CWI Summer School 2009: Weltwirtschaft und Perspektiven

„Der Kapitalismus ist von schwerster Krise seit den 1930er Jahren befallen“ - Bericht von der Auftaktdiskussion der CWI Summer School 2009
Kevin Parslow, CWI England&Wales

Nachdem zwei kurze Filme eingespielt wurden, von denen einer die bisher wichtigsten Ereignisse des Jahres 2009 zusammenfasste und der andere die dramatische Nacht von Dublin im Juni darstellte, die das Ergebnis von der Wahl von Joe Higgins zum Europaparlament brachte, eröffnete Lynn Walsh die erste Diskussionsrunde der Summer School des Committee for a Workers’ International (CWI) 2009 zum Thema Weltperspektiven. Am Beginn stand eine sozialistische Analyse des Zusammenbruchs der Weltwirtschaft im Verlauf des letzten Jahres. Lynn beschrieb, wie der „Kapitalismus von der schwersten Krise seit den 1930er Jahren befallen wurde“. Der durch die dem Kapitalismus innewohnende Spekulation hervorgerufene Zerfall der Finanzmärkte zerstörte bislang rund 50 Billionen US-Dollar an Vermögenswerten und zwang die Regierungen dieser Welt, Billionen an Dollar zur Verfügung zu stellen, um die Implosion des kompletten Finanzsystems zu verhindern. Lynn erwähnte, wie einige KommentatorInnen gewarnt hatten, dass - sollte nichts unternommen werden, um das System zu schützen - die Bankiers und Konzernchefs mit einer „antikapitalistischen Flutwelle“ konfrontiert würden, von der sie hinfortgespült werden könnten. So stark war die Wut in der Mittelschicht und der Arbeiterklasse auf diejenigen, die so viele Leben ruiniert haben.

Lynn wies darauf hin, dass der tiefer liegende Grund für den Einbruch die Krise der kapitalistischen Produktion und die bewusste Abkehr von Investitionen in arbeitsintensiven Bereichen hin zur Finanzspekulation ist, die aufgrund der Gier der Kapitalisten nach immer größeren Profiten während der Ära Thatcher-Reagan begann. In den USA zum Beispiel ist der Anteil der Finanzhäuser an den gesamten Unternehmensgewinnen von 16 Prozent vor dem Jahr 1980 auf den Höchststand von 41 Prozent in der jüngsten Zeit angestiegen.

Entgegen der Behauptung der Kapitalisten, sie hätten das Risiko ausgelöscht und einen Quell für nicht enden wollende Profite gefunden, stellte sich das genaue Gegenteil heraus. Wobei es zu enormen Gefahren für das Finanzsystem gekommen wäre, hätten die Regierungen weltweit nicht eingegriffen.

Lynn zählte daraufhin dann die unterschiedlichen Prognosen zur Wiederbelebung auf, die von kapitalistischen Ökonomen vorgeschlagen worden sind. Die Billionen an Dollar, die für Rettungspakete ausgegeben wurden, haben zwar einen gewissen Effekt erzielt, aber kann so weitergemacht werden? Zentralbanken stellten Milliarden an US-Dollar zur Verfügung, um Anleihen aufzukaufen und so Geld in das System zu pumpen (Quantative Easing oder kurz: QE). Dies steigerte jedoch das Risiko einer Inflation in der Zukunft. Genauso wenig konnte das Risiko einer Deflation in vielen Ländern verringert werden. Es besteht weiterhin die Gefahr, dass die Weltwirtschaft in absehbarer Zeit weiter Richtung Abgrund driften kann.

Tatsächlich haben die Kapitalisten keine wirkliche Lösung. Sie versuchen, die Arbeiterklasse für die Krise zahlen zu lassen, indem sie Entlassungen, Betriebsschließungen durch-, Kurzarbeit im Privatsektor ein- und massive Kürzungen im öffentlichen Dienst durchführen, was zum Abbau öffentlicher Dienstleistungen und weiterem Arbeitsplatzabbau führt. Diese Angriffe und / oder eine zunehmende Inflation werden darüber hinaus zu einem sozialen Zusammenbruch und gewerkschaftlichen Kämpfen führen.

China und Iran

Lynn griff, wie auch RednerInnen in der sich anschließenden Debatte nach ihm, die Frage auf, ob China die Weltwirtschaft aus der Rezession führen könne. Die für China angekündigten Wachstumsdaten sind im Vergleich mit den Einbrüchen der wichtigsten industrialisierten Staaten beachtlich. Doch die Rezession auf den wichtigsten Märkten des Landes und die Kürzungen der Einkommen werden die Chancen Chinas verringern, zur Lokomotive der Weltwirtschaft zu werden. Die Entwicklung eines Binnenmarktes wurde durch Entlassungen und Lohnkürzungen in der chinesischen Industrie behindert.

Lynn und andere nahmen auch Bezug auf die Hintergründe der jüngsten ethnischen Unruhen in der Provinz Xinjiang, welche die Entwicklung Chinas und seiner Teilregionen, die Mobilität der Arbeiterschaft und die Unfähigkeit, die sozialen sowie nationalen Probleme aller Menschen in China lösen zu können, reflektieren.

Die jüngsten Massenproteste im Iran haben auch das Regime dort ins Wanken gebracht. Während die Proteste für den Moment scheinbar nachzulassen scheinen, waren sie als die ersten umfassenden Proteste seit der Gründung der Islamischen Republik im Jahre 1979 äußerst bedeutsam. Innerhalb der herrschenden Elite kam es zu Spaltungen und die Geschehnisse ließen Moussawi zum Anführer der Proteste werden, da er meint, das Regime müsse zu einer Übereinkunft mit dem US-Imperialismus kommen. Doch Ahmadineschad und die ihn umgebende Gruppe haben einen „Putsch“ durchgeführt, um die Macht in ihren Händen zu konzentrieren und die Proteste brutal zu unterdrücken. Diese Bewegung ist brutal unterdrückt worden, aber wenn die Arbeiterklasse mit den ihr eigenen Klassen-Forderungen in den Vordergrund treten wird, dann wird das Regime abermals zu wanken beginnen und ernsthafte Schwierigkeiten bekommen.

Wie der Iran so sieht sich auch der US-Imperialismus einer Reihe von schwerwiegenden Problemen gegenüber: im Irak, mit Israel-Palästina und Afghanistan-Pakistan. Obama hat die USA in der Tat aus einem Sumpf heraus gezogen (aus dem Irak). Doch nur, um noch tiefer in einem anderen zu versinken (Afghanistan-Pakistan), der zunehmend Züge der Vietnamkriegs anzunehmen beginnt. Diese und andere Konflikte werden die Beliebtheit von Obama treffen, die momentan sowohl im In- wie im Ausland noch recht groß ist. Obamas Programm wird aber dennoch im Kongress - und selbst unter einigen Demokraten - auf Opposition stoßen, und Fehlschläge bei der Umsetzung einiger seiner beliebtesten Vorschläge werden zur Desillusionierung von Teilen seiner Anhängerschaft und vor allem unter den ArbeiterInnen führen.

Generell sieht die Lage für den Weltkapitalismus düster aus, aber Lynn erklärte auch, dass das System einen Ausweg finden wird, wenn die ArbeiterInnen nicht in der Lage sein werden, eine kämpferische Alternative zu finden. Die Attacken der Kapitalisten werden massenhafte Gegenwehr hervorrufen. Das CWI wird an diesen Entwicklungen teilhaben und dabei den ArbeiterInnen und Jugendlichen unsere Ideen und unsere Taktik erklären, die in Kämpfe eintreten. Die gegenwärtige Krise führt zu günstigeren Voraussetzungen für sozialistische Ideen, als dies noch in der vorherigen Phase der Fall war. Die Rolle des CWI beim Aufbau der Kräfte, die zusammen den Kapitalismus abschaffen werden, ist eine wesentliche.

Debatte

Eine Reihe von GenossInnen griffen in die Debatte ein. Elin aus Schweden stellte kurz dar, wie die Kapitalisten den Planeten ruinieren. Das CWI wird an den Protesten teilnehmen, die anlässlich der Konferenz zur Kontrolle des Klimas im Dezember in Kopenhagen stattfinden werden. Der Genosse Brett aus den USA erläuterte, wie die Krise Besitz ergreift von der weltweiten Automobilindustrie. GenossInnen aus Malaysia und Australien zeigten auf, wie die Krise die Volkswirtschaften und das politische System in diesen Ländern ergriffen hat.

Peter Taaffe vom Internationalen Sekretariat des CWI zeigte in seinem Beitrag die Gemeinsamkeiten zwischen dieser und der Periode in den 1970er Jahren auf, als die weltweite Rezession die Revolutionen in Spanien, Portugal, Griechenland und Zypern hervorrief. Wir sollten auf ähnliche Entwicklungen heute vorbereitet sein, da wir uns zu Beginn einer revolutionären, indes langwierigen, Periode befinden. Jedem Mitglied und jeder Sektion muss bewusst sein, wie wir jetzt aufbauen können. Das wurde in der abschließenden Zusammenfassung von Robert Bechert betont. Die Krise im System und die Wut über den Zusammenbruch hat die Existenz des gesamten kapitalistischen Systems in Frage gestellt. Das CWI muss diese Wut nutzen, um weltweit sozialistische Kräfte aufzubauen.

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