Nazis tanzen, AntifaschistInnen verboten – der WKR- Skandal

Vorwärts sprach mit Jugendlichen, die von der Repression am 29.1. betroffen sind.
Sebastian Kugler

<meta http-equiv="CONTENT-TYPE" content="text/html; charset=utf-8" /> <title></title> <meta name="GENERATOR" content="OpenOffice.org 3.0 (Unix)" /> 600 schwer bewaffnete PolizistInnen, zwei Wasserwerfer, 673 angekündigte Anzeigen. Demgegenüber etwa 1000 AntifaschistInnen, ein Großteil davon Jugendliche. Warum? Weil sie in Wien gegen einen Ball demonstrieren wollten, bei dem sich jährlich in der Hofburg die Creme de la Creme der europäischen rechtsextremen Szene trifft. Nach einigem Hin- und- Her erklärte die Polizei die Versammlung für illegal und kesselte hunderte ein.

Für viele war die Situation am Westbahnhof chaotisch, verwirrend und einschüchternd. Die SLP sammelte mit einem kleinen, aber kämpferischen und lautstarken Block DemonstrantInnen um sich, die von der Taktik der Autonomen eingeschüchtert waren und sich vor Polizeiübergriffen fürchteten. Unser geschlossenes Auftreten gab der Polizei nicht die Möglichkeit, willkürlich loszuprügeln, wie sie es gegen Einzelpersonen machten. "Die gezielte Eskalation der Demo war ein bewusster Schachzug, damit am Ende die AntifaschistInnen die 'Bösen' waren, während von den FaschistInnen in der Hofburg keiner mehr spricht" empört sich Mario, 19, der an der Demonstration teilnahm. „PolizistInnen reagierten selbst auf einfache rechtliche Fragen von friedlichen DemonstrantInnen mit Beschimpfungen. Man konnte eindeutig heraushören, dass es nicht Ziel war, die Versammlung so ruhig und sicher wie möglich aufzulösen!“ erzählt Tessa, 19, von ihren Erfahrungen.

Der Mangel an Organisation war eine Schwäche. Es gab kein gemeinsames Vorgehen und keine Information über den Lautsprecherwagen. Es wurde kaum versucht, die umliegende Bevölkerung einzubinden, um breitere Solidarität zu erlangen. Mit einer Demoorganisation hätten wir Solidarität von außen organisieren können. KrankenpflegerInnen und ÄrztInnen, die auf der Demo waren, hätten zu einem Sanitätsteam zusammengefasst, politische Solidaritätserklärungen organisiert werden können...

Fakt ist, dass der Ball unbehelligt stattfand, während draußen Menschen grundlegende politische Rechte entzogen wurden. Wen wundert es da noch, dass die PolizistInnen derweil durch die AUF (FPÖ-Gewerkschaftsfraktion) mit Essen und warmen Getränken versorgt wurden; immerhin durften die FPÖ und ihre Burschenschaftler-Freunde ja auch, dank dem Vorgehen der Polizei, in Ruhe feiern...

Hauptschuld an diesem Skandal trägt die SPÖ. Sie dominiert bei der Wiener Polizei, die für das Demoverbot verantwortlich ist. Sie hat keine Probleme, Rechtsextremen öffentliche Gebäude zu überlassen. Als er nach diesem Punkt gefragt wurde, antwortete Bürgermeister Häupl wörtlich: "Das werde ich mir dann anschauen."

Vergangenen Herbst demonstrierte eine Gruppe radikaler Abtreibungsgegner gegen die Feierlichkeiten im Rathaus zum 30- jährigen Bestehen einer Abtreibungsklinik. Daraufhin musste der Empfang in den Rathauskeller verlegt werden. Was das mit den Ereignissen rund um den WKR- Ball 2010 zu tun hat? Dieser musste trotz einer weit größeren Gegenmobilisierung nicht verlegt oder gar abgesagt werden.

"Es ist eine Schande, dass in der Hofburg Europas Nazis Walzer tanzen, und der Bevölkerung nicht einmal das Recht gegeben wird, ihren Ärger kund zu tun!", sagt Mario abschließend. Er spricht damit aus, was sich viele nach diesem Skandal denken.

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