Hilfe muss auch politisch sein

Kampf und Hilfe sind kein Widerspruch, sondern bedingen einander
Helga Schröder

Zahllose HelferInnen, die selbst nicht reich sind, spenden, helfen, dolmetschen, beraten, verpflegen und unterstützen seit Monaten Flüchtlinge. Wir hören oft, dass der Mensch „zu schlecht für den Sozialismus“ wäre. Die Solidarität und Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge zeigt, dass Menschen nicht „genetisch“ egoistisch programmiert sind.

Regierung, Reiche, Unternehmen wollen sich mit den Federn der HelferInnen schmücken. Die selbe Wiener Stadtregierung, unter der das Camp der Flüchtlingsprotestbewegung 2012/13 brutalst zerstört wurde, plakatierte nun Hilfsbereitschaft. Mikl-Leitner tauchte in Nickelsdorf auf und versuchte, von der Flüchtlingshelferin Anahita Tasharofi einen Handschlag zu erzwingen. Diese verweigert zu Recht und handelt sich eine körperliche Attacke eines Kabinettsmitarbeiters ein.

SozialistInnen beteiligen sich aktiv an konkreter Hilfe. Und wir wollen auch die Ursachen von Not und Elend beseitigen. Wir stehen nicht an der Seite und reden nur über die nötigen gesellschaftlichen Veränderungen, sondern beteiligen uns aktiv an Verpflegung und Versorgung. Die Rolle kirchlicher bzw. „staatstragender“ Organisationen ist oft problematisch. Sie beschränken sich auf bevormundende „Barmherzigkeit“ und versuchen, die Hilfe unter ihre Kontrolle zu bringen, Selbstorganisation der Betroffenen zu verhindern und tragen so dazu bei, dass alles bleibt wie es ist. Gefordert wird da oft, die Hilfe solle „unpolitisch“ bleiben. Doch angesichts der Fluchtursachen, des Mangels und der katastrophalen Situation bei der Flüchtlingsbetreuung ist Hilfe zwangsläufig auch politisch. Wer „unpolitische“ Hilfe fordert, will an der Situation nichts ändern und macht Flüchtlinge zu unmündigen Objekten.

„Hilfe“ von Unternehmen ist im Verhältnis zu deren Profiten und Vermögen immer lächerlich, dient der Publicity und ist angesichts dessen, dass Banken und Konzerne die Verursacher und Profiteure von Krieg und Armut sind, zynisch. Natürlich wird z.B. ein von der Erste Bank zur Verfügung gestelltes Notquartier nicht abgelehnt. Doch statt unterwürfiger Dankbarkeit weisen wir auf die Verantwortung österreichischer Banken für die Armut am Balkan hin und fordern, dass diese für die von ihnen verursachten Opfer zahlen müssen.

Statt Schulterklopfen für die HelferInnen und das Einfordern von Dankbarkeit der Flüchtlinge sind für uns beide weder unpolitisch noch unmündig, sondern Menschen, die ernst zu nehmen sind. Deshalb unterstützen wir Selbstorganisation und fordern demokratische Organisierung der Hilfe durch Betroffene und HelferInnen. Gleichzeitig weisen wir auch darauf hin, dass es Aufgabe des Staates wäre, was hier unzählige freiwillige HelferInnen tun und fordern die Ressourcen ein, die Staat, Reiche und Unternehmen zurückhalten. Das ist eine große Herausforderung, denn es gilt, nicht bloß die Ressourcen für die nötige Hilfe zu bekommen, sondern auch die Kontrolle darüber.

Die Not von Geflüchteten muss gelindert werden, bei gleichzeitiger Organisierung von Protest und Widerstand mit ihnen gemeinsam. Denn ihre Flucht und ihre Not haben die selben Ursachen wie unsere Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot! Ohne Druck auf die Regierung, ohne Organisierung von Protesten, bleiben diese Ursachen unangetastet. Es werden Symptome gelindert, während Verursacher und Profiteure geschont oder gar gestärkt werden. Andererseits kann niemand kämpfen oder sich organisieren, wenn nicht einmal die dringendsten Bedürfnisse erfüllt sind.

Für uns bedeutet das, Kampf und Hilfe zu verbinden. Bei nahezu täglichen Kundgebungen sammelt die SLP Spenden. SchülerInnen werden organisiert und für die Großdemonstration am 3.Oktober wurde mobilisiert. Wir bringen Nahrungsmittel, Hygieneartikel und Wasser zum Hauptbahnhof, wo wir gleichzeitig eine Kundgebung abhalten und auf die Gründe für das Elend hinweisen. Wir beteiligen uns an Hilfe auf anderen Bahnhöfen. Wir unterstützen Initiativen wie in Wien 20, wo Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen Wohnraum für WienerInnen und Flüchtlinge von der Bezirksvertretung fordern. Wir haben bei einer Pressekonferenz der Wiener Stadtregierung deren Scheinheiligkeit demaskiert. Wir demonstrieren gemeinsam mit Flüchtlingen, wo wir die Mitverantwortung österreichischer Unternehmen in Reden aufzeigen. Kapitalismus verursacht Krieg, Armut und Flucht. Hilfe heißt, den Leidtragenden zu ermöglichen, diesen Wahnsinn zu beenden und nicht, den Dreck hinter den Profiteuren wegzuräumen. 

 

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