Darum sind wir SozialistInnen!

„Unser Ziel ist eine sozialistische Gesellschaft, die demokratisch und nach den Bedürfnissen der Menschen organisiert ist.” Dieser Satz drückt das Selbstverständnis der SLP als sozialistische Partei aus. Doch was bedeutet das eigentlich? Wir versuchen diese Frage auf Basis unseres Grundsatzprogramms zu beantworten.

Warum lehnen wir die bestehende kapitalistische Ordnung ab?

Der Kapitalismus ist schon längst kein fortschrittliches System mehr. Er ist zu einem Hindernis für die Entwicklung der Menschheit geworden. Konnte er im 19. Jahrhundert die Produktivkräfte weiter entwickeln und damit den Lebensstandard der Menschheit weltweit steigern, werden heute unter dem Schlagwort “Budgetkonsolidierung” Sozialstaaten zerschlagen. Europa steuert denselben Weg an, den die USA schon lange eingeschlagen hat. Gesundheits-, Bildungs- und Pensionssysteme werden künftig auch in Europa eine ungenügende Basisleistung erbringen – alles darüber hinaus muss privat und teuer zugekauft werden. Noch schlimmer ist die Situation im Rest der Welt, wo der Sozialabbau bei einem noch weniger vorhandenen Sozialstaat und noch niedrigerem Lebensstandard Menschen in Hunger, Elend, Krankheit und sogar Tod treibt.  All das sind keine natürlichen Missstände, sondern ein Teil des kapitalistischen Systems, das auf diesem Globus regiert.  Kapitalismus führt auch immer wieder zu Krisen. Die Auswirkungen und Kosten dieser Krisen muss die ArbeiterInnenklasse tragen.
Warum ist die ArbeiterInnenklasse unterdrückt und gleichzeitig der Schlüssel zur Veränderung?
Wie auch schon in vorhergegangenen Gesellschaftssystemen bereichert sich eine kleine Schicht auf Kosten der Mehrheit. Seit gesamtgesellschaftlich mehr produziert als unmittelbar verbraucht wird, hat sich eine Schicht bzw. Klasse in der Gesellschaft über die andere(n) erhoben und auf deren Kosten gelebt. Im Kapitalismus stehen sich die Kapitalisten auf der einen und die ArbeiterInnenklasse (auch ‚Proletariat' genannt) auf der anderen Seite gegenüber. Die Existenz des Proletariats wird heute v.a. in den entwickelten Industriestaaten von manchen in Frage gestellt. Doch niemals zuvor in der Menschheitsgeschichte war der Anteil jener Menschen an der Bevölkerung, die nichts zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft, so groß wie heute. Ob wir als VerkäuferIn, IndustriearbeiterIn, Bankangestellte/r, LehrerIn oder LandarbeiterIn arbeiten oder ob wir arbeitslos sind – es ändert nichts daran, dass wir in diesem System nur überleben können, wenn wir unsere Arbeitskraft verkaufen oder von jemandem abhängen, der seine/ihre Arbeitskraft verkauft.  Menschen, die sich gegen die Ungerechtigkeiten und Missstände des Kapitalismus wehrten,  gibt es seit seinen Anfängen. Es waren Gewerkschaften und ArbeiterInnenparteien, Frauen-, Unabhängigkeits-, Friedens- und UmweltaktivistInnen. Das 20. Jahrhundert war nicht nur jenes des Niedergangs des Kapitalismus, sondern auch jenes von erbitterten Kämpfen und Revolutionen. Der Sturz des kapitalistischen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems wird nicht durch den Putsch einer Minderheit passieren und auch nicht durch eine Volksabstimmung. Die Herrschenden werden ihre Privilegien, ihren Reichtum und ihre Macht nicht freiwillig hergeben. Sie werden sich nicht einfach abwählen lassen. Daher ist eine Revolution notwendig. Eine sozialistische Revolution ist ein Prozeß, bei dem die ArbeiterInnenklasse die Macht ergreift. Einzig die ArbeiterInnenklasse ist auch zahlenmäßig und aufgrund ihrer Erfahrungen in kollektiven (Klassen-)Kämpfen in der Lage, dieses Ziel zu erreichen. Dies steht im Gegensatz zu Vorstellungen über eine “Zivilgesellschaft”, die “über Klassengrenzen hinweg eine andere Welt erschaffen könne”.

Was verstehen wir unter Sozialismus – die Gesellschaft, die wir wollen?

“Sozialismus” ist ein Begriff, der mit sehr unterschiedlichen Bedeutungen behaftet ist. Manche nennen die SPÖ “sozialistisch”, manche die ehemalige Sowjetunion. Tatsächlich trifft beides nicht zu. Sozialismus ist eine Gesellschaft ohne Ausbeutung des Menschen durch den Mensch, in der der Kapitalismus gänzlich überwunden ist. Eine Gesellschaft, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, sich frei zu entfalten und sein gesamtes Potential auszuleben. Wir können kein detailliertes Bild einer sozialistischen Gesellschaft zeichnen, aber wir können doch einige Fixpunkte skizzieren. Jedes Mal in der Geschichte, wenn die ArbeiterInnenklasse in Bewegung geraten ist, wenn es Versuche gab, den Kapitalismus zu stürzen und die Kontrolle über die Gesellschaft zu erreichen, kam es zur Organisierung in Räte-Strukturen (obwohl diese natürlich sehr unterschiedliche Namen hatten). Erstmals kann es im Sozialismus echte Demokratie geben. Die Menschen finden sich auf verschiedenen Ebenen zusammen, um über die Gestaltung der Gesellschaft zu entscheiden: an ihren Wohnorten, Arbeitsplätzen, in ihrer Ausbildung. ArbeiterInnenkontrolle und -verwaltung werden zentrale Elemente einer künftigen sozialistischen Gesellschaft sein. Nicht mehr das Chaos der kapitalistischen Profitwirtschaft regiert, nicht mehr der Mensch muss sich an die Wirtschaft anpassen, sondern die Wirtschaft wird nach den Bedürfnissen der Menschen demokratisch geplant. Die Planwirtschaft in den stalinistischen Staaten konnte, obwohl sie durch die Bürokratie gehemmt war, das enorme Potential zeigen, das in ihr steckt. Um zu einer sozialistischen Gesellschaft zu gelangen, ist es notwendig, die Schlüsselbetriebe zu vergesellschaften: im Gegensatz zu einer Verstaatlichung im Kapitalismus, wo weiterhin die Spielregeln der Profitwirtschaft gelten. Endlich werden alle Ressourcen, die im Kapitalismus brach liegen, weil sie “zu teuer” sind, eingesetzt und sinnvoll (z. B. für die Ausrottung von Krankheiten statt für die Waffenentwicklung) genutzt werden.

Was kann man gegen die Spaltung der ArbeiterInnenklasse tun?

Leider wird die Spaltung der ArbeiterInnenklasse von Teilen der Klasse selbst und auch von der Gewerkschaft übernommen. Dies betrifft insbesondere die Spaltung in Frauen und Männer und in In- und AusländerInnen. Die Konflikte, die hier existieren, sind keineswegs “natürlich”. Sie entstehen durch die ungleiche Verteilung von Ressourcen und sind von den Herrschenden gewünscht. Vorurteile werden geschaffen und geschürt, Rollenverteilungen werden zementiert. Neben der Spaltung der ArbeiterInnenklasse gibt es auch noch das Problem der Vereinzelung. Einsame Kämpfer mögen heroisch wirken, den Kapitalismus stürzen können sie nicht. Wir alle haben aber demgegenüber schon die Erfahrung gemacht, dass wir uns mit Gleichgesinnten zusammenschließen müssen, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Das ist der Grund, warum sich Gewerkschaften gegründet haben. Auch wenn hier kämpferische Traditionen mühsam und teilweise gegen die Gewerkschaftsbürokratie wieder etabliert werden müssen. Die Interessen der KapitalistInnen werden in Österreich sehr effektiv von der Regierung sowie von Bundeswirtschaftskammer und Industriellenvereinigung umgesetzt. Die ArbeiterInnenklasse braucht ebenso eine Partei, die sie organisiert, vertritt, die Erfahrungen sammelt und bilanziert, die Kräfte bündelt und ein Ziel vor Augen hat. Zur Zeit fehlt eine derartige ArbeiterInnenpartei, welche die Spaltungen der Klasse versucht zu überwinden. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, diese neue ArbeiterInnenpartei mit aufzubauen.

Wie kann man für den Sozialismus aktiv werden und was bedeutet das?

Die SLP und die anderen Sektionen des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale, die auf allen 5 Kontinenten vertreten sind, waren und sind Bestandteil verschiedenster Kämpfe. Wir haben in Britannien die Kampagne gegen die Poll Tax (eine extrem unsoziale Steuer, die von der neoliberalen ThatcherRegierung eingeführt wurde) geführt. Das Ergebnis war, dass letztlich 18 Millionen Menschen in Britannien diese Steuer nicht bezahlt haben und Thatcher in Folge gehen musste. Wir verbinden in Ländern wie Sri Lanka oder Indien die Arbeit gegen Neoliberalismus mit der Arbeit gegen die Unterdrückung von Volks- und Religionsgruppen, da die ArbeiterInnen aus verschiedenen Zugängen von Privatisierung und Sozialabbau betroffen sind. Wir waren in Österreich ein führender Teil der Widerstandsbewegung gegen Blau-Schwarz, haben die Kampagne gegen die radikalen AbtreibungsgegnerInnen organisiert und waren aktiv in den Klassenkämpfen gegen den Pensionsraub 2003. All diese Kämpfe für unmittelbare Verbesserungen oder gegen unmittelbare Verschlechterungen sind Teil unserer Arbeit für eine sozialistische Gesellschaft!

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