Naher Osten: Freiheit durch Sozialismus

Jan Rybak

Die Erstürmung der Gaza-Hilfsflotte durch die israelische Armee hat weltweit zu riesigen Protesten geführt und die Weltöffentlichkeit wieder auf den kleinen Streifen Land zwischen Israel und Ägypten gelenkt. Viele Menschen stellen sich die Frage: wie kann der Teufelskreis aus Besatzung, Terror und Blockade durchbrochen werden?

Ein riesiges Gefängnis

1,5 Mio. Menschen leben seit Beginn der Blockade im September 07 im größten Freiluftgefängnis der Welt. Nach dem Wahlsieg der Hamas im Jänner 07 und ihrer Machtübernahme im Gazastreifen haben Israel und – wenn auch in geringerem Ausmaß – Ägypten eine Blockade verhängt. Das bedeutet Einschränkungen bei der Trinkwasser- und Elektrizitätsversorgung. Lebensmittel, Medikamente, Treibstoff und Baumaterial werden nur in unzureichendem Ausmaß gewährt. Das hat die soziale Lage im Gazastreifen unerträglich gemacht. 81% der Menschen leben unter der Armutsgrenze. 70 % haben keinen ausreichenden Zugang zu Nahrungsmitteln, fließendes Trinkwasser gibt es nur 2-3 Stunden täglich.

Die israelische Regierung argumentierte, mit der Blockade die Macht der radikalislamischen Hamas einschränken zu wollen. Tatsächlich werden 1,5 Mio. Menschen kollektiv für ein den israelischen Herrschenden nicht genehmes Wahlergebnis bestraft. Der Effekt ist das genaue Gegenteil des vorgegebenen Ziels. Die Blockade und die regelmäßigen Angriffe durch die israelische Armee und Luftwaffe treiben die Menschen noch stärker in die Armee der Hamas.

Die Hamas – Produkt der Besatzung

Die Hamas selbst entstand als Reaktion auf die anhaltende Besetzung und Aggression durch die israelische Armee. Die Schwächung der palästinensischen Linken in den 90er Jahre gab die Bühne für islamisch-fundamentalistische Kräfte frei. Die Korruption der Fatah und ihre Kooperation mit den israelischen Behörden gegen palästinensische KämpferInnen hat sie in den Augen zahlreicher PalästinenserInnen diskreditiert.

Der Hamas gelang es, sich als die konsequentesten Kämpfer gegen die israelische Besatzung darzustellen. Außerdem durch soziale Maßnahmen, wie den Bau von Krankenhäusern und Schulen und Zahlungen an verarmte Familien einen kleinen Teil der durch Besatzung und Blockade entstandenen Not zu lindern. Nichtsdestotrotz handelt es sich nicht um eine Wohltätigkeitsorganisation sondern um eine in ihrem Kern islamistische und reaktionäre Kraft.

Die israelischen Herrschenden sind maßgeblich für die Stärkung der Hamas verantwortlich - der Stern der Hamas war in den Monaten vor der Erstürmung der Gazaflotte im Sinken. Die brutale Reaktion der israelischen Armee auf den Versuch die Seeblockade zu durchbrechen hat den Einfluss der Hamas im Gazastreifen wieder gestärkt.

Welcher Weg vorwärts?

Weltweit gingen Hunderttausende gegen die Erstürmung der Gaza-Hilfsflotte auf die Straße. So wichtig internationale Massenproteste sind – der Kampf für Frieden und Gerechtigkeit kann nur in der Region selbst gewonnen werden. In Tel Aviv demonstrierten nur wenige Tage nach dem Angriff über 10.000 JüdInnen und AraberInnen gegen die Kriegs- und Besatzungspolitik der rechten Regierung. Zehntausende folgten in anderen Städten Israels, im Westjordanland, dem Libanon, Syrien, etc. Die gemeinsamen Proteste über religiöse und ethnische Grenzen hinweg in Israel weisen den Weg nach vorn. Die Politik der israelischen herrschenden Klasse von Blockade und militärischer Aggression hat in Jahrzehnten nicht zu Sicherheit für die jüdische Bevölkerung geführt. „Israel ist heute mit Sicherheit einer der unsichersten Orte für JüdInnen in der ganzen Welt“ so eine jüdisch/israelische Marxistin. Die herrschende Klasse in Israel zieht ihre politische Existenzberechtigung aus dem Kampf gegen die PalästinenserInnen. Dafür werden Milliarden in die Rüstung gesteckt und bei Löhnen und Sozialausgaben gekürzt. Auch die Hamas hat keine erfolgreiche Strategie im Kampf für soziale und demokratische Rechte der PalästinenserInnen. Tatsächlich haben weder die Herrschenden in Israel noch die Köpfe und Financiers der Hamas ein echtes Interesse an einem gerechten Frieden. Alleine die Massen der palästinensischen und jüdischen ArbeiterInnenklasse wollen wirklich Frieden. Sie alleine sind es auch, die diesen erkämpfen können.

Maavak Sozialisti / Harakat Nidal Eshtaraki (Sozialistischer Kampf, die Schwesterorganisation der SLP in Israel/Palästina) steht für den Zusammenschluss von ArbeiterInnen und Jugendlichen arabischer wie jüdischer Herkunft. Will die Friedensbewegung wirklich erfolgreich sein, muss sie mit den Herrschenden brechen und über die Grenzen des Systems hinausgehen. Auf Grundlage des Kapitalismus ist Frieden unmöglich. Darum stellt das CWI die Losung nach einer freiwilligen sozialistischen Föderation des Nahen Ostens – die ein sozialistisches Israel und ein eben solches Palästina beinhalten soll - auf.

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