Frauen 1998: Wir sind nicht flexibel!

Katja Arthofer und Käthe Knittler

Im vergangenen Jahr unterschrieben über 645.000 Menschen das „Frauen-Volksbegehren“. Da die 100.000-Hürde damit weit übertroffen war, wurde das Thema kurz mal im Parlament diskutiert. Doch verbessert hat sich die Situation der Frau auch in den letzten 12 Monaten nicht. Im Gegenteil: Von den gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen - Arbeitszeitflexibiliserung, Sparpaketen und Reallohnverlusten - sind Frauen besonders betroffen.
Arbeiterinnen, weibliche Arbeitslose, Pensionistinnen etc. sind von den vorherrschenden Problemen noch stärker betroffen als ihre männlichen Kollegen: Die Folgen der Sparpakete treffen sie härter. Sie werden leichter in unsichere Arbeitsverhältnisse gedrängt. Frauen werden schneller arbeitslos und weiter in Abhängigkeit „ihrer“ Männer gebracht. Frauen fallen leichter unter die Armutsgrenze. Die Tatsachen sprechen eine eindeutige Sprache

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

Bei den 20 - 24jährigen beträgt der Einkommensnachteil von Frauen gegenüber Männern 18 %. Bei den 35 -54 jährigen verdienen Frauen um ca. 36 % weniger. Die Lage verschlechtert sich weiter: Bekamen Frauen 1993 „noch“ 69,2 % davon, was Männer verdienen, so sank dieser Anteil auf 68,3 % 1997. Der Hauptgrund für das weitere Auseinanderklaffen der Einkommensschere zwischen Mann und Frau ist sicher die Tatsache, daß Frauen in viel stärkerem Ausmaß von der vielgepriesenen Flexibilisierung der Arbeitszeit betroffen sind als Männer.

Flexibilisierungsopfer Nr. 1

Von den 473.000 Teilzeit-Beschäftigten (1996) waren 336.000 Frauen. Das sind 71 %! Und von allen Frauen, die im Erwerbsleben stehen, arbeitet schon ein Drittel „teilzeit“. Bei Frauen mit zwei oder mehreren Kindern sind es sogar 50 %. “Teilzeit arbeiten ist doch toll, da kann frau sich die Arbeitszeit selbst einteilen und sich was dazu verdienen” - so lautet das Standardargument. Es hat nur nichts mit der Realität zu tun! Denn die oft gelobte Bedürfnisgerechtheit von Teilzeitarbeit gibt es nicht: Die Möglichkeit, am Vormittag (wenn die Kinder in der Schule/im Kindergarten sind) zu arbeiten, ist gering; fast 80 % der Teilzeitbeschäftigten haben laut Arbeiterkammer kaum Einfluß auf ihre Arbeitszeit. Und die meisten Frauen wollen sich nicht bloß “was dazu verdienen”, sondern sind auf das Einkommen bitter angewiesen und würden lieber einen ordentlichen Ganztagsjob haben.
Bei den Geringfügig-Beschäftigten ist die Situation noch ein wenig drastischer: von 170.000 im Juni 1997 waren 72,4 % Frauen. Die Hälfte davon war nicht selbst versichert, was gleichbedeutend mit einer gesteigerten Abhängigkeit vom Mann ist. Genauso wie die Tatsache, daß viele dieser Jobs nicht existenzsichernd sind. Was nur 2 Möglichkeiten offenläßt: Sich mehrere Stellen zu suchen oder sich eben in Abhängigkeit zu begeben, was in nahezu 100 % Frauen betrifft.

Strategie der Unternehmer

Die Tendenz sozialversicherte Arbeitsverhältnisse in geringfügige Beschäftigungen umzuwandeln ist weiter stark steigend. Am deutlichsten macht das der Einzelhandel: Waren im April 1996 8,6 % aller dort arbeitenden Frauen geringfügig beschäftigt, so waren es ein Jahr später schon 10,6 % (übrige Bereiche: 9,1 %). Die Unternehmer ersparten sich 1997 ca. 1,3 Mrd Schilling an Sozialversicherungsbeiträgen durch geringfügige Beschäftigung. Doch das ist für sie nicht der einzige „positive“ Effekt. Durch Teilzeit und geringfügige Beschäftigung ersparen sie sich auch die Bezahlung von Überstundenzuschlägen. Und sie müssen sich weniger Sorgen über Arbeitskämpfe machen. Denn geringfügig Beschäftigte sind sowieso rechtlos. Und die vielen unterschiedlichen Arbeitsverträge spalten und erschwerden dadurch einen gemeinsamen Kampf der ArbeitnehmerInnen.

Zurück an den Herd???

Die Tendenz in unserer Gesellschaft, Frauen zurück zu Heim und Herd zu schicken, ist in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit besonders gesteigert. Das begünstigt auf der einen Seite das Fehlen von Kinderbetreuungsplätzen. Nach letztem Stand werden in ganz Österreich noch 230.000 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze benötigt - über 40.000 Frauen sind aus diesem Grund zur Arbeitslosigkeit gezwungen. Es gibt aber eine Reihe von Fällen, in denen Frauen das Arbeitslosengeld gestichten wurde, weil sie - wegen dem Fehlen von Kinderbetreuungsmöglichkeiten - einen Job nicht annehmen konnte. Aber in einem solchen Fall soll halt dann die Oma (auch eine Frau) einspringen.
Auf der anderen Seite wird Frauen der Wiedereinstieg ins Berufsleben nach der Karenz so schwer wie möglich gemacht. Nach einer Studie des Instituts für Demographie der Österreichischen Akademie schaffen ihn nur 20 % aller Frauen. Ein weiters Fünftel davon verliert den Job kurz nach der Behaltefrist.

Kämpfen für gleiche Rechte!

Das einzige, was unter dem Vorwand der Gleichberechtigung von Frauen in den letzten Jahren passiert ist, bedeutete eine Verschlechterung: das Fallen des Nachtarbeitsverbots für Frauen.
Das Frauenvolksbegehren hat das Thema wieder einmal in die Medien gebracht, viel ist darüber geschrieben und gesprochen worden. Daß die Regierung seither allerdings nichts für die Verbesserung der Situation der Frauen gemacht hat, zeigt, daß unterschreiben alleine noch nichts verändert hat. Wir müssen den Druck weiter erhöhen, was nur durch regelmäßige gemeinsame Aktionen, wie Kundgebungen, Demonstrationen und durch organisiertes Vorgehen erreicht werden kann.
Wir müssen in unseren konkreten Lebens- und Arbeitsbereichen aktiv werden - in Schule und Uni, im Betrieb und in der Gewerkschaft und auch Zuhause.

  • Nein zur Flexiblisierung der Arbeitszeit
  • gleicher Lohn für gleiche Arbeit
  • alle Arbeitsplätze, ob Voll- oder Teilzeit, müssen kollektivvertraglich abgesichert und gesetzlich geschützt werden
  • für jedes Kind ein den Bedürfnissen entsprechender Betreuungsplatz
  • Keine Umwandlung von Voll- in Teilzeitarbeitsplätze
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