Mi 01.10.1997
500 Liverpooler Hafenarbeiter kämpfen seit zwei Jahren um ihre Arbeitsplätze. Der Gegner ist die Mersey Docks and Harbour Company (MDHC). Am 28. September 95 wurden 420 Dockers entlassen, nachdem sie in einen Solidaritätsstreik getreten sind.
Bei der MDHC-Tochter-Firma wurden 80 Arbeiter gekündigt. Diese wollten sich gegen Überstunden ohne Bezahlung wehren und streikten. Die Arbeiter von MDHC unterstützten ihre Kollegen, obwohl sie wußten, daß die Firma sie wegen des Solidaritätsstreiks (ganz legal) kündigen darf. Die bekannte Streikbrecherfirma Drake International stellte neue Arbeitskräfte - aber natürlich zu weit schlechteren Bedingungen.
Der Hintergrund dieses Arbeitskampfes ist die Privatisierung der Häfen. Schon 1989 schaffte die konservative Regierung das staatliche Hafenarbeiterprogramm ab - alle Rechte von 100 Jahren gewerkschaftlichem Kampf waren auf einem Schlag weg. Mit strengen Anti-Gewerkschaftsgesetzen und der Unterstützung durch die Regierung konnten die Kapitalisten den darauffolgenden Streik der Gewerkschaft niederschlagen. Die Anerkennung der Gewerkschaften wurde abgeschafft, die Löhne reduziert und die Teilzeit- und Gelegenheitsarbeit in allen britischen Häfen eingeführt. In Liverpool hat sich die kämpferische Regionalorganisation der Dockers-Gewerkschaft TGWU (Transport and General Workers’ Union) erfolgreich gegen die Deregulierung gewehrt. Die MDHC provozierte diesen Arbeitskampf, der mit einer Aussperrung begann, um die Gewerkschaft von den Liverpooler Docks zu entfernen. Die kämpfenden Arbeiter von Liverpool werden von der nationalen Gewerkschaft TGWU nicht unterstützt. Die TGWU-Führung gibt den Dockern nur ein paar Almosen aus einem Sozialfonds. Die sozialdemokratische TGWU-Führung, verbunden mit der Labour Party, will sich an die Gesetze halten und boykottiert alle Solidaritätsaktionen von Gewerkschaften. Der britische Staat ist an der MDHC beteiligt, aber Blair weigert sich ebenfalls, sich für die Arbeiter einzusetzen. Die sozialdemokratische Regierung will die Anti-Gewerkschaftsgesetze beibehalten und scharf gegen Solidaritätsstreiks vorgehen. Die ausgesperrten Docker, deren einzige “Schuld” ist, keine Streikbrecher sein zu wollen, lehnten alle Angebote von MDHC ab, einen Teil der 500 Arbeiter als Gelegenheitsarbeitskräfte zu schlechteren Bedingungen wieder einzustellen. Eine international beispiellose Solidarität hat der entbehrungsreiche Kampf der Dockers und ihrer Familien hervorgerufen: Immerhin haben sie seit 2 Jahren kein Einkommen, sind auf Geldspenden der internationalen Gewerkschaftsbewegung angewiesen und stehen jeden Tag auf der Straße. Die Liverpooler Dockers haben gezwungenermaßen die Solidaritätskampagne selbst organisiert.
Bereits im Oktober 95 gründeten sie das “Merseyside Dockers and Shop Steward Committee” und schickten Delegierte rund um die Welt, um für Solidarität zu werben. Im Februar ‘96 fand die erste Dockers-Konferenz in Liverpool statt - mit Vertretern aus 17 Staaten. Die 2. Internationale Dockarbeiter-Konferenz in Montreal im August ‘97 beschloß Solidaritätsstreiks und -aktionen auf allen Kontinenten. Alle Schiffe, die für MDHC, die Streikbrecher- und ihre Tochterfirmen fahren, sollen bestreikt werden. Der MDHC haben die Aktionen der Dockers schon Millionen Pfund Verluste eingebracht. Aber es ist schon längst ein prinzipieller Kampf - die Hafenarbeiter in allen Ländern gegen die Privatisierung und Deregulierung. Es stellt sich immer wieder die Frage: Soll die Gewerkschaft Gesetze brechen, um kämpfende Arbeiter zu unterstützen? Auf die gewerkschaftsfeindliche Politik kann es nur eine Antwort geben: Internationale Solidarität und internationaler Kampf! Die Liverpooler Docker sind schon zum Symbol für eine neue internationale ArbeiterInnen- und Gewerkschaftsbewegung geworden.