Rote Seitenblicke

Fabian Lehr

Am 1. Mai ist es wieder soweit: Die SPÖ-Bürokratie tritt zur Selbstbeweihräucherung an. In feierlichem Ritus werden wir dasselbe hören wie jedes Jahr: Faymann, Häupl und Höflinge beschwören auf dem Wiener Rathausplatz die beste aller möglichen Welten, regiert vom weisesten aller Kanzler und dem besten aller Bürgermeister. Der Zynismus fällt den SP-Politdinosauriern wahrscheinlich gar nicht auf: sich als Partei der arbeitenden Menschen feiern zu lassen, während man zugleich den Sozialkahlschlag vorantreibt. Und sich als Bollwerk gegen die FPÖ zu präsentieren, während man selbst deren rassistische Politik umsetzt!
Was angesichts dessen, zu was der 1. Mai verkommen ist, leicht in Vergessenheit geraten kann: Der 1. Mai ist in seiner Geschichte das Gegenteil einer staatstragenden Jubelparade für bürgerliche Sozialkürzungspolitik gewesen. Der 1. Mai war der Kampftag der klassenbewussten ArbeiterInnen. Seine Wurzeln liegen im Kampf für den Achtstundentag - den auch die SPÖ hartnäckig auszuhöhlen versucht. Wenn die ArbeiterInnen und Armen in Österreich wieder einen 1. Mai haben sollen, der wirklich ihnen gehört und nicht dem bürgerlichen Staat und der SP-Bürokratie, dann müssen sie gerade diesen früher stets mit Streik verbundenen Tag wieder zurück erobern. Beispielsweise durch Solidarisierung mit realen Arbeitskämpfen wie dem Widerstand von KrankenpflegerInnen in "Care Revolution". So kann der Kürzungspolitik und den SP-Spitzen in die Suppe gespuckt werden.

 

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