Griechenland: Profite aus Müll?

Kreatea: Eine Stadt verhindert die Zerstörung ihrer Umwelt!
Elektra Kleitsa, Umweltsprecherin von Xekinima

Überall ist die Rede vom Widerstand der GriechInnen gegen die brutalen Sparpakete. Trotz enormer Entschlossenheit und zahlreicher Generalstreiks blieb er aber bislang leider weitgehend erfolglos. Beispiele für erfolgreiche Kämpfe, wie den gegen die Privatisierung der Abfallentsorgung, sind also besonders wichtig um daraus zu lernen.

Die griechische Regierung attackiert nicht nur Arbeitsplätze, Löhne und Pensionen, sondern auch die Umwelt. Wälder, Berge und Flüsse werden zerstört, um Raum für Hotels, Fabriken und Goldminen zu schaffen, aber auch für erneuerbare Energie, wie Solar- und Windparks. Die jüngste Idee, um Profite zu machen, ist die Ausbeutung der Abfallwirtschaft.

Die Regierung behauptet, das Müll-Problem sei zu groß, als dass der Staat es lösen könnte. Der private Sektor müsse jetzt übernehmen, weil nur so das nötige Geld für moderne Technologien zur Entsorgung aufgebracht werden könnte. Ihre Pläne beinhalten vier Anlagen rund um Athen, zwei in Thessaloniki und viele mehr im ganzen Land.

In Wirklichkeit geht es bei den meisten „modernen Anlagen“, um Kraftwerke, die Strom aus Müllverbrennung gewinnen. Dabei werden zahlreiche Giftstoffe freigesetzt; mit unabsehbaren Folgen für Mensch und Natur. Die Konzerne profitieren also gleich dreifach: Sie werden mit öffentlichen Geldern für die Entsorgung bezahlt und erhalten einen gratis Brennstoff. Die Umwelt-Folgen müssen dann erneut von der Öffentlichkeit getragen werden. Die Kommunalsteuern wurden bereits massiv angehoben. Außerdem soll auch weiterhin ein guter Teil des Mülls vergraben werden.

Dagegen regt sich lokal massiver Widerstand. Besonders stark fiel dieser in Keratea, in der Nähe von Athen, aus: Die ganze Stadt stellte sich gegen die Pläne der Regierung, den Müll dort zu entsorgen.

Schon 2010 versuchte die Regierung den Widerstand in Keratea mit Gewalt zu brechen: Polizisten auf Motorrädern rasten durch die Innenstadt und griff wahllos Menschen an. Aber das machte die Leute nur wütender: Gemeinsam verteidigten die BewohnerInnen ihre Stadt gegen die Regierung und die Profitinteressen der Konzerne. Dabei kam es zu heftigen Straßenschlachten, weil die Polizei immer wieder brutale Angriffe versuchte. Große Teile der Bevölkerung waren Teil der Bewegung, Junge und Alte und aus verschiedenen sozialen Schichten, sogar der lokale Pope war dabei. Medien sprachen sogar von einem „Müllkrieg“. Mit Demos und Straßensperren verzögerten sie den Bau der geplanten Müllverbrennungsanlage. Zuletzt gelang es sogar, einen zeitweiligen Baustopp zu erkämpfen, der jetzt schon ein Jahr in Kraft ist.

Auch in Volos wurde vor einem Monat der Bau eines Müllverbrennungskraftwerks gestoppt. In beiden Bewegungen spielte Xekinima, die griechische Schwesterorganisation der SLP, eine wichtige Rolle. Sie entwickelte mit vielen AktivistInnen ein Programm für einen stabileren Sieg. Wie wichtig dabei das richtige Programm ist, zeigt die neue Strategie der Regierung:

Statt die Projekte einfach mit Gewalt durchzusetzen, wirft sie den BewohnerInnen der Städte jetzt einen „nicht-in-meinem-Vorgarten Ansatz“ vor. Der Müll wäre ihnen egal, solange er nur weit weg von ihnen gelagert würde. Damit verunsichert sie die AktivistInnen und stellt sie in ein schlechtes Licht. Zusätzlich versucht sie, die AnwohnerInnen der betroffenen Gebiete mit der Aussicht auf neue Arbeitsplätze zu versöhnen. Teilweise ist die Regierung mit dieser Strategie bereits erfolgreich.

Xekinima schlägt deshalb vor, dass sich die lokalen Bewegungen gegen die Regierungspläne koordinieren und gemeinsam zu kämpfen. Es reicht nicht immer, nur gegen ein Projekt zu kämpfen, es müssen auch überregional Alternativen entwickelt werden. Xekinima versucht deshalb besonders ArbeiterInnen der Abfallwirtschaft, die bereits gegen die Kürzungs- und Privatisierungspolitik kämpfen, einzubeziehen. Mit ihrer Erfahrung könnten sie eine große Rolle dabei spielen, eine alternative, nachhaltige Abfallentsorgung zu entwickeln. Diese müsste von den Betroffenen selbst, also demokratisch, organisiert werden. Sie würde auf Mülltrennung, Kompostierung und Recycling beruhen.

Viele GriechInnen schauen begeistert auf die bereits errungenen Erfolge im Kampf gegen das Konzept der Regierung zur Abfallwirtschaft. Auf Transparenten hieß es: „Von Keratea nach Syntagma“, einem wichtigen Platz für die Proteste gegen die Sparmaßnahmen der Regierung. Auch solche eher regionalen Erfolge machen Mut für die Proteste und geben den Menschen Selbstbewusstsein.

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