Streiken - ja, dürfen’S denn des? Teil II

Auch im Gesundheitsbereich sind Streiks möglich!
Herbert Wanko

Spätestens im Herbst wird die nächste große Belastungswelle auf uns zukommen. Neben Steuer- und Abgabenerhöhungen sollen 1,7 Mrd. Euro eingespart werden. Wie so oft in den letzten Jahrzehnten wird die Regierung auch diesmal wieder den Rotstift im Sozialbereich ansetzen. Im Gesundheitswesen sollen 35,7 Euro Mio. und im Sozialbereich 674,4 Mio Euro. eingespart werden. (Quelle: www.oe24.at, 18. 05. 2010).

Dies wird zwangsläufig zu einer Qualitätsverminderung in diesen Bereichen führen. Die Beschäftigten müssen mehr arbeiten, was bedeutet, dass sie weniger Zeit für die einzelnen PatientInnen oder KlientInnen haben.

Demonstrationen sind zu wenig

Dagegen muss gemeinsam und österreichweit gekämpft werden. Nicht nur die betroffenen Beschäftigten, sondern auch die betroffenen PatientInnen, KlientInnen und Angehörigen können mit solidarischen gemeinsamen Aktionen diese Kürzungen verhindern. Diese Kampfmaßnahmen dürfen sich nicht – wie so oft – auf Demonstrationen außerhalb der Arbeitszeit beschränken, sondern müssen den Willen zur Durchsetzung der Forderungen klar zeigen. Dafür gibt es nur ein adäquates Mittel: den unbefristeten Streik! Die ArbeitgeberInnen und bürgerlichen Medien behaupten oft, dass im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich nicht gestreikt werden darf, da dadurch die Betreuungspflichten vernachlässigt werden. Das stimmt nicht! Streik ist in allen Bereichen möglich, erlaubt und ein wirksames Mittel den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Gerade in sozialen Bereichen, deren Qualität ja alle Menschen betrifft, sind sogar Generalstreiks gegen Einsparungen möglich und sinnvoll.

Internationale Vorbilder

Wird in Krankenhäusern gestreikt, so werden selbstverständlich die nötigsten Behandlungen durch geführt und stationäre PatientInnen werden nicht auf die Straße gestellt. Aber viele Behandlungen oder nicht dringende Operationen können ohne Probleme auch mal aufgeschoben werden.

Wenn diese Streiks gut organisiert werden, können sie auch sehr erfolgreich sein. So kämpften 2003 in Uruguay KrankenpflegerInnen und ÄrztInnen für bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. Während dieses 56-tägigen Arbeitskampfes gab es einen eintägigen Vollstreik, viele Massendemonstrationen und 33 Tage lang Besetzungen mehrerer Krankenhäuser. Am Ende dieses Kampfes hatten die Beschäftigten fast 100 % ihrer Forderungen durchgesetzt. Im Februar 2010 streikten in Portugal KrankenpflegerInnen gegen die massiven Angriffe der portugiesischen Regierung, die vor allem auch den Gesundheitssektor betreffen. An diesem dreitägigen Streik für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen beteiligten sich 90 % des Pflegepersonals aus 20 Städten. Auch in Deutschland konnten SpitalsärztInnen sehr effizient ihre Interessen durch Kampfmaßnahmen vertreten.

Öffentliche Mobilisierung und Aufklärung entscheidend!

Für diese Arbeitskämpfe ist eine gute Streik- und Informationskampagne notwendig, in der mittels Flugblättern, Streikzeitungen etc. die PatientInnen, KlientInnen und Angehörigen informiert werden. Bei Streikversammlungen vor den bestreikten Betrieben kann der Bevölkerung der Grund des Streiks erklärt werden. Diese Infos dürfen nicht nur die Forderungen enthalten, sondern müssen auch vermitteln, wieso die Arbeitssituationen so prekär sind und welche Vorteile die Durchsetzung der Forderungen für alle haben. Im Sozialbereich streikten voriges Jahr in Deutschland bis zu 150.000 der 220.000 KindergärtnerInnen. Dieser Streik dauerte teilweise mehrere Wochen, was für viele Eltern nicht leicht zu bewältigen war. Trotzdem gab es weit verbreitete Solidarität unter den Eltern, die auch durch die Hetze in den bürgerlichen Medien nicht geschmälert wurde.

ÖGB muss voll hinter Streikenden stehen – dazu ist der da!

Eine wichtige Rolle in Arbeitskämpfen spielen natürlich die Gewerkschaften, denen es auf Grund ihrer Organisationsstruktur wesentlich leichter fällt, die Kommunikation zwischen den einzelnen Betrieben, sowie die Mobilisierung zu übernehmen. Leider nehmen die Gewerkschaften diese Aufgaben sehr oft nicht oder nur bedingt wahr, weshalb es heutzutage immer öfter notwendig wird, auch ohne deren Unterstützung Arbeitskämpfe zu führen. Ein gutes Beispiel dafür war der KindergärtnerInnen-Aufstand im vorigen Jahr, als mehrere tausend BetreuerInnen, Eltern und SympathisantInnen zu einer großen Demonstration mobilisiert wurden. Diese Selbstorganisation machte Druck auf die Gewerkschaften und die GPA musste die Forderungen unterstützen. Anders verhielt sich jedoch die GdG (Gewerkschaftliche Vertretung der GemeindekindergärtnerInnen), die die Protestierenden nicht nur nicht unterstützte, sondern versuchte einen Keil zwischen Gemeinde- und Privatbeschäftigte zu treiben. Damit wurde jegliche Solidarität und ein gemeinsamer Kampf um Verbesserungen für alle im Keim erstickt. Aber auch die Unterstützung der GPA hielt sich in Grenzen und die KindergärtnerInnen blieben weitgehendst auf sich alleine gestellt. Dies erschwerte es, die notwendigen Strukturen aufzubauen, die von den Demonstrationen zu einem echten Arbeitskampf hätten führen können. Schlussendlich wurden nur minimale Verbesserungen des Mindestlohntarifes erreicht, die von der GPA als guter Erfolg vermittelt wurden.

Es zeigt sich also, dass Selbstorganisation notwendig ist, um seine Rechte durchzusetzen.

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