Außergewöhnlicher Abschluss braucht außergewöhnliche Kampfmaßnahmen!

Flugblatt der SLP zu den aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen

„Krise klingt ab, Wirtschaft erholt sich, jetzt wollen wir unseren Anteil“ - das ist verkürzt die Argumentationslinie der ÖGB-Spitze. Was ein guter Anfang ist. Aber das bisherige Verhalten und die Angebote der Arbeitgeber zeigen, dass sie nicht einmal daran denken den Beschäftigten auch nur einen Anteil des Aufschwungs  abzugeben, von echter Umverteilung ganz zu schweigen. Tatsächlich hat den Bossen die Corona-Krise oft nicht einmal geschadet und sie haben sie genutzt, um auf Kosten der Arbeiter*innen durch Intensivierung, Kurzarbeit und Co. ihre Profite zu erhöhen. Seit Jahren sind die Abschlüsse weit hinter dem für die Beschäftigten notwendigen. Die 4,5% sind eigentlich eine Untergrenze! Um diese tatsächlich zu erkämpfen wird eine Routine wie jedes Jahr nicht ausreichen. Um den von PRO-GE Vorsitzendem Rainer Wimmer geforderten “außergewöhnlichen Abschluss” zu bekommen wird es auch außergewöhnliche Kampfmaßnahmen bis hin zu mehr als nur symbolische Streiks brauchen, um den Druck zu erhöhen. Eine offensive Lohnrunde ist nicht nur dringend notwendig um unsere Forderungen durchzusetzen, sondern auch, weil die Rechte von Beschäftigten insgesamt auf politischer und betrieblicher Ebene unter Druck geraten und wir dringend eine gewerkschaftliche Offensive brauchen. 

Wackliger Aufschwung

Der aktuelle Aufschwung der Wirtschaft ist weder dauerhaft sicher, noch stabil. Die Inflation steigt, im Winter werden v.a. die Energiepreise explodieren. Die momentan abklingende Wirtschaftskrise hat viele Schwachstellen des globalen, kapitalistischen Wirtschaftssystems offen gelegt. Stockende Lieferketten, geografisch (Suezkanal) und geopolitisch fragile Handelswege, wachsende Konfliktherde und Verhärtung von Wirtschaftsblöcken (USA-Chinakonflikt) und weltweit rasant wachsende Staatsschulden - das alles hat direkte Auswirkungen auf Beschäftigte. Eine alleinige Orientierung unserer Forderungen am Wirtschaftswachstum bzw. der Inflation ist daher langfristig fatal! Gerade das aktuelle Verhalten der Bosse zeigt, dass sie nicht daran denken, die wirtschaftliche Lage bei den Verhandlungen zu berücksichtigen und das sollten wir auch nicht tun. Es geht darum, die Forderungen aufzustellen und umzusetzen die wir dringend brauchen ohne Rücksicht auf die Profite der Bosse.  Das Wirtschaftswachstum kann sich ständig ändern, die ungleiche Verteilung von Reichtum verschärft sich aber ständig. Deshalb brauchen wir grundlegende Veränderungen.

Nein zur Steuerreform für Reiche und Konzerne!

Die Noch-Regierung erklärt uns gerade, dass durch die „ökosoziale“ Steuerreform Gerechtigkeit hergestellt wird. Wo die Gerechtigkeit ist, wenn Konzerne wie KTM mit mehreren Millionen im Jahr weiter entlastet werden (allein durch die KÖSt Senkung um 700 Millionen), während gleichzeitig Menschen mit kleinem Einkommen, die sich den ökologischen Umstieg nicht leisten können, bestraft werden, wird ein Rätsel bleiben. Wer keine Steuern zahlt, wegen zu geringem Einkommen, spürt von den „Entlastungen“ gar nichts bzw. verliert durch die Inflation sogar an real verfügbaren Einkommen. Und nicht einmal fürs Klima bringt dieses Geschenkparket für die Bosse was. Das zeigt, dass wir dringend einen allgemeinen gewerkschaftlichen Kampf für eine Entlastung von Beschäftigten und Besteuerung von Superreichen und Konzernen brauchen - damit die Kosten der Krisen nicht auf uns abgeladen werden. „Wer zahlt schafft an, ich liebe das“ ist das Motto von Kurzclique und Fellnerclan und gelebte Praxis bei allen Mächtigen und Herrschenden. Es braucht daher das Gegengewicht einer Gewerkschaftsbewegung zu Unternehmen, etablierten Parteien und Medien die sich mehr oder weniger in gegenseitiger Abhängigkeit um Macht, Geld und Einfluss in gegenseitiger Geiselhaft halten. Auf unsere Kosten.

Forderungen ausweiten!

Es reicht nicht, die Lohnverhandlungen nur um das Thema Lohnerhöhung aufzuziehen. Immer mehr Kolleg*innen leiden unter wachsendem Arbeitsdruck oder haben aufgrund von wirtschaftlichen Umstrukturierungen Angst um ihren Job. Produktivitätssteigerung ist zwar ein schöner Begriff, in der Praxis bedeutet er aber ein Steigen des Arbeitsdrucks und/oder Vernichtung von Arbeitsplätzen. Das bedeutet eine Verschlechterung von Arbeits- und Lebensqualität. Um diese wieder zu heben, braucht es eine Kampagne für Arbeitszeitverkürzung zur Vorbereitung und Bewusstseinsbildung der Beschäftigten, und in Folge einen konsequenten Kampf dafür. Dabei können wir nicht akzeptieren, dass Arbeitszeit und Löhne gegeneinander ausgespielt werden und brauchen eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich.

Jobs und Klima retten geht nur mit den Beschäftigten!

Die Klimakrise wird nicht mehr aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden: durch Hochwasser und Hitzesommer spüren wir sie immer stärker. Gleichzeitig versuchen Regierende und Bosse die Klimakrise und Jobs gegeneinander auszuspielen und dabei die Kosten für Klimaschutz an uns abzuladen während Profite geschützt werden. Tatsächlich kann Klimaschutz nur durch die Beschäftigten funktionieren. Nur so können wir das ganze Potential aber auch “know how” in der Industrie nützen um Jobs und die Umwelt zu retten. Aber dafür braucht es in der Gewerkschaftsbewegung eine politische Strategie, in deren Zentrum die Rolle der öffentlichen Hand steht. Ein Beispiel dafür ist die Auseinandersetzung rund um die drohende Schließung von MAN. Eine Übernahme durch die öffentlichen Hand, staatliche Investitionen und eine Umstellung der Produktion, z.B. auf Busse für den Nahverkehr hätten sogar zusätzliche Jobs schaffen können als auch ein Beitrag zu einer klimafreundliche Industrie geleistet werden. 

Für eine breite solidarische Bewegung

Das alles trifft aber nicht nur die Metaller*innen, die aktuell in den Lohnverhandlungen sind, sondern die gesamte österreichische Arbeiter*innenklasse. Letzte Woche streikten die Beschäftigten der Wiener Kindergärten und Horte für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. An die Auseinandersetzungen beider Bereiche muss jetzt angeknüpft, und die Kämpfe zusammengeführt werden. Gemeinsame Punkte könnten aufgegriffen, und zu einer breiten Bewegung aufgebaut werden. Viele Metaller*innen haben Kinder und einige Paare werden in beiden Bereichen beschäftigt sein. Eine Zusammenführung würde ein riesiges Kampfpotential eröffnen, auch im Bildungs- und Gesundheitsbereich, im Handel und anderen Branchen stehen Kolleg*innen vor sehr ähnlichen Fragen! Im Endeffekt geht es darum, an wem sich unsere Gesellschaft orientiert: Profite, Management und Bosse oder Beschäftigte (ganz egal ob bei der Voest, im Kindergarten oder im AKH). Auch wenn die Gewerkschaftsspitze so eine Bewegung nicht organisieren kann (oder will) -  wir an der Basis können Schritte in diese Richtung gehen: im Betrieb und auf der Straße bei der solidarischen Unterstützung von anderen Protesten und durch organisierten Druck das auch von der Gewerkschaftsspitze einfordern. Insgesamt ist es für den Erfolg jedes Arbeitskampfes - also auch jetzt konkret bei den Verhandlungen im Metallbereich, entscheidend, wie stark sich Kolleg*innen beteiligen. Um eine breite Beteiligung zu ermöglichen aber auch um sicherzustellen, dass die Verhandlungen im Interesse der Beschäftigten geführt werden ist eine demokratische Organisierung des Arbeitskampfes notwendig. Wir brauchen regelmäßige Betriebsverhandlungen und Diskussionen über Strategie, Forderungen und nächste Schritte. 

Unsere Vorschläge:

  • Konsequente Verteidigung aller Forderungen der Gewerkschaft und Abwehr aller geforderten Verschlechterungen

  • Bundesweite Einberufung von Betriebsversammlungen als erste Eskalationsstufe: für den weiteren Kampf brauchen wir eine Eskalationsleiter die auch Streik und längere Streiks beinhaltet wenn nötig um die Forderungen durchzusetzen

  • Diese müssen demokratisch und unter aktiver Einbeziehung aller Beschäftigten, mit einer Debatte zur aktuellen Situation, ablaufen und können den Forderungskatalog durch Beschlüsse in den Betrieben auch verändern bzw. ergänzen.

  • Urabstimmung über das Verhandlungsergebnis: die Beschäftigten müssen entscheiden ob der Kampf fortgesetzt oder ein Angebot angenommen wird.

  • Ein gemeinsamer Aktionstag von Beschäftigten der Metaller*innen und Kindergärtner*innen zu dem auch andere Berufsgruppen eingeladen werden

  • Eine politische Offensive der gesamten Gewerkschaftsbewegung rund um die Forderungen nach Entlastung von Beschäftigten und Vermögenssteuer zurFinanzierung von Gesundheit, Sozialem, Bildung und Klimaschutz und einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich. 

  • Industrie in öffentliche Hand