Waagner-Biro: Nein zu den Kündigungen

Florian Seidl

Prestigeträchtige Aufträge wie die Kuppel des Berliner Reichstages, ... - Waagner-Biró macht nicht gerade den Eindruck eines Unternehmens in der Krise. Dennoch, der Produktionsstandort Stadlau soll aufgelassen, insgesamt 430 MitarbeiterInnen entlassen werden - 268 davon allein in Wien 22. Herbert Liaunig hat das Unternehmen 1995 übernommen und in seinen Mericon, später in den Auricon-Konzern eingegliedert.
In einer Besprechung mit dem vorigen Eigner Bank Austria, der GPA und MBE sowie den BetriebsrätInnen schloß Liaunig damals die Verlegung von Produktionsstätten aus, ebenso eine „Personalreduktion ohne wesentliche wirtschaftliche Gründe“. Eine Ausgliederung einzelner Sparten aus Waagner-Biró wurde gleichfalls „verboten“, weiters wurde „Eine Verdünnung der Liquidität durch finanzielle Verschränkungen oder Kaptialverschiebung innerhalb des Auricon- und/oder Mericon-Konzerns aufgrund von Konzernrichtlinien untersagt“.
Die Realität: 1995 erzielte Waagner-Biró Rekordgewinne, ein Ausbau des Standorts Wien wurde in Aussicht gestellt. Allerdings hat die Konzernleitung sich und den AktionärInnen das Geld lieber in die „eigenen“ Taschen gesteckt - die Auricon zahlte den Gewinn (1996 40 Mio ÖS) an die AktionärInnen der Auricon AG aus. Im September 1998 wurden auch massiv Anteile am Waagner-Biró Schwesterunternehmen Binder & Co eingekauft - ganz entgegen Liaunigs anfänglicher Zusage - sowie im Rahmen der „Restrukturierung“ mittlerweile die Bereiche Seilbahntechnik und Freizeittechnik abgegeben. Und der für die jetzigen Verluste verantwortliche Fassadenbau ist diesbezüglich auch bereits im Gespräch.

Wiener Werk nicht in der Krise

Die Verluste resultieren aber vor allem aus einigen Prestigeprojekten in Deutschland sowie dem riesigen Werksgrundstück in Wien. Ein zusätzlicher Faktor sind auch die massiven Investitionen in die anderen Auricon-Tochterunternehmen – Binder & Co und Jenbacher. Das Werk in Wien muß also für Fehler des Managements herhalten. Der Sozialsprecher der Grünen, K.Öllinger, und der Wiener Bürgermeister Häupl haben sich öffentlich über den Bruch der 1995 getroffenen Vereinbarungen durch die Auflassung des Produktionsstandortes Wien beschwert . Häupl hat Liaunig in diesem Zusammenhang auch als „großkaptialistischen Potentaten“ bezeichent. Öllinger wurde prompt von Liaunig geklagt. Angestelltenbetriebsrätin Waldmüller bezeichnete die Äußerungen von Häupl als „Theaterdonner“. Vor allem an die Gemeinde Wien wurden weitgehende Forderungen gestellt, wie daß diese das Werksgrundstück aufkauft und an Waagner-Biró zurückleast. Im Endeffekt geht es, so Waldmüller, um die Frage „will die Gemeinde Wien unsere Produkte?“. Arbeiter- und AngestelltenbetriebsrätInnen und der Jungendvertrauensrat wollen gemeinsam für das Werk kämpfen. Eine gute Gesprächsbasis gibt es nicht nur im Werk, sondern auch mit jenen, die sich solidarisch erklären, auch wenn die meisten Angestellten von der Stillegung der Produktion gar nicht betroffen sind. „Wir wollen ein Werk, keinen Sozialplan“ So lautet der Grundtenor.
Um einen Kampf gegen die Schließung des Werks zu organisieren, ist die Zeit schon ziemlich knapp. Aber noch ist nicht alles verloren. Auch wenn diese Kampfform vor allem in Österreich scheinbar gänzlich aus der Mode gekommen ist,  würde gerade jetzt ein Streik die Firmenleitung hart treffen, da noch viele Aufträge zu erledigen sind.

Kampfmaßnahmen jetzt!

Auch die Verhinderung eines etwaigen Abtransports von Maschinen nach Gleisdorf würde das Unternehmen in seinen Plänen massiv zurückwerfen. Doch insgesamt ist natürlich eine dauerhafte Lösung notwendig, eine Lösung, die den Standort unabhängig von den Launen irgendwelcher Großkapitalisten oder PolitikerInnen garantiert - zum Beispiel durch Vergesellschaftung unter demokratischer Kontrolle.
Für viele scheinen diese Forderungen abgehoben und fern jeglicher Realität. Aber leider geben uns die Erfahrungen der letzten Jahre recht. Weder Sozialpläne noch Verhandlungen mit den entsprechenden Konzernleitungen konnten langfristig Produktionsstätten oder  Arbeitsplätze retten – das Problem wurde nur zeitlich verschoben, wobei sich die Firmen jeden verbliebenen Arbeitsplatz durch Subventionen bezahlen lassen. Darum: Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren.

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