Grazer Wahl 1998

KP-Sieg zur rechten Zeit
Isa Braier

„Die KPÖ ist die wirkliche Siegerin“, meinte der steirische ÖVP-Landesgeschäftsführer Lopatka. Der Einzug von KP-Spitzenkandidat Ernst Kaltenegger in die Stadtregierung, ebenso die 7,9 Prozent - die KPÖ ist damit so stark wie Grüne und LIF zusammen - stellen eine mediale Sensation dar.
Sowohl die SPÖ wie die ÖVP-Spitze versuchten, die bundespolitische Bedeutung der Wahlen in der zweitgrößten Stadt Österreichs herunterzuspielen. Tatsächlich aber entspricht nur das Abschneiden der KPÖ nicht dem Bundestrend. Erstmals seit langer Zeit kam es in Österreich bei einer relevanten Wahl nicht zu einem Rechtsruck, sondern zu einer echten Polarisierung: “Die Stimmen gingen nach rechts und links und nach unten an die Nichtwähler verloren“ (Schachner-Blazizek, steirischer SPÖ-Chef).
Die Freiheitlichen, die nun Anspruch auf den BürgermeisterInnensessel erheben, gelang es, mit besonders heftigen Attacken gegen AusländerInnen, sozial Schwache und die „Wehrmachtsausstellung“ zu siegen. Sie wurden auch nicht müde, zu betonen, daß es ihnen gelungen sei, die Errichtung eines Obdachlosenheimes zu verhindern. Die regierende SPÖ hatte dem außer einigen moralisierenden Sprüchen nichts entgegengesetzt. Anders die KPÖ-Graz. Durch zähe Kampagnenarbeit haben die GenossInnen das Thema Wohnen und Mietenwucher zu „ihrem“ Thema gemacht. Die wichtigsten Erfolge gab es schon 1997: Durch ein Wohnungsvolksbegehren ist es gelungen, eine Belastungsobergrenze für Sozialwohnungen zu erreichen. Die Grazer KPÖlerInnen - allen voran Ernst Kaltenegger - haben sich als ExpertInnen und vor allem als kompromißlose KämpferInnen für die Interessen der sozial Schwachen einen Namen gemacht und sind weit über ihren WählerInnenbereich bekannt und akzeptiert.
Das Resultat der KPÖ in Graz ist von bundespolitischer Bedeutung: Es beweist, daß linke Alternativen angenommen werden - wenn sie existieren - und der FPÖ etwas entgegengesetzt werden kann. Bleibt zu hoffen, daß die KPÖ-Graz ihre neue Stärke - vor allem auch ihren Stadtratsposten - als Plattform für beinharte, linke Oppositionspolitik benutzt und damit in der Lage ist, auch über die Stadtgrenzen hinaus, ein Signal und Beispiel zu setzen.

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