Bericht von einer Konferenz der Bewegung für Asylrechte in Schweden

Tilman M. Ruster

Am Samstag dem 6.10. fand in Göteborg (Schweden) die erste landesweite Konferenz des „Asylrörelsen“ (Asylbewegung) statt. Auf Einladung der schwedischen Schwesterpartei der SLP durfte auch ich daran teilnehmen und über die Entwicklungen in Österreich sprechen sowie die Arbeit in Schweden kennenlernen.

Ca. 100 Leute nahmen teil. Das mag nicht nach sehr viel klingen, tatsächlich waren die meisten aber als VertreterInnen verschiedener, größerer Gruppen dort. Das Asylrörelsen ist ein Netzwerk aus einzelnen AktivistInnen und Organisationen aus dem antirassistischen Spektrum.

Es sieht sich in der Tradition einer großen Asylbewegung von 2005, bei der in Schweden eine einmalige Amnestie für alle AsylwerberInnen erkämpft wurde. Der kleine gemeinsame politische Nenner der damals wichtigen Organisationen und besonders die undemokratische Verfassung der Bewegung verhinderte damals weitergehende Erfolge.

Dennoch bedeutet die Asylamnestie von 2005 einen großen Sprung für den Kampf für ein allgemeines Bleiberecht. Es gibt, trotz rechtsextremen „Schwedendemokraten“& Co eine gesellschaftliche Mehrheit gegen Abschiebungen. Das allein ist ein großer Unterschied zu Österreich, wo selbst bei einem so öffentlichen und persönlichen Fall wie Arigona nur 50% gegen die Abschiebung waren.

Der Erfolg von 2005 soll das Fundament des Asylrörelsen sein. Aber in ihrem Programm gehen sie viel weiter. Ein ganz wichtiger Faktor sind dabei selbstorganisierte Gruppen von Flüchtlingen. Auf der Konferenz sprachen VertreterInnen iranischer, afghanischer, irakischer und gemischter Gruppen. Auf diese Weise ist das Asylrörelsen sehr nah an der Lebenswirklichkeit und den Bedürfnissen von Flüchtlingen selbst. Statt nur "für" Flüchtlinge kämpfen sie gemeinsam mit Flüchtlingen für Bleiberecht und alles was daran hängt.

Natürlich mobilisiert die Bewegung immer wieder viele Menschen gegen konkrete Abschiebungen. Dabei gelingen auch Blockaden: 2010 gelang sogar eine mehrtägige Blockade eines Schubgefängnisses, bei der die AktivistInnen sogar alle rausfahrenden Fahrzeuge durchsuchten um ein Rausschmuggeln von Flücktlingen zu verhindern. Der Fall Ousmane zeigt, das sowas auch in Österreich möglich ist. Die Dimensionen sind in Schweden aber andere. Wo die Blockade der Rossauer-Kaserne in Wien eine bislang einmalige Sache war, finden solche Aktionen in Schweden viel öfter statt. Besonders wichtig ist dabei die öffentliche Wirkung, die diese Aktionen haben: Die Presse wird mit regelmäßigen Updates versorgt und die Blockaden werden von Flugblataktionen und anderen Aufklärungsmaßnahmen begleitet.

Aber es geht nicht nur um das reine Bleiberecht. Für die, die (fürs erste) bleiben dürfen, geht es um den Kampf für gleiche Rechte. Fragen wie Wahlrecht und besonders Arbeitsrecht stehen dabei im Vordergrund.

Z.B. berichtete ein iranischer Taxifahrer von den unzumutbaren Arbeitsbedingungen in seiner Branche. Kein Wunder: illegal Arbeitende haben keine Rechte und es schwierig, sich zu organisieren. Wer sich beschwert läuft Gefahr durch den Arbeitgeber an die Behörden ausgeliefert und abgeschoben zu werden. Das gilt für Schweden genauso wie für Österreich und ganz Europa.

Trotz der Schwierigkeiten organisierten die Taxifahrer einen Hungerstreik, den sie auf einem öffentlichen Platz vornahmen. Auf diese Weise hatten sie zugleich auch einen tagelang offenen Infopoint, wodurch sich viele solidarisierten. Am Ende des Protestes stand die Bewilligung des Bleiberechts für viele der Taxifahrer. Genauso wichtig ist aber, das es jetzt eine organisierte Arbeit von Flüchtlingen in dem Bereich gibt, der sich im Asylrörelsen mit ähnlichen Initiativen und AntirassistInnen verbündet hat.

Die starke Betonung der sozialen Fragen im Bleiberecht hat zu einem starken Druck auf die Gewerkschaften geführt. Immerhin ist es ihre Aufgabe sich für alle ArbeitnehmerInnen einzusetzen, also natürlich auch für diejenigen, die dazu gezwungen sind, schwarz zu arbeiten.

Inzwischen ist es dem Asylrörelsen möglich über die Pilotengewerkschaft frühzeitig die Namen und sogar Telefonnummern von PilotInnen zu erfahren, die Abschiebemaschinen fliegen sollen.

Diese können sich weigern einen Menschen gegen seinen/ihren Willen zu transportieren und so Abschiebungen zeitweilig verhindern. Das Flugpersonal wäre auch in Österreich ein Schlüssel für erfolgreichere Anti-Abschiebe Aktionen.

Da sich im Asylrörelsen inzwischen eine große Zahl AktivistInnen zusammen findet gibt es auch immer wieder Demonstrationen für Asylrechte oder gegen Aufmärsche von Rechtsradikalen. Der große politisch-qualitative Unterschied zu Österreich besteht aber in der Mitarbeit von organisierten Flüchtlingen selbst. Die ganze Frage von Asyl wird für Viele erst konkret, wenn nicht andere über Flüchtlinge sondern die Betroffenen selbst sprechen. Dieser Druck hat auch geholfen, die Gewerkschaften langsam in die Asylfrage einzubeziehen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Arbeit in Schweden derzeit erfolgreicher läuft als bei uns. Ein Grund mehr zu versuchen die Lehren aus Schweden auf Österreich anzuwenden. Mit dem Netzwerk „Familien und FreundInnen gegen Abschiebungen“ gibt es eine neue Gruppe, die sich auf politischer Ebene für Asylrechte einsetzt. Das Protestcamp von somalischen Flüchtlingen vor dem Parlament und ähnliche Ereignisse in Österreich zeigen auch Ansätze für selbstorganisierte Gruppen von Flüchtlingen. Jetzt gilt es beides zusammenzubringen und auszubauen. Ich jedenfalls bin hoffnungsfroh für einen erfolgreichen Kampf für das allgemeine Bleiberecht und gleiche Rechte für alle die hier leben!