Schöne neue Medienwelt?

Viele bunte Radios ... und trotzdem Einheitsbrei
Roman Seidl

Für den 1. April hat die Regierung sich diesmal eine ganz besonderen Scherz ausgedacht - und damit die Welt der elektronischer Medien in Österreich grundlegend verändert.  Ein Großteil der 42 mit einer Lokal- und 8 mit einer Regionallizenz bedachten Sender gingen in Betrieb. Von einer „neuen Vielfalt“ des Angebots kann aber keine Rede sein...
Alles begann 1993 mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Straßburg, das Österreich vorschrieb, das Rundfunkmonopol des ORF zu zerschlagen. Daraufhin machten sich ÖVP und SPÖ daran eine Lösung auszuarbeiten, die zwar dem Urteil entsprechen würde, aber möglichst wenig an der österreichischen Medienlandschaft verändern würde. Es kam zum Beschluß eines Regionalradiogesetzes, das 10 Sendelizenzen in Österreich ermöglichte die an ohnehin schon marktbeherrschende Medienkonzene vergeben wurden. Die Zahl von 10 möglichen Frequenzen war der Punkt an dem das Gesetz kippen sollte. Die Frequenzerhebung, die belegen sollte, daß es nur möglich wäre 10 Sender zu betreiben, ging von einem völlig überzogenen Frequenzbedarf des ORF aus und hielt daher den auf die Vergabe der 10 Frequenzen folgenden Verfassungsgerichtshofklagen von Seiten derer, die keine Lizenz bekommen hatten (sowohl andere kommerzielle als auch nichtkommerzielle Projekte), nicht stand.  Nur in der Steiermark und in Salzburg konnte je ein Sender in Betrieb gehen, da diese die Kläger schlicht und einfach mit Firmenanteilen „kauften”. In der zweiten Fassung des Regionalradiogesetzes waren dann plötzlich 50 Frequenzen möglich.
 Die Frequenzvergabe wurde wiederum streng nach dem althergebrachten Mittel der Machtaufteilung abgewickelt. „Stimme ich einem schwarzen Sender zu, so tust du das bei einem roten” war das Motto. Traurig ist nur, was die SPÖ als “roten” Sender sieht. “Rot” ist ein Sender z.B. dann, wenn sich Krone und Bank Austria daran beteiligen (88.6). Es kam zu keinerlei Versuchen medienpolitische Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Probleme von Medienkonzentration und Finanzinteressen auch nur ansatzweise ausgleichen könnten. In ganz Europa und auch in den USA gibt es sogenannte “Community radios”, “Offene Kanäle” oder “Freie Radios”, die aus Gebühren für die kommerziellen Anbieter gefördert werden und politischen und kulturellen Initiativen Sendeflächen und Infrastruktur zur Verfügung stellen. Die Existenz freier Radios in Österreich, vor allem in Wien, ist eher ein proporzbedingtes Nebenprodukt, denn eine klare medienpolitische Zielsetzung. In Wien erhielt das “Freie Radio in Wien - Radio Orange” im Endeffekt wohl nur deshalb eine Lizenz, weil die ÖVP darauf drängte der Erzidiözese Wien mit “Radio Stephansdom” eine Lizenz zu bewilligen und es ja dann auch ein “rotes” nichtkommerzielles Gegenstück geben mußte.
Es ist fraglich, ob eine derartige „Liberalisierung”, bei der sich die elektronischen Medien in Zukunft jeglicher demokratischer Kontrolle entziehen werden, die große „Freiheit” bedeutet. Es ist wohl eher nur die Freiheit ohnehin schon marktbeherrschender Medienkonzerne ihre Macht auch noch auf den Rundfunk auszuweiten.

Unser “Rundfunk-Programm”:

Die SOV steht für eine demokratische Kontrolle der ArbeitnehmerInnen über die Massenmedien. In diesem Zusammenhang haben wir die Zerschlagung des staatlichen Rundfunkmonopols stets abgelehnt. Die sogenannte “Liberalisierung bedeutet tatsächlich ein defacto (Des-)Informationsmonopol für die großen Medienkonzerne. Natürlich war und  ist auch der ORF ein Organ der Herrschenden. Aber ein öffentlicher Rundfunk, der von einer echten (!) Hörer- und SeherInnenvertretung kontrolliert würde, könnte tatsächlich die Basis einer vielfältigen Informationskultur im Interesse der breiten Bevölkerungsmehrheit sein.

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