Türkei: Wahlsieg der Rechten

Fabian Linzberger

Bei den Wahlen in der Türkei am 18. April kam es zu einer Verschiebung des Kräfteverhältnisses nach rechts. Hauptthema war die Kurdenfrage (PKK-Chef Öcalan), der Grundtenor rassistisch.
Es gab zwei klare Sieger: Auf der einen Seite die faschistische MHP („Nationalistische Bewegungspartei“), die im Gegensatz zu den letzten Wahlen den Einzug ins Parlament schaffte. Sie erreichte 18,5 % der Stimmen und wurde zweitstärkste Fraktion. Der andere Gewinner war die DSP („Demokratische Linkspartei“) unter Ecevit, die mit 22,7 % stimmenstärkste Partei wurde und wieder ins Parlament einzog.
Gemeinsam war beiden Parteien ein klarer Kurs gegen die PKK und Öcalan. Die MHP leugnet sowieso kategorisch die Existenz des kurdischen Volkes, fordert die Hinrichtung von Öcalan und zeichnete sich durch rassistische Militanz aus. Durch die „Grauen Wölfe“ von der MHP kam es während des Wahlkampfes wiederholt zu tätlichen Übergriffen auf Wahlkonvois der pro-kurdischen HADEP. Die DSP positionierte sich durch die Entführung Öcalans ebenfalls klar.
Für die Verluste der klassischen bürgerlichen Parteien DYP und ANAP waren zusätzlich noch die Korruption und die erfolglose Regierungspolitik der Vergangenheit verantwortlich. Sie erreichten beide um etwa sechs Prozentpunkte weniger als bei den letzten Wahlen. Für die Islamisten (FP) wurde zum Problem, daß sich ihre Sozialpolitik keineswegs als eine so von jener der anderen Parteien verschiedene erwies. 1995 hatte viele, vor allem aus den verarmten Schichten stammende WählerInnen, die FP gewählt, in der Hoffnung, daß das soziale Verbesserungen bringen würde - diese wurden aber enttäuscht. Darüber hinaus gab das Militär zu verstehen, daß sie eine Regierungsbeteiligung der FP nicht dulden würden.

Linke Erfolge trotz Repression

Der ohnehin durch jahrelange Verfolgung geschwächten Linken wurden bei dieser Wahl ständig Prügel in den Weg gelegt. Ihre AktivistInnen, Mitglieder, FunktionärInnen wurden bedroht und verhaftet, besonders betroffen war die pro-kurdische HADEP. Vom Militär wurde sogar gedroht: „Wenn ihr HADEP wählt, brennen wir euer Dorf nieder“. Außerdem mußten viele Leute offen wählen; auch wurden HADEP-Wahlzettel auf Müllkippen gefunden. Zusätzlich behinderten Flüchtlingsbewegungen die Wahlen in den kurdischen Gebieten.
Die Hoffnungen der ÖDP, eines Zusammenschlusses diverser linker Organisationen, auf 3-5 % der Stimmen wurden enttäuscht. Sie erreichte nur 0,75 %. Auch dies hängt ursächlich mit den Anschlägen der „Grauen Wölfe“ und der staatlichen Repression zusammen. Die HADEP spekulierte sogar mit der Überwindung der 10%-Hürde (Parlamentseinzug). Sie blieb aber bei nur knapp 5%. Dennoch ist es angebracht, in diesem Zusammenhang von einem Erfolg zu sprechen. Da die HADEP - abgesehen von der ÖDP - als einzige auf Verhandlungen mit der PKK setzt und generell für die Rechte der KurdInnen eintritt, war sie massivem Terror ausgesetzt. Trotz aller Hindernisse erzielte die HADEP in den kurdischen Gebieten der Türkei 30 % und hat in mehr als 10 Städten bei den Bürgermeister-Wahlen den Sieg davon getragen (in der Vergangenheit hatte sie Regionalwahlen boykottiert)!
Ein Wahlergebnis, das also keinerlei Stabilität, dafür aber eine zunehmende Polarisierung widespiegelt.

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: