Norwegen: Wie soll die ArbeiterInnenbewegung den rechtsextremen Terror beantworten?

Per-Åke Westerlund (CWI Schweden)

Das Massaker des rechtsextremisten Anders Behring Breivik auf Utøya ist einzigartig in seiner Grausamheit mit 85 Toten und 67 Verletzen, und vier, die immer noch vermißt werden. Heute (am 24.7.) herrschen Schock und Trauer vor. Gleichzeitg müssen viele Fragen beantwortet werden. Was steckt hinter dem rechtsextremen Terrorismus? Wie soll die ArbeiterInnenbewegung antworten?

Seit 10 Jahren plante der Terrorist Behring Breivik seine Tat, welche die Methoden zwei seiner rechtsextremen Vorgänger, des Oklahomabombers Timothy McVeigh und der Amokläufer der Columbine High School kombinierten. Gleich Mcveigh baute Behring Breivik eine enorme Bombe und wie die Amokläufer jagte er kaltblütig seine Opfer.

Die Terrortat in Oslo hatte zum Ziel, maximale Aufmerksamheit zu bekommen. Die Bombe verwandelte Straßen und das Viertel um die Regierungsgebäude beim Youngstorget in Ruinen. Es wird nun davon gesprochen, daß das Hochhaus des Staatsministers abgerisen werden muß. Sieben Personen wurden getötet, aber die Polizei sucht nach weiteren Opfern.

Alle Polizeikräfte wurden ins zentrale Oslo abberufen. Zur gleichen Zeit begab sich der Täter an sein Hauptziel, das Juso-Lager auf Utøya. Er gab vor, ein fürs Lager abgestellter schwer bewaffneter Polizist zu sein, mit dem Auftrag, die Insel vor Angriffen zu schützen. Angekommen, richtete er 1,5 Stunden kaltblütig Menschen hin, rief "Ihr sollt alle sterben", begleitet von Jubelrufen.

Während Behring Breivik in einer halben Stunde zum Lager fuhr, brauchte die Polizei 1,5 Stunden zur Ankunft. Als sie auf der Insel waren, kapitulierte der Terrorist sofort.

Einige Stunden zuvor mailte Anders Behring Breivik ein 1500 Seiten langes rechtsextremes Manifest an ausgewählte EmpfängerInnen, ebenso plazierte er einen Film auf Youtube. Das Manifest besteht auch aus einem Tagebuch, welches bereits 2002 begonnen wurde. Die zwei Hauptteile geben über seine Haßobjekte Auskunft: "1. The rise of cultural marxism" (Der Aufstieg des Kulturmarxismus) und "2. Islamic colonization." (Die islamische Besiedelung).

Behring Breivik haßte den Marxismus, den Internationalismus und den Islam, und bekannte schnell seine Taten. Er hat sich im Internet als konservativ bezeichnet; eher Nationalsozialist als neoliberal. Er ist aktiver Christ, war Freimaurer und von 1999-2006 aktiv in der rassistischen Fortschritspartei, bis vor kurzem die zweitstärkste Partei des Landes. Er hat auch Bewunderung für den islamophoben Geert Wilders ausgedrückt und versucht, einen norwegischen Ableger der dort bisher unbekannten English Defence League aufzubauen. Er war auch auf der schwedischen Nazi-Website nordisk.nu aktiv.

Die sozialdemokratische ArbeiterInnenpartei und deren Jugendverband AUF waren das Ziel der Terrortat. Es gibt deshalb großen Anlaß für Gewerkschaften, SozialistInnen und linke Organisationen, zu diskutieren und die Initiative zu übernehmen. Die Rechte dagegen ist uneins, was sie sagen soll. Sowohl der Pressesekretär der SchwedendemokratInnen als auch die Titelseite des "Svenska Dagbladet" (wichtige schwedische Tageszeitung, Anm.) am Samstag sowie Henrik Brors in "Dagens Nyheter" (etwa wie FAZ, Anm.) hatten schnell Islamisten als Täter im Visier.

Jetzt geben die SprecherInnen der Rechten und der bürgerlichen Parteien ihr Bestes, um Extremismus im Allgemeinen zu verdammen, ohne Behring Breiviks konservatives Umfeld zu beachten. Sie ziehen es vor, abstrakt von der Verteidigung der Demokratie zu reden und an den norwegischen Nationalismus der Menschen zu appelieren. Der Leitartikel der "Dagens Nyheter" vom Sonntag, der vorgibt, von Oslo zu handeln, spielt das Attentat mit einem Vergleich mit dem Linksextremismus herunter. Fakt ist, daß sowohl Berhing Breivik als auch Al-Qaida Rechte sind - sie richten sich gegen die ArbeiterInnenbewegung, demokratische und Frauenrechte. SozialistInnen dagegen sind GegnerInnen von Terrortaten beider, genauso wie vom Staatsterror, der vom US-Imperialismus und seinen Allierten ausgeht.

Die Terrortat vom Freitag ist mindestens genauso erschütternd für Norwegen wie der 11. September für die USA und der Mord an Olaf Palme für Schweden. In Norwegen drückte sich die Solidarität mit den Opfern sofort aus, als BootsbesitzerInnen ihr Leben riskierten, um das Leben derjenigen, die von Utøya flüchteten, zu retten. Berge von Blumen wurden vor sozialdemokratische Parteibüros und Kirchen gelegt. Es wird ein wachsendes Potential von ArbeiterInnen und Jugendlichen geben, die bereit sind, sich zu engagieren.

Terrorismus ist im Grunde ein Produkt der gesellschaftlichen Entwicklung. Die früheren stabilen Wohlstandsgesellschaften in Norwegen und Schweden sind ausgehöhlt worden, mit zunehmender Ungleicheit und neuen Ungerechtigkeiten zur Folge. Ohne eine Alternative der kämpfenden ArbeiterInnenorganisationen, wird RassistInnen und rechtsextremisten Raum gegeben, um sich Sündenböcke auszusuchen. RassistInnen, Nazis und christliche FundamentalistInnen geben der ArbeiterInnenbewegung, den SozialistInnen und MigrantInnen die Schuld. Die etablierten PolitikerInnen eben den Weg dafür, indem sie Flüchtlinge unmenschlich behandeln und die Solidarität mit Angriffen auf Kranke, Arbeitslose u.a. untergraben.

Um den Terrortaten die Grundlage zu entziehen, bedarf es einer kämpferischen ArbeiterInnenbewegung auf internationalem Niveau. Es bedarf eines Kampfes gegen Terrorismus, Krieg und kapitalistische Globalisierung. Dieser beginnt jetzt mit der Mobilisierung gegen die Terrortat und für eine sozialistische Alternative.

Übersetzung: Stefan Godau