BABE-KV: Unternehmen nutzen Corona-Krise für Deal gegen Beschäftigte

Sebastian Kugler, BABE-Beschäftigter in Wien

Kollektivsvertragsverhandlungen im privaten Bildungsbereich enden mit faulem Kompromiss

Während allerorts der gesellschaftliche Zusammenhalt beschworen wird, wurden still und heimlich knapp 13.000 Beschäftigte privater Bildungseinrichtungen hintergangen und über den Tisch gezogen. Diese Kolleg*innen arbeiten im Kollektivvertrag der “Berufsvereinigung der Arbeitgeber privater Bildungseinrichtungen” (BABE). Die Unternehmen nutzten die Corona-Krise, um bei den Kollektivvertragsverhandlungen den Sack zuzumachen. Das Ergebnis ist ein fauler Kompromiss auf dem Rücken der Beschäftigten – gerade zu einem Zeitpunkt, an dem wir in dem heillosen Corona-Krisen-Chaos zwischen widersprüchlichen Anweisungen von Chefs und Regierung ihre Arbeit unter erschwerten Bedingungen weiter machen müssen.

Die Beschäftigten im BABE arbeiten oft im AMS-Kontext, als Kursleiter*innen in Maßnahmen. Dass diese Arbeit überhaupt (oft mit chaotischen Teleworking-Anweisungen) fortgesetzt werden muss, zeigt, dass die Aufrechterhaltung des schikanösen AMS-Apparats für wichtiger genommen wird als die Sicherheit der Beschäftigten und Arbeitslosen, von denen viele Betreuungsaufgaben haben und besseres zu tun hätten, als in virtuellen Maßnahmen zu sitzen.

Manche Kolleg*innen sind vielleicht erleichtert darüber, dass es angesichts der Corona-Krise überhaupt einen Abschluss gibt, bevor sich die Lage noch weiter verschlechtert. Das ist verständlich. Doch leider wird uns dieser Abschluss bei der Bewältigung der Krise in keinster Weise helfen. Im Gegenteil.

 Der Abschluss: Ein Schlag ins Gesicht

Die Gehalts“erhöhung“ von 2,2% bis 2,4% liegt nur wenige Promille über der aktuellen Inflation. Angesichts der zu erwartenden Wirtschaftskrise wirkt es wie ein Hohn, wenn wir vom Verhandlungsteam ausgerichtet bekommen, dass dies ein „guter finanzieller Abschluss in Corona-Krisen-Zeiten“ sei.

 Die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung, die von vornherein im BABE nur lauwarm gestellt wurde, verschwindet im Nirvana einer „Arbeitsgruppe über die Erörterung der Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für die mögliche Verkürzung“. Was bekommen wir stattdessen? Einen „Jubiläumstag“ nach 10, 15 und 20 Jahren Dienstzugehörigkeit. In einer Branche, in der Hire-and-Fire auf der Tagesordnung steht. In der es die meisten aufgrund der prekären Bedingungen kaum länger als ein paar Jahre aushalten. In der kaum Vordienstzeiten angerechnet werden. Wer von uns kann tatsächlich davon ausgehen, diesen einen Tag je zu bekommen? Dieser Punkt in der KV-Einigung ist nichts anderes als eine Verarschung. Genauso steht es auch mit dem „freien Tag am ersten Volksschultag des Kindes“. Nur eine Handvoll Kolleg*innen werden diesen Tag je erleben.

 Versagen mit Folgen

Völlig weltfremd behaupten die Verantwortlichen für dieses Ergebnis, dass man die Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung nächstes Jahr „Unter hoffentlich anderen Rahmenbedingungen“ durchsetzen wolle – Welche anderen Rahmenbedingungen sollen das sein? Leben die Gewerkschaftsspitzen in einer Fantasiewelt, in welcher die Corona-Krise spurlos an der Wirtschaft vorüber ziehen wird und in der die Unternehmer*innen innerhalb des nächsten Jahres spontan ihre Nächstenliebe entdecken?

Die bittere Wahrheit ist, dass das Gegenteil der Fall sein wird. Das war die letzte Chance, vor einem massiven Wirtschaftseinbruch mit zerstörerischen Konsequenzen für alle Bereiche einen halbwegs guten Abschluss zu erzielen. Das hätte erreicht werden können, wenn wir die Verhandlungen ausgesetzt und mit den Kolleg*innen bei SWÖ und Caritas die Kräfte gebündelt und ein gemeinsames Vorgehen koordiniert hätten. Auch ein guter Abschluss hätte uns vor den Konsequenzen der kommenden Stürme nicht bewahrt, aber er hätte uns besser darauf vorbereiten können.

Es rächt sich jetzt, dass der BABE-KV sich nur so halbherzig an die Forderung der 35 Stundenwoche im SWÖ angelehnt hat – und sich der Streikbewegung überhaupt nicht angeschlossen hat. Die Unternehmen im SWÖ haben sich aufgrund dieser Bewegung bis jetzt nicht getraut, die Corona-Krise für ein solches Manöver zu nutzen. Nun werden sie sich darin bestärkt fühlen.

Es war völlig falsch, die Verhandlungen fortzusetzen, ohne auch nur zu versuchen, daran etwas zu ändern. Unsere wichtigsten Instrumente in dieser Auseinandersetzung – Betriebsversammlungen, Betriebsrät*innenkonferenzen, Proteste und Streiks – sind angesichts der Maßnahmen der Regierung extrem schwierig umzusetzen. Warum ließ sich das kleine Verhandlungsteam mit zwei Händen am Rücken gebunden auf einen Abschluss ein?

Respekt gebührt jenen Betriebsrät*innen, etwa bei the update GmbH, welche sich gegen dieses Vorgehen gestellt haben. Einige hatten gar nicht die Möglichkeit dazu, weil sie zu der Einigung überhaupt nicht gefragt wurden.

Den Kopf nicht in den Sand stecken

Dieses Verhandlungsergebnis ist ein Schlag ins Gesicht für uns Beschäftigte. Gerade jetzt brauchen wir eine kämpferische Gewerkschaft, die uns den Rücken stärkt anstatt uns in den Rücken zu fallen. Wer der zuständigen Verantwortlichen der GPA die eigene Meinung zu diesem Abschluss mitteilen möchte, kann diese an sandra.breiteneder@gpa-djp.at schicken.

Auch wenn wir aktuell keine physischen Versammlungen organisieren können, in denen wir Urabstimmungen abhalten: Wir müssen uns jetzt selbst organisieren und die Gewerkschaft den Widerstand gegen diesen faulen Deal spüren lassen. Angesichts dessen, was auf uns zukommt, können wir dieses Ergebnis nicht auf uns sitzen lassen. Im Deutschtrainer*innen-Bereich ist die Initiative DiE - Deutschlehrende in der Erwachsenenbildung nach wie vor aktiv. Solche Basisvernetzungen braucht es auch in anderen Teilen des BABE. Vernetzen können wir uns auch von unseren Wohnzimmern aus - über Chats, Videokonferenzen usw. Nutzen wir die erzwungene Zeit zuhause, um uns zu organisieren!

Sebastian Kugler,

BABE-Beschäftigter in Wien

sebastian@slp.at