Korruption: Nicht nur Kärnten ist ein Sumpf!

Die aktuellen Kärntner Korruptionsfälle erzürnen viele Menschen. ArbeitskollegInnen oder FreundInnen, die sich wochenlang nicht zur Politik geäußert haben, sprechen einen an und machen ihrem Ärger Luft. Die Wut ist sehr groß – vor allem in Kärnten. Die ak
Michael Gehmacher

Für eine starke Antikorruptionsbewegung!

Noch gibt es keine große Antikorruptionsbewegung. Es gibt auch derzeit noch keine politische Organisation, die aus der Wut eine starke Bewegung machen würde. Die Grünen decken zwar einiges auf und versuchen Druck zu machen, erreichen aber im Wesentlichen nur ihr eigenes Klientel. Auch eine eigenständige Gruppe von aktiven KärntnerInnen die Druck auf die Politik macht, gibt es nicht. Noch nicht, denn die diversen Gerichtsprozesse (Hypo, illegale Parteifinanzierung, usw.) gehen weiter, schon am 6.12. soll im Birnbacherprozess Stefan Petzner aussagen. Weitere Gerichtstermine und Prozesse könnten die Wut so steigern, dass es zu einer unabhängigen Antikorruptionsbewegung in Kärnten kommt. Mit Demonstrationen, Prozessbegleitung, Protestaktionen bei diversen Feuerwehrfesten, lokalen Kundgebungen, massenhaften Besuchen von FPK-Sprechstunden, usw. könnte jetzt eine starke Bewegung aufgebaut werden.

Es wäre die Aufgabe der Linken eine solche Bewegung anzustoßen und mit aufzubauen. Die SLP in Kärnten ist dazu noch zu schwach, andere linke Gruppen zu passiv oder zu sehr Teil des politischen Systems in Kärnten.

Das „System Haider“ fällt nicht von selbst zusammen...

Schon oft wurden die etablierten Parteien von schweren Korruptionskrisen geschüttelt, schon oft wurde uns vor Augen geführt, wie korrupt das gesamte Establishment ist. Aber es hat sich auch gezeigt, dass sie sich immer wieder aufrappeln können, wenn es keine starke Bewegung gegen sie gibt. Wer auf einen Kollaps der FPÖ aufgrund ihrer eigenen Fehler gehofft hatte, wurde von mal zu mal enttäuscht.

Mit der Verschärfung der kapitalistischen Krise wird der Korruptionssumpf nicht verschwinden sondern größer werden. Neue Parteien, die wieder nur die Interessen der Unternehmen vertreten werden das Problem nicht lösen.

Angesichts von Figuren wie Martinz und Scheuch rufen viele Menschen nach Alternativen.

Aber neue Listen à la Hans Peter Martin brauchen Geld und Sponsoren, und gerade die Liste HPM beweist wie schnell scheinbare politische Alternativen mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert sein können. Um den österreichischen Korruptionssumpf trocken zu legen braucht es eine starke Antikorruptionsbewegung und eine neue linke ArbeiterInnenpartei. Eine Partei die in kompletter Opposition zum herrschenden System steht und deren RepräsentantInnen „nur“ das Gehalt eines/r FacharbeiterIn bekommen.

Gewerkschaften und Belegschaften betroffener Betriebe müssen aktiv werden!

Egal von welcher Seite man es betrachtet: Korruption trifft ArbeitnehmerInnen! Es ist absurd, dass NormalbürgerInnen Sparpakete akzeptieren müssen, während sich Parteien über überteuerte öffentliche Aufträge und Rückzahlungen Millionen von Euro einstecken. Es ist genauso absurd, dass BetriebsrätInnen und Gewerkschaften um Mini Gehaltserhöhungen verhandeln, während gleichzeitig ganze Wahlkämpfe finanziert und Ex-Politiker mit Unsummen ausgestattet werden. Es wäre daher im ureigensten Interesse von Gewerkschaften eine Anti-Korruptionsbewegung zu unterstützen oder aufzubauen. Gerade in Kärnten müssten Gewerkschaften darauf aufmerksam machen, dass die Beschäftigten von Hypo, Landesholdig, den Spitälern und vielen anderen Bereichen, Opfer der Korruption sind und nichts mit den Machenschaften ihrer Chefs zu tun haben. Viele ÖGB-Mitglieder fragen sich ärgerlich: Wie kann der ÖGB zB, den Personalabbau bei der Telekom akzeptieren während gleichzeitig dieser Konzern in unzählige Koruptionsskandale verwickelt ist? Korruptionsskandale, bei denen es um Summen geht mit denen richtige Lohnerhöhungen finanziert und Arbeitsplätze erhalten werden könnten.

Eine zentrale Forderung einer Antikorruptionsbewegung muss daher die Rückzahlung aller Bestechungsgelder sein.

Aus einer Antikorruptionsbewegung aus betroffenen Belegschaften und Gewerkschaften müssten unabhängige Untersuchungskomitees auf lokaler und betrieblicher Ebene gebildet werden. Komitees, die die Vorwürfe tatsächlich untersuchen. Dazu müssen die betroffenen Firmen, Verwaltunsgbehörden, öffentliche Betriebe und unter Verdacht stehende Parteien ihre Bücher, ihre Konten und Kassen öffnen. Auch wenn einzelne StaatsanwältInnen und ErmittlerInnen persönlich sehr motiviert arbeiten, die Beispiele rund um Grasser und viele andere zeigen, dass die Justiz nicht unabhängig sondern Teil des politischen Systems ist. Der Justiz kann bei diesem Korruptionssumpf nicht vertraut werden.

Für eine neue linke ArbeiterInnenpartei in Österreich

Eine neue linke Partei ist schon als echte Alternative zu rotgrün einerseits und schwarzblauorange andererseits nötig. Aber auch im Kampf gegen Korruption wäre eine solche Partei ein wichtiges Werkzeug. In der aktullen Situation besteht die große Gefahr, dass neue populistische Parteien hochkommen oder sogar die FPÖ selbst vom (selbst mit erzeugten) Korruptionssumpf profitiert. Um den Einflussbereich unterschiedlicher Interessengruppen zu sichern, können schon bald neue politische Gruppen bzw. Wahllisten auftauchen: Neue bürgerliche Gruppierungen, rechtsextreme Listen, Abspaltungen von FPK, BZÖ usw. Diese Gruppierungen werden entweder nur von einzelnnen Großkapitalisten à la Stronach gesponsert, oder werden sich sehr schnell aus öffentlichen Töpfen bedienen. Eine starke Antikorruptionsbewegung müsste sich mit Bewegungen gegen Sozialabbau, der Antiabschiebungsbewegung, und lokalen Bewegungen wie der Plattform 25 oder der Initiative gegen die Privatisierung des LKH-Graz West zusammen tun. Damit gäbe es einen ersten wichtigen Ansatz für die Herausbildung einer neuen linken ArbeiterInnenpartei in Österreich.

Worum geht’s bei der aktuellen Form der Korruption?

Spricht man mit FreundInnen oder Bekannten, so laufen die Gespräche immer nach dem gleichen Schema ab. „Wir haben eh gewußt, dass es so arg ist aber jetzt wos einer zugibt ist man doch schockiert“ Dieser Satz fällt so oder so ähnlich fast in jedem Gespräch. Tatsächlich ist Korruption kein „Kärntnerphänomen“. Schon die Aussage des Ex-Kärntner ÖVP-Chef Martinz, er wollte „bei Ernst Strasser nachfragen“, zeigt dass „Parteienfinanzierung à la Birnbacher“ weiter verbreitet sein dürfte. Ernst Strasser war schließlich Landesparteisekretär der ÖVP -Niederösterreich, bevor er unter Blauschwarz sein Unwesen im Innenministerium treiben durfte. Zwei Grundarten der Korruption stehen derzeit in Österreich besonders zur Debatte. Beim Birnbacher Prozess geht es um eine Art von Korruption, wo Parteien aus eigenem Antrieb illegal Geld aus der öffentlichen Hand lukrieren wollen. Bei der zweiten Art liegt die Motivlage bei großen Konzernen (wie der Telekom oder der EADS) die, um Profite machen zu können in Politiker „investieren“. Von beiden Arten hat das BZÖ bzw. FPK – aber auch andere Parteien- besonders profitiert. Wenn nur ein Bruchteil der aktuellen Vorwürfe an BZÖ und FPK wahr sein sollte, zeigt dies auch deutlich die Grenzen der parlamentarischen Demokratie auf. Zur Erinnerung: mit 4,1% schaffte es das BZÖ (damals mit dem heutigen FPK) nur extrem knapp in den Nationalrat. Im Wahlkampf gab das BZÖ Unsummen an Geld aus - wieviel davon mit Korruption lukriert wurde ist heute noch unklar. Mit ziemlicher Sicherheit aber hätte das BZÖ mit einem „normalen“ Budget den Einzug in den Nationalrat verpasst. Große Geldgeber können also auch über Korruption das Schicksal eines Landes oder Bundeslandes bestimmen. Das österreichische politische System ist derart in der Krise, dass ohne starke Gegenbewegung, neue bürgerliche Systemparteien sich wieder aus öffentlichen Geldern bedienen würden. Im Zuge der kapitalistischen Krise wird aber auch die konzernmotivierte Korruption stark zunehmen. In Zeiten der Krise ist das Kapital kaum mehr bereit in Produktion zu investieren. Geschieht dies doch, so wollen die Konzerne meistens sichere Abnehmer und sichere Profite. So versuchen sie über „legales“ Lobbying und/oder „illegale“ Bestechung, Politiker dazu zu bringen, neue Projekte zu beschließen und die Produkte ihres Konzerns zu verwenden. Gerade im „Law and Oder“ Bereich fließen Unsummen. Wird zB, eine europäische Innenstadt mit kompletter Videoüberwachung ausgestattet, so schränkt dies nicht nur die demokratischen Rechte ein. So ein Überwachungssystem verschlingt auch das Geld das vorher durch Sozialabbau eingespart wurde und bringt dem Herstellerkonzern ordentlich Profite. Diese Profite fallen aber nicht nur einmal an: schließlich muss das System ja permanent gewartet und erneuert werden. Solche Profitquellen sind Konzernen viel Bestechungsgeld wert. Mit Verschärfung der Krise wird also ohne entsprechende Gegenbewegung auch diese Art der Korruption zunehmen.

Korruption ist „Part of the Game“!

Schon vor einem Jahr schrieben wir in einer Stellungnahme:

Die Grenze zwischen legaler und illegaler Bestechung ist fließend. Wo hören Parteienfinanzierung und PolitikerInnenprivilegien auf und wo fängt Bestechung und Schmiergelder an? Von „freiem Wettbewerb“ ist keine Spur - illegale Preisabsprachen zwischen den Anbietern stehen auf der kapitalistischen Tagesordnung. Subventionsmilliarden der Regierung oder auch der EU fließen - letztlich völlig unkontrollierbar - Jahr für Jahr in die Privatwirtschaft. Die Posten- und Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand erfolgt nach Willkür und oft als Vereinbarung der jeweiligen Koalitionsparteien. Seit einiger Zeit boomen "Beratungs-" und "Lobbying-Firmen". Der Unterschied zwischen "Lobbying" und Bestechung ist nur bedingt verständlich. Laut EU-Kommission sind ca. 15.000 LobbyistInnen in Brüssel tätig, davon über 70% für Unternehmen.

Korruption ist „part of the game“ Kapitalismus. Die Bekämpfung im Rahmen des Kapitalismus ist notwendig, aber nicht ausreichend. Die kapitalistischen Spielregeln werden auch bei schärfster Kontrolle Korruption in allen ihren Formen nicht verhindern können. Dafür braucht es eine andere Wirtschaft und Gesellschaft. Letztlich bedarf es einer Veränderung der Eigentumsverhältnisse in der Wirtschaft. Nur wenn die Kapitalkonzentration in wenigen Händen beendet wird, kann auch die Konzentration von politischer Macht in wenigen Händen beendet werden. Deshalb brauchen wir die Überführung von Banken, Konzernen und Versicherungen in öffentliches Eigentum und eine demokratische Kontrolle und Verwaltung. Das wäre der erste Schritt zu einer sozialistischen Demokratie, in der nicht Profitinteressen im Mittelpunkt stehen, sondern Mensch und Natur. Die demokratische Kontrolle und Verwaltung durch die Beschäftigten und gewählte VertreterInnen der arbeitenden Bevölkerung sind auch notwendig, um Entwicklungen wie in den stalinistischen Staaten, wo sich ja auch eine herrschende Elite bereichert hat, zu verhindern. Eine wirkliche sozialistische Gesellschaft braucht Demokratie in Wirtschaft und Gesellschaft.

Unsere Forderungen bleiben:

  • Enteignung der Verantwortlichen: wer korrupt ist/war, davon profitiert hat, der muss das Geld zurückzahlen. Die Opfer müssen entschädigt werden. Es kann nicht angehen, dass z.B. bei der Telekom die Ex-ManagerInnen einen großen Teil des ergaunerten Geldes behalten und gleichzeitig Beschäftigte ihren Job verlieren.

  • Schluss mit Privatisierungen und Ausgliederungen – sie bedeuten nicht nur Verschlechterungen für KundInnen, PatientInnen und Beschäftigte sondern fördern noch zusätzlich die Korruption

  • vollständige Offenlegung der Finanzen aller Parteien und PolitikerInnen – welche Nebentätigkeiten gibt es, bei welchen Firmen stehen PolitikerInnen in Sold und welche Institutionen (wie z.B. die Industriellenvereinigung) versorgen welche Parteien mit Geld und Sachleistungen.

  • Gehälter für FunktionärInnen und Abgeordnete, die einem Durchschnittsgehalt entsprechen und keinerlei Privilegien

  • jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit von FunktionärInnen und PolitikerInnen

  • Offenlegung aller Firmenbücher sowie der Parteienfinanzierung – das „Betriebsgeheimnis“ nützt nur den Unternehmen. Demokratisch gewählte BelegschaftsvertreterInnen müssen die Möglichkeit haben, die Finanzströme jederzeit zu kontrollieren.

  • Im Justizwesen sollten Richter durch die ArbeiterInnenbewegung wähl- und abwählbar sein.

  • Öffentliche Durchführung von Verhandlungen – z.b. Über Kollektivverträge oder andere betriebliche Fragen

  • Kampf für internationale Interessen der ArbeiterInnenklasse und gerechte Verteilung von Reichtum und Ressourcen

  • Beseitigung eines Profisystems, welches Einkommen und Vermögen extrem ungleich verteilt und somit die Grundlage für Korruption legt

  • Schluss mit dem Privateigentums an Produktionsmitteln. Durch die Enteignung der BesitzerInnen von großen Vermögen und die demokratische, öffentliche Kontrolle über die vorhandenen Ressourcen würde den Spielraum für Korruption entscheidend eingeengt werden.