Mi 01.11.2000
Nach der Abschaffung des eigenen Frauenministeriums bzw. dessen Eingliederung in das Ministerium für Umwelt und Soziales, stellt das Einsetzen eines Mannes für Frauenangelegenheiten einen neuen Gipfel der Frechheit dar. Ein neuerlicher (von unzähligen) Beweisen, was diese Regierung unter "Frauen"politik versteht.
Nicht nur, dass "Frauen"angelegenheiten praktisch nur noch im Zusammen-hang mit Familie behandelt werden, d.h. Frauenpolitik mit Familien-politik gleichgesetzt wird. Jetzt obliegt dieses Ressort auch noch einem Mann, was nicht bedeutet, dass Elisabeth Sickl die Anliegen von Frauen forciert hätte. Dies zeigt symbolisch was die Regierung unter Frauenpolitik versteht. Sie kann ohnehin nur unter dem Motto: "Keine Frauenpolitik ist auch eine Frauenpolitik" gesehen werden.
Frauen von Sparpolitik besonders betroffen
Angesichts der Sozialpolitik der neuen Regierung, die speziell Frauen trifft, ist es nur noch zynisch, dass das Wort Frauenpolitik überhaupt noch verwendet wird. So betrifft die Kürzung des Alleinverdiener(Innen)absatzbetrags, aufgrund der (leider) noch immer vorhandenen Zuständigkeit der Frauen für die Betreuung und Erziehung der Kinder, in überwiegenden Ausmaß Frauen (insbesondere Alleinerzieherinnen in besonders hartem Ausmaß arbeitslose Alleinerzieherinnen). Diese Maßnahme paßt zum reaktionären Familienbild von ÖVP und FPÖ. Es wird die ganze Zeit von "Familienförderung" gesprochen. Gefördert werden aber nur jene Familien, die von der Regierung als "richtige" oder "normale" Familien (sprich Mutter- Vater- Kind oder Kinder) anerkannt werden. Wenn sie, wie Alleinerzieherinnen, Homosexuelle, u.s.w., diesem Bild nicht entsprechen, dann werden sie auch nicht "gefördert" bzw. benachteiligt (z.B. Mitversichterung.
Der Druck auf Frauen steigt
Ein anderes Beispiel dafür, wie wenig sich die Regierung für die Situation von Frauen interessiert, ist die Wiedereinführung der gemeinsamen Obsorge. Auch wenn sich dies aufs erste ganz nett anhören mag, zeigen Erfahrungen aus der Vergangenheit, dass die gemeinsame Obsorge von vielen Vätern primär dazu verwendet wurde, ihre Ex-Frauen massiv unter Druck zu setzen. Frei nach dem Motto: Wenn sie nicht spurt oder zu viel Geld verlangt, dann wird eben eine wichtige Unterschrift verweigert. Die gemeinsame Obsorge macht Frauen mit Kindern auch nach einer Scheidung vom Wohlwollen ihres Mannes abhängig. Es bewirkt aber andererseits nicht, dass sich Männer mehr um die gemeinsamen Kinder kümmern müssen, da es keine negativen Konsequenzen hat, wenn Väter die Versorgung der Kinder voll und ganz der Mutter überlassen, auch nicht den Entzug der gemeinsamen Obsorge.
Das sind nur zwei Beispiele einer Palette von Maßnahmen, die Frauen ökonomisch treffen und in größere Abhängigkeit treiben, eine Tendenz, die sich unter dem neuen Minister, dessen erste Ankündigung war, er wolle das "Karenzgeld für alle", das nichts anderes als eine Mutterschaftsprämie darstellt, einführen, wohl kaum ändern wird. Interessant wird nur die Frage wie sich der neue Minister bezeichnen wird, argumentierten doch ÖVP und FPÖ immer, dass beispielsweise die Bezeichnung "Landeshauptmann" auch bei Frauen beizubehalten sei, also müßte sich Herr Haupt konsequenterweise "Herr Frauenministerin" nennen.