Italien: Sparkurs wird fortgesetzt

Alfred Ratz

Am 4. Oktober 1998 beschloß das Nationalkomitee der Rifondazione Communista („kommunistische Neugründung“) PRC mit 212 zu 117 Stimmen der Mitte-„Links“-Regierung unter dem Christdemokraten Romano Prodi, nach etwa zweienhalb Jahren die Unterstützung zu entziehen. Anlaß dafür war der Budgetentwurf  für das kommende Jahr, der vom linken Flügel der PRC um Parteisekretär Fausto Bertinotti abgelehnt wird.
Ein Beschluß mit weitreichenden Folgen: Nicht nur bedeutet es das Ende der Regierung Prodi, sondern die Differenzen führten auch zur Spaltung der PRC in den linken Flügel um Bertinotti und den „moderaten“, „pragmatischen“ Flügel um PRC-Präsident Cossuta, der sich abspaltete und die „Partito dei Communisti Italiani“ PDCI gründete. Cossuta fand den Budgetentwurf durchaus annehmbar und unterstrich die Gefahr vorgezogener Neuwahlen, bei denen dem rechten „Polo della Libertà“ um den Medienunternehmer Silvio Berlusconi, an dem sich auch die Neofaschisten beteiligen, Chancen eingeräumt wurden. Etwa 65% der Abgeordneten aber nur 10% der PRC-Mitglieder wechselten zu Cossutas neuer Partei. Eine organisatorische Schwächung für die PRC, die nun nicht einmal mehr 20 der insgesamt mehr als 600 Mandatare im italienischen Abgeordnetenhaus stellt.
Aber die rechte Abspaltung kann zu einer politischen Stärkung der PRC führen. Viel zu lange hat die PRC den Sozialabbau der Regierung Prodi geduldet bzw. mitgetragen. Ihre bisherige Politik hat die eigene Basis aber auch breite Schichten der ArbeiterInnen verwirrt, was angesichts der ArbeiterInnendemonstrationen bezüglich der 35-Stunden-Wochen-Regelung der Regierung deutlich wurde. Es bleibt zu hoffen, daß die PRC nun versuchen wird, eine wirkliche Opposition gegen Sozialabbau, Arbeitslosigkeit, Nord-Südgefälle und Privatisierungen aufzubauen. In der bisherigen Rolle als Mehrheitsbeschaffer, konnte ihr das nicht gelingen. Jedenfalls war es ihr bei einer Demonstration am 17. Oktober gelungen, 200.000 Menschen zu mobilisieren.

Neue „linke“ Regierung?

Da die Regierung Prodi im Abgeordnetenhaus auf die Stimmen der PRC angewiesen war, verlor dieser die Vertrauensabstimmung am 9. Oktober, obwohl auch ein Teil der PRC unter Cossuta für Prodi stimmte. Nur eine Stimme fehlte auf die erforderliche absolute Mehrheit. (Die rechte Opposition forderte vorgezogene Neuwahlen, da sie sich angesichts der Krise innerhalb der Linken bessere Siegeschancen erhofften.)
Der neuen Regierung - Oliven-Baum-Bündnis II - steht zum ersten Mal in der Geschichte Italiens ein ehemaliger Kommunist, der ehemalige Jugendfunktionär Massimo D’Alema vor.
An dieser Regierung, es ist bereits die 56igste (!) seit dem Zweiten Weltkrieg, sind neben den Parteien der bisherigen „Ulivo“-Koalition (D’Alemas heuer aus PDS und anderen Gruppen gegründeten DS, Italienische Volkspartei, Grüne ua.) auch die PDCI mit zwei Ministerien, sowie die rechtskonservative UDR des ex-Staatspräsidenten Cossiga beteiligt. D’Alema betont die Wichtigkeit politischer Stabilität, es wird aber sicher nicht einfach für ihn werden, die politischen Ziele der einzelnen Gruppierungen unter einen Hut zu bringen.
Der Vatikan kritisierte die Ernennung D’Alema’, denn dieser sei ein „Apparatschik der ehemaligen Kommunisten und das 50 Jahre nach dem hart erkämpften Sieg von Freiheit und Demokratie über den Kommunismus“. Tatsache ist allerdings das D’Alema sich wohl eher an neoliberalen Prinzipien orientiert als am Kommunistischen Manifest. Seine Hauptziele sind die Sanierung der Staatsfinanzen, die Ankurbelung der Wirtschaft, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und ein neues Wahlsystem. Alles in allem ist ein Kurswechsel unter der „neuen“ Regierung daher auszuschließen. D’Alemas Aussage, daß die Fortsetzung des Prodi-Werks und die genaue Befolgung der Euro-Kriterien seine Regierung kennzeichnen werden, ist ein „Versprechen“ an die italienischen ArbeitnehmerInnen für weiteren Sozialabbau.
Die PRC hält im Frühjahr 1999 ihren Kongreß ab - Und dieser könnte der Auftakt für eine radikale, sozialistische Oppositionspolitik werden!

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