Irland: Sozialist im irischen Parlament

Ken Horvath

Ein historischer Durchbruch - am 6. Juni schaffte Joe Higgins als erster Socialist Party TD (Teachtadh Daile, irisch für „Mitglied des Parlaments“) den Einzug ins Dail, das irische Parlament. Ausschlaggebend war, daß Joe Higgins sechs Jahre lang als Stadtrat in Westdublin auf beispielhafte Art und Weise gezeigt hat, wie die Politik eines gewählten Vertreters der ArbeiterInnenklasse auszusehen hat, daß er sowohl vor als auch in den Zeiten des Wahlkampfes mit den Menschen auf der Straße gekämpft hat.
1989 wurden AktivistInnen von Militant, der Vorläuferin der SOV-Schwesterorganisation, der 1996 gegründeten Socialist Party, aus der Irish Labour Party ausgeschlossen. Damals verkündeten die Medien, daß dies das Ende sozialistischer und marxistischer Ideen in Irland gewesen sei. Wie sehr mensch sich irren kann! Die Labour Party bekam jedenfalls ihre Rechnung dafür präsentiert, daß sie mit der pro-kapitalistischen Fianna Fail in Koalition gegangen ist. Das Ergebnis dieser Politik war eine erdrutschartige Niederlage der Labour Party, die den Weg zu einer Minderheitsregierung der Fianna Fail mit Grünen und Unabhängigen ebnete. Es ist schon eine Ironie der Geschichte, daß just die Labour Kandidatin Joan Burton, die seinerzeit mitverantwortlich für den Ausschluss von Joe Higgins war, zu den großen VerliererInnen dieser Wahl zählt. Schon vor seinem Ausschluß hätte Joe Higgins in Westdublin, einem der ärmsten Viertel der irischen Hauptstadt, kandidieren sollen, doch wußten Burton & Co dies zu verhindern. Jetzt hat Higgins ihren Sitz im Dail errungen.

Sinn Fein geschlagen

Fünf Socialist Party KandidatInnen standen in fünf Dubliner Wahlkreisen zur Wahl, mit Ausnahme von Joe Higgins alle zum ersten Mal. Clare Daly mit fast 3000 „first preference votes“, Mick Murphy mit 2000, Lisa Maher mit 630 und Martin Walsh mit 381 Erstreihungen sorgten dafür, daß mit den unglaublichen 6496    Erstreihungen, das sind 16,2 %, die Joe Higgins in Westdublin erzielte, die Socialist Party es insgesamt auf 12.500 Stimmen brachte und somit das Ergebnis der Sinn Fein in Dublin um 200 Stimmen übertraf. Die Basis für diesen Erfolg legte zu einem großen Teil die „Anti Water Charges“ Kampagne, die die irischen GenossInnen über die letzten drei Jahre geführt hatten. Viele der KandidatInnen waren die anerkannten öffentlichen LeaderInnen dieser Kampagne, des gemeinsamen Kampfs auf der Straße gegen die Besteuerung des Trinkwassers, die de facto jene, die das Geld haben, nicht trifft. Die PolitikerInnen im Dail und ihre Freunde, die haben Steueramnestien, die anderen werden für Rückstände bei den „Water Charges“ vor Gericht gestellt. In einer beispielhaften Kampagne wird nach wie vor gegen diese Ungerechtigkeit protestiert.

Ein ArbeiterInnenvertreter mit einem ArbeiterInnenlohn!

Joe Higgins ist der erste sozialistische Parlamentsabgeordnete in der irischen Geschichte. Er wird weiterhin nicht mehr Geld beziehen als einE durchschnittlicheR ArbeiterIn, den Rest seines Gehalts wird er für politische Arbeit spenden. Der Aufbau einer Massenbewegung der ArbeiterInnen ist sein zentrales Anliegen. In diesem Sinne wird Higgins den Schwerpunkt seiner Arbeit nicht im Parlament, sondern auf der Straße haben, wird er beispielsweise den Kampf gegen die Water Charges fortsetzen. In Westdublin hat der gemeinsame Kampf mit den Arbeiter-Innen zu einer so großen Unterstützung für Higgins und die Socialist Party geführt, daß ein Reporter der größten Dubliner Tageszeitung bemerkte, es sei einfacher, die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu finden, als eine Person in Westdublin, die nicht für Higgins stimmen wollte. Das Wahlergebnis war eine Bestätigung, eine Aufforderung weiter zu kämpfen, sich zu organisieren, sich nichts mehr gefallen zu lassen. Darin liegt die Wichtigkeit dieses Erfolges. Ob man jetzt einen Abgeordneten im Parlament hat oder nicht, ändert an den Ausbeutungsverhältnissen an sich nichts. Das Wahlergebnis ist nicht mehr und nicht weniger als ein Zeichen für die Unterstützung sozialistischer Ideen und vor allem ein Ansporn weiterzumachen - ein deutliches Zeichen dafür, daß der Sozialismus nicht tot ist, ganz im Gegenteil.
Nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses wurde Higgins auf seinem Heimweg von jubelnden Menschen umringt. Ein Junge sagte ihm, er solle jetzt ordentlich „ass kicken“. Und das ist genau das, was er tun wird.

Erscheint in Zeitungsausgabe: