Arbeiter*innen streiken gegen sexuelle Gewalt

Baskenland, USA, Südafrika
Eleonora Kempter, Krankenpflegerin und Aktivistin bei ROSA und der Sozialistischen LinksPartei (SLP)

Artikel aus der aktuellen ROSA-Zeitung (März 2022)

Ob 1917 in Petrograd, 1968 in Dagenham oder heute: Streik am Arbeitsplatz zeigt sich in der Geschichte als eine mächtige Waffe der arbeitenden Frauen und ihrer solidarischen männlichen Kollegen um für sich zu kämpfen. 

So streikten 3.500 hauptsächlich männliche Arbeiter*innen in einem Mercedes-Werk im Baskenland 2021 nach dem Mord an ihrer Kollegin Erika Tavares und forderten ein Ende der geschlechtsspezifischen Gewalt.

Als Beschäftige bei Google feststellten, dass ihr Arbeitgeber zwar mit einer arbeiter*innenfreundlichen  „Unternehmenskultur“ wirbt, mit den kreativsten Ideen trumpft um Mitarbeiter*innen zu ermöglichen ihre Gefühle gegenüber dem Management zu äußern, dem aber nur selten echte Veränderungen folgen, beschlossen sie sich dem Konzern gemeinsam zu stellen und ihre „Strengh in numbers“ zu nutzen. Zahlreiche Vorwürfe der sexuellen Belästigung waren im Sand verlaufen und beschuldigte Top-Manager erhielten stattdessen Abfindungen in Höhe von 90 Millionen Dollar. Die Streikenden forderten eine transparente Einsicht und damit Kontrolle über das Vorgehen des Unternehmens in Fällen von sexueller Belästigung. Mehr 20.000 Mitarbeiter*innen streikten an internationalen Google Standorten. In London, Zürich, Dublin und vielen Städten der USA. 

Aber nicht nur standortübergreifend zeigten Streikende eine beeindruckende Solidarität. Zur selben Zeit streikten auch Arbeiter*innen einer anderen Branche. Die zahlreichen Berufsgruppen die bei der Hotel-Kette Marriott arbeiten, streikten im Rahmen der Bewegung „Fight for $15“ für einen existenzsichernden Lohn in der Dienstleistungsbranche, einer Branche in der überproportional viele Frauen, vor allem Women of Colour unter extrem ausbeuterischen Bedingungen arbeiten. Unter den Streikende wurde mehrfach Solidarität miteinander bekundet und Teilnehmer*innen des Streiks forderten bei Kundgebungen auch andere Bereiche wie, zum Beispiel den Bildungsbereich auf mit Ihnen zu kämpfen. Die Beschäftigten hatten verstanden, dass sie nur gemeinsam echte Veränderungen gegenüber ihrer Arbeitgeber*innen erkämpfen konnten. 

Das selbe Verständnis und ein beachtliches Durchhaltevermögen zeigen die Angestellten von McDonalds die seit 2018 fünf mal und in 16 Städten gegen sexualisierte Gewalt und Belästigung in Filialen und für einen sicheren Arbeitsplatz streikten. Auch sie kämpften im Rahmen der Bewegung „Fight for $15“ zusammen mit Arbeiter*innen anderer Unternehmen, aber mit nur allzu ähnlichen Arbeitsbedingungen. 

In Südafrika zeigten 290 Arbeiter*innen der Lanxess-Chrommine nahe Rustenberg, wie sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz bekämpft werden kann. Eine Arbeiterin war von einem Manager sexuell belästigt worden, doch Lanxess ignorierte ihre Beschwerde. Von der Gewerkschaft NUMSA unterstützt streikten und besetzten die Bergarbeiter*innen die Mine 9 Tage lang. Das Management versuchte, den Streik zu sabotieren indem sie den Strom abstellten und sie damit in Lebensgefahr brachten. Doch der harte Kampf wurde gewonnen: Die Firma musste einer externen Untersuchung zustimmen und darf sich nicht in die Ermittlungen einmischen.

Die genannten Streiks sind nur einige Beispiele aus der Geschichte des Kampfes von Frauen (und Männern) gegen die Bedingungen, die sie unterdrücken. Auf dem Weg zu einer echten Frauenbefreiung werden noch einige weitere ähnliche Kämpfe Teil der Geschichte werden müssen. Wir können auch diesen 8. März zu einem davon machen.

 

Die ganze ROSA-Zeitung findest du hier: