Teuerung: Wo bleibt der Widerstand?

Martina Gergits

Ein Einkauf im Supermarkt und die Inflation ist stark spürbar, Preisexplosionen, kleinere Verpackungseinheiten, und das Geld am Konto schrumpft immer weiter. Der einmalige Anti- Teuerungsbonus der Regierung ist maximal ein Tropfen auf dem heißen Stein, und als beinahe einzige Maßnahme der Regierung unzureichend. Auch der angekündigte „Energiekostenausgleich“ versucht niedrig anzusetzen, kommt allerdings spät und lässt vor allem die „Übergewinne“ der Energiekonzerne unberührt. Im Gegenteil - man schüttet in selber Form auch einen Energiekostenausgleich im Gießkannenformat an Firmen aus, unabhängig von Profiten und ohne Auflagen; die Kosten tragen die Steuerzahler*innen. Viel effektiver, um vor allem Produkte des täglichen Bedarfs noch leistbar zu gestalten wäre eine Abschaffung der Mehrwertsteuer. In Spanien und Polen wurde diese zumindest teilweise ausgesetzt. Die Berichte über explodierende Miet”anpassungen”, mit Steigerungen bis zu 26%, häufen sich - hier wird indexiert, bei Löhnen und Gehältern aber nicht! Schottland, Frankreich und Spanien haben Mietzinsobergrenzen eingeführt (obwohl auch das viel zu kurz greift). Die SPÖ schlägt eine ähnliche Maßnahme vor, bleibt dabei aber unglaubwürdig, nachdem in Wien bereits die Mieten in Gemeindebauten erhört wurden.

Aber obwohl das Thema für die Bevölkerung brennend ist (in einer IFES Umfrage geben 86% an, dass ihnen das Thema Sorgen macht), bleiben die Proteste noch beschränkt. An groß angekündigten Demonstrationen der Gewerkschaften im September beteiligten sich weniger als 20.000 Menschen und an Mobilisierungen der außerparlamentarischen Linken gerade einmal wenige hunderte. Beide haben es nicht geschafft, glaubwürdig Vorschläge zu machen, WIE tatsächlich etwas gegen die Teuerung gemacht werden kann. Symbolik, Appelle und Phrasen reichen einfach nicht. Der stärkste Widerstand gegen die Teuerung waren die Kollektivvertragsverhandlungen. Aber die Gewerkschaftsführung hat die Wut nicht zu Widerstand gemacht, hat gebremst und verhindert, dass gemeinsam gekämpft wird und die vereinzelten Verhandlungen tatsächlich zu einer breiten Bewegung gegen die Teuerung werden. Umso wichtiger ist es, hier für einen Kurswechsel zu kämpfen.

Lohnverhandlungen als wichtiges Kampffeld

Die Lohnverhandlungen 2022 waren wahrscheinlich die konfliktreichsten seit 2003 - sogar Boulevardzeitungen titelten mit den Streiks. Die Kampfbereitschaft an der Basis trifft allerdings auf eine unwillige Gewerkschaftsführung, die sich verzweifelt an eine längst tote Sozialpartnerschaft klammert und Auseinandersetzungen unbedingt vermeiden will. Gute Beispiele dafür sind der private Sozialbereich und der Metallbereich: Die Basis war streikbereit, hat das in den letzten Jahren auch gezeigt. Diesmal wurde auf Streiks verzichtet und der Abschluss lag weit hinter dem Nötigen.

Außerdem fanden die Streiks bei Brauereien, Telekom, Ordensspitälern und der eindrucksvolle 24-Stunden-Bahnstreik unabhängig voneinander statt. Welche Kampfkraft hätten wir, wenn diese Kämpfe branchenübergreifend zusammengeführt werden, z.B. durch eine gemeinsame Forderung von 15% für alle. Wenn beispielsweise der Metallbereich nicht abgeschlossen hätte, ohne dass die Forderungen auch im Handel umgesetzt werden. Ein gemeinsamer Streik hätte die Kräfte gebündelt und gezeigt, wer die Gesellschaft wirklich am Laufen hält. Im Frühjahr stehen wieder Lohnverhandlungen (Elektro, Chemie, FSW) bevor. Und wo schon abgeschlossen wurde, stellt sich die Frage, wie der Kampf für bessere Löhne abseits der regulären Verhandlungen fortgesetzt werden kann. Die zentrale Lehre aus dem Herbst ‘22 muss sein: Wenn die Gewerkschaft nicht dazu bereit ist, gemeinsam zu kämpfen, müssen sich aktive Beschäftigte und kämpferische Betriebsrät*innen an der Basis vernetzen und Ansatzpunkte dafür schaffen.

 

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