Menschen zweiter Klasse?

Behindert „ist“ ein Mensch nicht einfach körperlich, seelisch oder geistig, behindert „wird“ ein Mensch auch durch soziale, gesellschaftliche und Umweltbeeinträchtigung. In Österreich leben ca. 1,6 Mio. Menschen zwischen 16 und 64 mit Behinderung (die meisten BrillenträgerInnen fehlen bei der Zahl). „Behinderung“ ist keine Randerscheinung. 2007 bezogen 446.676 Menschen Invaliditätspension, 335.072 Pflegegeld.

94.426 Menschen sind „begünstigte Behinderte“ (Behinderungsgrad laut Bundessozialamt mindesten 50 %), 67 % sind in einem Beschäftigungsverhältnis. Von diesen sind 34 % sind im engeren Sinn erwerbstätig. Aber: Von den 16.459 Unternehmen, die begünstigte Behinderte einstellen müssten, kommen dem nur 22,7 % nach, nur ca. 65 % der 93.000 Pflichtstellen am ersten Arbeitsmarkt sind besetzt.

2008 arbeiteten ca. 19.000 Menschen in Werkstätten, viele haben nur eine Lernbehinderung. Sie bekommen ein „Taschengeld“ zwischen € 25 und € 250/Monat. Die Arbeit ist verpflichtend und keineswegs nur „basteln“ - produziert wird u.a. für Hilti, Kurkonditorei Oberlaa, Konica Minolta, Air Fire Tech, Internorm, Topic und das Unfallkrankenhaus Linz. Die verdienen daran und bekommen noch kostenlose Prestige-Werbung.

Laut einem Bericht der Bundesregierung würden 59 % der Männer und 61 % der Frauen mit Behinderung ohne Sozialleistungen unter der Armutsschwelle leben. Doch auch so sind 124.000  (13 %) der Betroffenen manifest arm – das ist doppelt so viel wie in der Gesamtbevölkerung. Die Armutsgefährdungsquote liegt in der Gesamtbevölkerung schon bei 13 %, bei behinderten Menschen ist sie mit 17 % noch höher.

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