Do 02.03.2006
Für einen wirksamen Arbeitskampf gäbe es eigentlich - zumindest bis jetzt - gute Voraussetzungen. Die GPF (Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten) fasste rechtzeitig einen Streikbeschluss im Fall einer Privatisierung und holte sich dafür die Unterstützung der Beschäftigten. In urabstimmungsähnlichen Befragungen erklärten über 90 Prozent ihre Zustimmung. In der Bevölkerung gibt es breite Ablehnung einer Postprivatisierung, was Verständnis für einen Streik erwarten läßt.
Trotzdem weigerte sich die GPF-Führung, der Regierung mit einem sofortigen Streik die Stirn zu bieten. Stattdessen gab es mit zwei mager besuchten Kundgebungen, für die kaum mobilisiert wurde, ein Rückzugsgefecht, noch bevor der Kampf begonnen wurde. Nur im Verteilerzentrum in Linz kam es zu einer spontanen Arbeitsniederlegung, die aber völlig isoliert blieb und von GPF und ÖGB verschämt verschwiegen wurde.
Ein führender oberösterreichischer Postgewerkschafter bringt das Dilemma der Gewerkschaftsbürokratie auf den Punkt, wenn über seinen Vorsitzenden feststellt: “Gerhard Fritz wollte gar nie streiken!“
Die GPF-Führung sollte aus der Erfahrung der letzten Jahre wissen, dass nur mit einem Arbeitskampf der Angriff zu verhindern ist. Seit 1999 wurden ca. 1.000 Postämter geschlossen, der Arbeitsdruck vor allem in den Verteilerzentren hat extrem zugenommen und an die 10.000 Arbeitsplätze bei der Post wurden gestrichen. Das alles geschah mit Duldung der GPF für das Versprechen der Regierung, dafür keine Privatisierung vor 2007 ins Auge zu fassen. Gebracht hat der Deal nur Verschlechterungen und jetzt, wo die Regierung erreicht hat, was sie wollte, setzt sie den nächsten Schritt. Daher die Streikvorbereitungen. Doch letztlich zeigt sich, dass die GPF-Spitze die Ideologie der Klassenzusammenarbeit schon so verinnerlicht hat, dass sie selbst vor einem unausweichlichen Kampf kapituliert. Statt für den Kampf zu mobilisieren, setzt die GPF nun auf Verhandlungen mit dem Management, um die Auswirkungen der Privatisierung für die Beschäftigten so weit wie möglich abzumildern. Wie aber soll eine zahnlose GPF, die bewiesen hat, dass man sie ungestraft erpressen kann, in Verhandlungen für die Beschäftigten etwas Vernünftiges herausschlagen?
Mörderisches Spiel mit der Zeit
Die GPF-OÖ geht zwar in einzelnen Fragen weiter als die Gesamt-GPF (diese spricht sich z. B. nur gegen eine Privatisierung vor 2007 aus, während die GPF-OÖ richtigerweise festhält, dass eine Privatisierung zu jeder Zeit abzulehnen ist), doch vor einem Streik schreckt auch sie zurück. Ein solcher bliebe isoliert, da die Zentrale keinen will und es wäre fraglich, ob die Leute noch mitziehen würden, vielleicht wird's leichter, wenn bei den Verhandlungen nichts für die Beschäftigten rausschaut … so die Argumentationslinie. Je länger aber die Gewerkschaftsbürokratie stillhält, umso mehr werden Regierung und Management gestärkt und die Kampfbereitschaft in den eigenen Reihen wird - ähnlich wie nach dem vorzeitig abgebrochenen Streik bei den Eisenbahnern - in Zorn und Resignation umschlagen. Nur ein sofortiger Streik brächte die Postbeschäftigten und die GPF wieder in die Offensive.
Kämpferische Gewerkschaftspolitik und politische Alternative nötig!
Ein “wilder Streik“, also ein Streik ohne Rückendeckung durch die GPF, scheint nicht sehr wahrscheinlich. Zum einen gibt es unter den Beschäftigten keine Streikerfahrung und zum anderen sind “die Postler“ in sich stark differenziert - die Älteren sind pragmatisiert (sie haben daher nicht den Arbeitsplatzdruck und können sich schon Richtung Pensionierung orientieren), während die Jüngeren Arbeitsverträge wie in der Privatwirtschaft haben. Sie und auch die Teilzeitkräfte, die hauptsächlich in den Verteilerzentren (neben Leasingpersonal) eingesetzt werden, zeigen die größte Kampfbereitschaft, haben aber auch Angst um ihren Arbeitsplatz. Wir treten daher für die Organisierung von Aktionsgruppen in den Betrieben und Abteilungen ein, fordern PersonalvertreterInnen-Konferenzen und Urabstimmungen, um von der Basis her Druck auf die Gewerkschaftsspitze auszuüben, doch noch den notwendigen Kampf zu organisieren. Der neoliberale Einheitsbrei der politischen Parteien - “Oppostions“politiker Gusenbauer kann sich den Börsegang der Post “vorstellen“ und “Oppositions“politiker Van der Bellen “bis zu 100 %“ - macht auch Solidaritätsaktionen und Zeichen des Widerstands in der Öffentlichkeit notwendig. Dazu haben wir in Linz maßgeblich zur Bildung eines “Aktionskomitees gegen die Privatisierung der Post“ beigetragen. Dieses organisiert für Freitag, 17. März in Linz eine Demonstration unter den zentralen Losungen: “Nein zur Privatisierung der Post! Schluss mit der Demontage der öffentliche Dienste!”. GPF und ÖGB haben ursprünglich Interesse an der Demo gezeigt. Nun verweisen sie auf eine (vielleicht stattfindende) Demonstration im April. Je später es Proteste gibt, umso geringer sind ire Erfolgschancen. Die Demo am 17. März wird stattfinden – die Gewerkschaft aber lässt wertvolle Zeit verstreichen, statt zu mobilisieren.