Schwarz-Blaue Regierung mit Gegenwind konfrontiert

Schwarz-Blau 3 hat gelernt, ist aber dennoch instabil
Sonja Grusch, Bundessprecherin der SLP und führende Aktivistin auch in den Protesten 2000

Zwischen 5000 und 10.000 in Wien

Über 1000 am Schulstreik

500 in Salzburg

Über 2000 in Innsbruck

Bis zu 4000 in Linz (4.12.)

700 in Graz (16.12.)

Am Montag den 18. Dezember wurde die dritte schwarz-blaue Regierung in der Geschichte der 2. Republik angelobt. Die Parteichefs Kurz und Strache haben aus dem Korruptionsfiasko der Nullerjahre gelernt. Bewusst präsentieren sie sich Staatsmännisch, besetzen immerhin sechs Ministerien mit Frauen und berücksichtigen Wünsche des grünen Bundespräsidenten Van der Bellen. Doch all das ändert nichts daran, was diese Regierung tatsächlich ausmacht: Die Dichte von rechten Hetzern, verwurzelt in deutschnationalen Burschenschaften ist hoch. Das Regierungsprogramm trieft von Rassismus, Pauschalverurteilungen und Vorurteilen gegen Moslems/Muslimas und Flüchtlingen. So ist z.B. das Thema Gewalt gegen Frauen gleich bei Migration angesiedelt.

180 Seiten Angriffe verpackt in schöne Worte

In verschiedenen Bereichen plant die schwarz-blaue Regierung 2018, also 50 Jahre nach der 68er Bewegung, den „revolutionären Schutt“ weg zu räumen. An zahlreichen Stellen des Regierungsprogramms wird von „Heimat“, „Identität“ und „Werten“ gesprochen. Den christlichen Religionen wird verstärkt Raum im Staat gegeben und deren Wertvorstellungen z.B. bei Familie und dem Selbstbestimmungsrecht von Frauen übernommen. An den Universitäten soll es weniger Raum für linke, gesellschaftskritische Politik geben. Die „Volkskultur“ soll gefördert, in den Medien eine „Österreich-Quote“ eingeführt werden. Dass in beiden Fällen nicht die fortschrittlichsten Kulturschaffenden gemeint sind, davon ist auszugehen.

Besonders bedrohlich aber sind die wirtschafts- und sozialpolitischen Pläne der Regierung. Die Gewerkschaften sollen über die Verlagerung von Entscheidungen über z.B. einen 12-Stunden-Tag entmachtet werden, Jugendvertrauensräte werden gleich ganz gestrichen. Hartz 4 soll eingeführt werden, was bedeutet, dass de facto Menschen „ausgesteuert“ werden, also keine finanzielle Unterstützung mehr vom Staat erhalten. Veränderungen beim Arbeits- und Mietrecht werden zu Lasten von KleinverdienerInnen gehen. Große Pläne gibt es unter den Schlagworten „Entbürokratisierung“, „schlanker Staat“ und „Steuerreform“ und sie alle gehen in eine Richtung: Schutzmaßnahmen und Leistungen für Beschäftigte und sozial Schwache werden gekürzt und das Geld zur Finanzierung von Geschenken an Unternehmen verwendet werden.

Häufig findet sich auch der Begriff „Sanktionen“ oder eben Strafen, für „Leistungsunwillige“. Eltern von SchülerInnen die schwänzen, MigrantInnen die angeblich nicht „Integrationswillig“ sind (wobei auch festgehalten wird, dass eine Integration von Flüchtlingen nicht erwünscht ist) oder auch eine Hochschülerschaft, die zu kritisch ist sollen bestraft werden. Dafür gibt es Aufrüstung und Militarisierung. All das sind nur wenige Punkte aus dem 180 Seiten langem Regierungsprogramm. Wenn bürgerliche Kommentatoren beklagen, dass das Programm nicht „mutig“ genug wäre so übersehen sie, dass in den ersten vier Monaten 2018 noch vier Landtagswahlen zu schlagen sind. Auch in Oberösterreich hat die dortige schwarz-blaue Regierung mit vielen Maßnahmen bis nach der Nationalratswahl gewartet. Und die oftmals schwammigen Formulierungen bieten Raum für jede Menge brutaler Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse.

 

Potentiell Instabil

Diese Regierung wird sich mit Widerstand auf unterschiedlichen Ebenen konfrontiert sehen. Eine Ebene ist die interne – Kurz plant nicht nur Angriffe auf den öffentlichen Dienst (die er geschickterweise Strache durchführen lässt um das ÖVP-Klientel nicht direkt angreifen zu müssen) sondern auch Zentralisierungsmaßnahmen auf unterschiedlichsten Ebenen. Und das bedeutet eine Schwächung von Ländern und Gemeinden die den unzähligen ÖVP-PolitikerInnen gar nicht in den Kram passt. Denn das bedeutet weniger Geld zum direkt Verteilen und sich damit Beliebt machen und weniger Posten zum Vergeben. Hier sind Konflikte vorprogrammiert. Die FPÖ hat mit dem Shitstorm zum 12-Stunden-Tag auf Straches Facebookseite einen Vorgeschmack davon bekommen, wie unbeliebt sie sich mit den neoliberalen Kürzungsmaßnahmen bei einem Teil ihrer WählerInnenschaft macht. Auf Dauer und v.a. in der Regierung ist der Spagat zwischen der Selbstdarstellung als „Soziale Heimatpartei“ und der Realität von Sparmaßnahmen, Hartz 4 und steigenden Mieten nicht aufrecht erhaltbar. Auch werden die rechten Ideologen rassistische, frauenfeindliche bzw. „völkische“ Maßnahmen einfordern, die von Wirtschaftsseite nicht gewünscht sind. Kickl und Strache aber sind endlich auch in den Machtpositionen und bei den Futtertrögen angekommen und wollen dort bleiben. Auch wenn ein Knittelfeld sich nicht einfach wiederholt wird auch die FPÖ von inneren Spannungen nicht verschont bleiben.

Doch v.a. ist die wirtschaftliche Ausgangssituation nur oberflächlich betrachtet günstig. Das heimische Wachstum steht auf tönernen Füßen und ist abhängig von internationalen Entwicklungen. Die Spielräume für Steuergeschenke an die Unternehmen, die in Milliardenhöhe geplant sind, sind gering. Das österreichische Kapital setzt hohe Erwartungen v.a. bei der Senkung der Arbeitskosten in diese Regierung, deren Wirtschaftsprogramm sie maßgeblich mitgestaltet hat. Der „neue Stil“ den Kurz&Strache gerne präsentieren, eines scheinbar harmonischen Miteinanders, wird daher kein dauerhafter sein. Der Hoffnungsträger der heimischen Bourgeoise, Kurz, wird ähnlich rasch entzaubert sein, wie andere ähnliche Erscheinungen (Macron, Trudeau…).

 

Widerstand formiert sich

Am Tag der Angelobung haben in Wien 6-10.000 Menschen demonstriert. Bereits am Samstag davor hunderte in Graz, ebenfalls am Montag hunderte in Salzburg und knapp 2.000 im kleinen Innsbruck in Tirol. Und kurz davor waren auch in Linz bei mehreren Gelegenheiten 2. bzw. 4.000 Menschen gegen die schwarz-blaue Landesregierung auf die Straße gegangen. Selbstgemachte Schilder, Transparente und eine laute, kämpferische Stimmung prägten die Demonstrationen. Viele junge Frauen waren gekommen. Die unsozialen Pläne der Regierung, wie der 12-Stunden-Tag oder Studiengebühren, sind für viele der Grund, warum sie hier sind.

Die Medien versuchen natürlich einen plumpen Vergleich mit der Widerstandsbewegung von 2000, doch das dient v.a. dem Zweck die aktuellen Proteste lächerlich zu machen. Tatsächlich gab es aber einen SchülerInnenstreik und Studierendenproteste. Die Menschen auf der Straße waren weit mehr als „die Linke“, aufgefallen sind u.a. auch „Omas gegen schwarz-blau“ und viele andere „normale Menschen“ die – zu Recht – Angst vor der Regierung und ihrer Politik haben. Natürlich wird sich die Widerstandsbewegung von 2000 nicht einfach wiederholen. Doch das ist auch insofern gut, als es nötig ist, die Lehren aus ihr zu ziehen. Denn erfolgreich war sie ja nicht. Wenn also heute die „Veteranen“ von damals sogar mit dem historischen Transparent auf die Demos gehen, ist zu hoffen, dass sie bereit sind, auch die Schwächen der damaligen Bewegung zu sehen und daraus zu lernen. Gut war, dass eine ganze Generation politisiert wurde. Dafür gibt es auch diesmal Ansatzpunkte die sich v.a. in der starken Beteiligung von Jugendlichen an den Protesten zeigen. Nun ist es nötig sich zu organisieren. Viele suchen nach Vorschlägen und Ideen, was zu tun ist. Diskussionen sind daher wichtig. Doch nicht um ihrer selbst willen, sondern es geht darum, einen Plan zu entwickeln, WIE die Regierung und ihre Pläne gestoppt werden kann.

Schmerzlich vermisst wurden am 18. Dezember die Gewerkschaften. Auf der ÖGB-Homepage steht dazu: „An den angekündigten Protesten gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung wird sich der ÖGB nicht beteiligen oder dazu aufrufen, auch wenn einige Gewerkschaftsbereiche daran teilnehmen. ‚Wir werden das bewerten, seriös wie immer‘, so Foglar. Er erwartet, dass die Sozialpartner eingeladen und die Argumente gehört werden: ‚Weil dann kann man sich einiges an Friktionen ersparen.‘“ Das ist – gelinde gesagt – eine absurde Position. Die Gewerkschaftsführung will auf eine Einladung warten, dort (wenn sie kommt) ihre Punkte vorbringen. Diese werden weitgehend ignoriert werden und was dann? Die Pläne und Ziele der Regierung sind sonnenklar, da braucht es kein Zuwarten. Die Gewerkschaft hat die Verantwortung, die Mitgliedschaft über die brutalen Auswirkungen des Regierungsprogramms zu informieren, z.B. in Betriebsversammlungen. Und sie hat die Verantwortung, sich nicht nur an Protesten zu beteiligen, sondern diese aktiv zu organisieren. Tut sie es nicht, wird sich bei vielen Mitgliedern die Frage ihrer Existenzberechtigung d.h. der Mitgliedschaft stellen. Das Foglars Meinung von vielen GewerkschafterInnen nicht geteilt wird, war nicht nur online in Kommentaren, sondern v.a. auch durch die Teilnahme von GewerkschafterInnen bei den Protesten sichtbar. Der Aufbau einer kämpferischen Gewerkschaftslinken ist überfällig!

13. Jänner: bundesweite Großdemonstration!

Für den 13. Jänner wird zu einer österreichweiten Großdemonstration aufgerufen. Hier wird es darum gehen, all jene, die von den Regierungsplänen bedroht sind zusammen zu bringen. Es muss ein starkes Zeichen werden – und es muss mehr werden. Nämlich der Ansatz zur Organisierung von Widerstand, der die Maßnahme zurückschlägt. Dem brutalen Klassenkampf von oben muss entschlossener Klassenkampf von unten entgegen gesetzt werden. Dass wir uns dabei nicht auf irgendwelche der etablierten Parteien verlassen können hat die Tatsache gezeigt, dass ein Van der Bellen diese Regierung angelobt hat. Ohne auch nur irgendwas daran zu kritisieren, geschweige denn, sich an Protesten gegen sie zu beteiligen. Organisieren wir uns in Komitees gegen schwarz-blau. Zeigen wir auf, was die geplanten Maßnahmen für uns alle bedeuten. Helfen wir mit, Proteste in Schulen, Unis, in Betrieben und Dienststellen, bei Kultur- und Medien, unter MigrantInnen und Flüchtlingen, im Spitals-, Pflege- und Bildungsbereich und in den Gewerkschaften zu organisieren und zusammen zu bringen. Es ist nicht die Zeit, den Kopf in den Sand zu stecken, oder sich ins Private zurück zu ziehen. Es ist an der Zeit, sich zu organisieren. Komm zur SLP. Gemeinsam sind wir stärker und können an einer politischen und gesellschaftlichen Alternative zu dieser Regierung bauen.