar hier leben, aber keine Staatsbürgerschaft besitzen. Ganz in diesem Sinn: werde aktiv mit der SLP! Werde mit uns in der Klimabewegung aktiv, komm zu unseren regelmäßigen Treffen, hilf mit beim Aufbau einer sozialistischen Alternative – und zwar in ganz Österreich und unabhängig davon, ob du wählen darfst!