Berichte von TeilnehmerInnen und Opfern der Polizeigewalt am 1. Mai 09 in Linz - Die nächsten Schritte

Pressemappe der Sozialistischen Linkspartei - SLP

Am 1. Mai waren hunderte AntifaschistInnen in Linz zusammen gekommen, um einen Aufmarsch der neonazistischen NVP zu verhindern. Was sie dann erlebten, hat einmal mehr bewiesen, dass auf die Behörden - insbesondere auf jene in Oberösterreich - kein Verlass im Kampf gegen rechts ist. Anstatt gegen die in Gruppen immer wieder auftretenden Nazis vorzugehen, attackierte die Polizei brutal die AntifaschistInnen und behinderte stundenlang eine friedliche und angemeldete Demonstration.    

Sonja Grusch, Teilnehmerin der Demonstration und Bundesleitungsmitglied der SLP,  erklärt zum Vorgehen der Behörden in Linz: „Schon in der Vergangenheit haben wir immer wieder feststellen müssen, dass die Behörden in Oberösterreich lieber gegen AntifaschistInnen vorgehen, als gegen Nazis. Ich selbst wurde von der Polizei in Ried verhaftet, als ich gemeinsam mit anderen versuchte, einen illegalen Naziaufmarsch zu stoppen. Die Nazis konnten ungehindert marschieren. Das hat sich am 1. Mai in Linz wiederholt – während Gruppen von Nazis immer wieder provokant auftraten ging die Polizei brutal gegen AntifaschistInnen vor. Sie hat den Nazis die Teilnahme an der Strache-Kundgebung sowie den Übergriff auf die Kinderfreunde erst ermöglicht!“    

Die Sozialistische LinksPartei - SLP beteiligt sich seit Monaten an der Organisierung der antifaschistischen Demonstration am 1.5.09. Die SLP hat am 1.5. gemeinsam anderen, insbesondere linken MigrantInnenorganisationen, die Solidarität mit den Eingekesselten organisiert und den Demoblock an der Polizeisperre auf der Blumau organisiert. Das Demonstrations- und Versammlungsrecht ist eine wichtige politische Errungenschaft der ArbeiterInnenbewegung, dieses galt es zu verteidigen.    

Michael Gehmacher, Mitglied der SLP- Bundesleitung und Opfer der Polizeigewalt: „Wir haben an der Polizeisperre die Demonstration zusammengehalten. Der letzte Polizeiangriff kam überraschend. Nach dem Vorstoß  mit Körpereinsatz und  Gummiknüppeln versuchte ich einem Demonstranten vor mir aufzuhelfen. Dabei wurde mir von der Polizei Pfefferspray in die Augen gesprayt, obwohl ich durch eine Signalweste  als Ordner der angemeldeten Demonstration erkenntlich war. Ich habe einige Stunden nichts gesehen, musste von Sanitätern behandelt werden und bei der folgenden Demonstration von FreundInnen geführt werden. Vom Krankenhaus wurde Anzeige erstattet – und auch ich behalte mir weitere rechtliche Schritte vor.“    

Die politische Willkür des Polizeiverhaltens wird auch durch einen Vergleich mit dem Fackelzug am 30.4.09 deutlich. Dort gab es Vermummte - aber kein Einschreiten der Behörden. Offensichtlich wollen Politik und Polizei in „gute“ und „böse“ AntifaschistInnen spalten. Auch liegt die Vermutung nahe, dass die Demonstration am 1.5.09 solange verhindert werden sollte, bis die Veranstaltung von Strache vorbei war. Ein weiterer Kniefall der Behörden vor der rechtsextremen FPÖ und ihren AnhängerInnen, die teilweise auch aus dem Lager der Neonazis stammen.      

Bündnis gegen Polizeigewalt

Die SLP ist Teil des „Bündnis gegen Polizeigewalt“ und will eine starke Bewegung gegen Polizeigewalt  aufbauen. Schon in den nächsten Tagen soll es Aktionen geben.  

Gerhard Ziegler, Mitorganisator der Demonstration am 1.5.09 und Mitglied der SLP-Linz erklärt zu den nächsten Schritten: „Eine Bewegung gegen Polizeigewalt muss möglichst weite Teile der ArbeiterInnenbewegung umfassen. Vor allem Betriebsräte und Betriebsrätinnen sowie Gewerkschaften sind aufgerufen sich zu beteiligen. Es ist bedauerlich, dass sie am 1.5. nicht dabei waren. Nun haben sie die auch die Aufgabe gemeinsam mit den Betroffenen gegen mögliche Diskriminierungen bzw. Probleme an Arbeitsplatz, Arbeitsamt, in Uni und Schule vorzugehen. Was in Linz passiert ist, war nur ein Vorgeschmack auf das, was passieren könnte, wenn sich im Zuge der Krise die soziale Lage weiter zuspitzt  und Menschen sich gegen soziale Ungerechtigkeiten, gegen den Verlust ihres Arbeitsplatzes oder die Schließung ganzer Betriebe, wehren.“  

In den nächsten Tagen sind eine Reihe öffentlicher Aktionen der Gewerkschaften geplant. Schon deshalb fordert die SLP die Gewerkschaften auf sich an einem Bündnis zu beteiligen.       

Notwendige nächste Schritte:  

Aufklärung durch eine unabhängige Untersuchungskommission mit VertreterInnen der OrganisatorInnen der Demonstration am 1.5. sowie unter Einbeziehung von GewerkschaftsvertreterInnen

Volle Aufklärung der Vorkommisse in Linz am 1.5.09. Wer hat die Gewaltaktionen angeordnet? Wie kam es zu den Verhaftungen? Gab es versteckte „Ermittler“ unter den Demonstrantinnen und Demonstranten wie einige Filmaufnahmen zeigen? Waren diese vermummt? Vertreterinnen und Vertreter jener Organisationen, die die Demonstration am 1.5. organisiert haben, müssen, gemeinsam mit Verhafteten, Verletzten und VertreterInnen aus den Gewerkschaften Teil einer unabhängigen  Untersuchungskommission sein.  

Keine Weiterleitung der Daten der Verhafteten an Arbeitgeber/AMS/Schule/Uni. Keine Diskriminierung der Betroffenen am Arbeitsplatz, auf der Uni, in der Schule oder am Arbeitsamt

Die SLP bedauert den Rückzug von Rainer Zendron als Vizerektor der Kunstuni Linz. Er ist Opfer einer politischen Aggression. Ein beruflicher Rückzug ist das falsche Signal an andere Betroffene. Verhaftete, Verletzte, die Demoorganisatorinnen und –Organisatoren und alle, deren Daten aufgenommen wurden, dürfen keinen weiteren Schikanen ausgesetzt sein. Vernichtung  aller Daten nach der Untersuchung durch die unabhängige Untersuchungskomission – keine Speicherung der Daten bei den Behörden.  

Sofortiger Rücktritt des Linzer Polizeidirektors Widholm. Suspendierung des Einsatzleiters der uniformierten Polizeieinheit Fuchs sowie der Behördenvertreter vor Ort. Auch die politisch Verantwortlichen sind untragbar.

Die Behörden und ihre Vertreter vor Ort sind für zweierlei verantwortlich: für die Ausschaltung des Demonstrationsrechtes und den Einsatz massiver Gewalt ohne jede Grundlage. Und dafür, dass Neonazis in Linz ungehindert auftreten konnten. Daher sind sie sowie die politisch verantwortlichen untragbar.