US-Wahlen 2008 – Chancen für den Aufbau einer Alternative

Laura Rafetseder hat mit Ty Moore von Socialist Alternative über die US-Präsidentschaftswahlen 2008 gesprochen

Laura: 2008 finden in den USA Präsidentschaftswahlen statt. Was ist diesmal anders als vor Bushs Sieg 2004?

Ty: Es hat bereits bei den Kongress-Wahlen 2006 eine Verschiebung im Bewusstsein gegenüber 2004 gegeben – damals hatte Bush noch stärkere Unterstützung, der demokratische Kandidat John Kerry war kein Antikriegskandidat, sondern versuchte Bush als Falke zu übertreffen, indem er von Truppenaufstockung gesprochen hat. Die Antikriegsbewegung hatte nicht das Selbstvertrauen mit Kerry und den Demokraten zu brechen, sondern ging mit der Logik des kleineren Übels. Bushs Sieg hatte damals einen demoralisierenden Effekt, da sich die Bush-GegnerInnen als Minderheit fühlten. Das Nation Magazin (ein Blatt des liberalen Establishment) sprach sogar von einem „langen dunken konservativen Winter". 2006 dagegen haben sich unsere Perspektiven bewahrheitet – die Stimmung gegen Bush und die Besatzung ist enorm gestiegen, wer nicht gegen den Krieg ist in diesen Wahlen oder sich zumindest in Worten dagegen ausspricht hat diesmal keine Chance zu gewinnen. Was nach den Wahlen 2006 geschehen ist, ist folgendes: Die ArbeiterInnen und Jugendlichen die gegen den Krieg sind fühlen sich nun als Mehrheit, haben das Gefühl die Öffentlichkeit ist auf ihrer Seite und sind viel selbstbewusster. Allerdings bestanden Illusionen darin, dass die Demokraten den Krieg beenden würden. Nach dem Sieg der Demokraten währte die Honeymoon-Periode jedoch nur sehr sehr kurz – die Demokraten fanden sich von der Ungelduld der US-ArbeiterInnen und Jugendlichen überrumpelt. Im Jänner hatte es eine Umfrage darüber gegeben, welche Themen die Menschen am meisten beschäftigten – für 49% war das der Irak-Krieg, für nur 9% das Gesundheitswesen. Die Demokraten wollten das Thema Irak vermeiden, konnten das aber nur begrenzt. Sie dachten sie könnten sich mit wirtschaftlich/sozialem Populismus profilieren, allerdings waren sie bald gezwungen, sich  mit der Finanzierung des Krieges auseinanderzusetzen. Im April war es klar, dass die Demokraten Bush weiterhin Geld für die Besatzung zur Verfügung stellen würden. Sie schafften es nicht einmal eine symbolische Resolution zustande zu bringen nach dem Motto „Hier hast du das Geld, aber jetzt raus aus dem Irak". Außerdem ist die Frage des Impeachments (der Amtsenthebung Bushs, Anm.) ein Thema geworden. Die Demokraten werden nun als rückgratlos und ineffektiv gesehen.

L: Welche Auswirkungen kann das auf die Wahlen haben?

T: Es ist möglich dass sich hier Raum auftut für alternative KandidatInnen. 2004 hatte jeder Kandidat außerhalb der beiden großen Lager keine Chance. Auch Ralph Naders Stimmenbasis ist damals eingebrochen. 2008 ist  aber alles offen und alles drin. Dadurch dass Bush so an Popularität verloren hat, scheint es wahrscheinlich dass die Demokraten gewinnen. Die großen Konzerne und Big Business hat sich auf die Seite der Demokraten geschlagen. Die christliche Wählerbasis  der Republikaner ist mit Bushs Politik zutiefst unzufrieden.
Gleichzeitig wendet sich bereits eine nicht unbedeutende Minderheit von den Demokraten ab, für die die Demokraten die letzte Hoffnung gewesen waren und die ihre Hoffnungen jetzt brutal zerstört fanden.

Cindy Sheehan, die für die Antikriegsbewegung eine wichtige Symbolfigur ist, hat mit den Demokraten gebrochen. Sie hat nicht nur Bush attackiert sondern hat den Demokraten einen bitteren Brief geschrieben, als die der Finanzierung des Kriegs zustimmten. Sie hat sogar das Büro von Nancy Falosi, einer linken Demokratin, besetzt, mit der Forderung nach Schritten in Richtung Impeachment Bushs. Sie hat sogar angedroht in San Francisco gegen Falosi  anzutreten. Ihre geplante Wahlplattform ist eine sehr vage und widersprüchliche, sie stützt sich nicht ausdrücklich auf die ArbeiterInnenklasse, aber Sheehan ist Ausdruck für eine gewisse Stimmung die in der Antikriegsbewegung herrscht. Das alles heisst natürlich nicht, dass es nicht doch wieder zu Druck in Richtung „kleineres Übel" kommen kann, wenn es zwischen Demokraten und Republikanern knapp würde – aber die Chancen stehen diesmal besser, dass die Wahl 2008 offener für alternative Kandidaten sein wird.

L: Apropos alternative Kandidaten – wie schätzt Ihr die Chancen Naders diesmal ein?

T: Socialist Alternative ist der Meinung das Nader diesmal gute Chancen hätte, an Unterstützung zu gewinnen. Es ist wahrscheinlich, aber noch nicht klar, ob er antritt. Die Grünen würden ihn wahrscheinlich unterstützen. Wir würden ihn wahrscheinlich unterstützen – in welcher Form genau, ist aber noch in Diskussion. Es ist möglich dass eine unorganisierte Schicht sich an einer Kampagne beteiligen würde. Ein Element in der Stimmung kann natürlich sein, dass er bereits zweimal angetreten ist und „nichts passiert ist". Wir könnten aber auf lokaler Ebene, wo wir verankert sind, eine führende Rolle in der Wahlkampagne spielen und in Kontakt mit AktivistInnen kommen die sich an lokalen Kampagnen beteiligen. Außerdem könnten wir ein breiteres Publikum dadurch erreichen. Wenn er nicht antritt, werden wir andere alternative KandidatInnen unterstützen, mit der Forderung, dass es nötig ist, für die nächsten Wahlen eine politische Alternative der ArbeiterInnenklasse aufzubauen.

L: Danke für das Interview!

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