Antifaschistische Kampagne marginalisiert braunesoterischen „Bewusst-Kongress“

Sebastian Kugler

...Dabei hat alles schon so gut für sie ausgesehen. Erstmals ein „Bewusst-Kongress“ in Österreich, und dann gleich im Festsaal des ältesten öffentlichen Gymnasiums Wiens, dem Akademischen Gymnasium Wien. 200 hätten kommen sollen.

Geworden ist es schlussendlich eine kleine Anhäufung von ca. 40 Leuten, die meisten davon „Übliche Verdächtige“ der rechts-esoterischen Szene. Im Hinterzimmer eines kleinen griechischen Restaurants.

Durch Zufall stießen wir auf die Information, dass dieser Kongress am 8. Oktober in Wien stattfinden sollte. Nach kurzer Recherche war klar: Hier geht es nicht um Lichtmeditation oder die Kunst, innere Ruhe zu finden. Die OrganisatorInnen des Kongresses hatten allesamt handfeste Verbindungen zur deutschen rechtsextremen Szene – Vom Holocaustleugner Dirk Zimmermann bis zum Zusammenschluss rechtsextremer Gruppen zur „Kommissarischen Reichsregierung (KRR). Ihre Theorien, vor allem die des Hauptorganisators Jo Conrad sind durchzogen von Antisemitismus und braunem Verschwörungsdenken.

Für uns war völlig klar, dass es sich hierbei um eine gefährliche Veranstaltung handelte, die dabei helfen sollte, die rechts-esoterische Szene Österreichs zu stärken. Deswegen begannen wir umgehend mit der Kampagne. Gleich auf unsere erste Aussendung bekamen wir Unterstützung: „Schön zu sehen, dass euch der Kongress aufgefallen ist & ihr dagegen (ebenfalls) vorgeht!“ schrieb uns ein Vertreter der „Gesellschaft für kritisches Denken“.

Jo & Co aus dem akademischen Gymnasium rauszubekommen erwies sich dann als einfacher als gedacht. Wir nahmen direkten Kontakt zur SchülerInnenvertretung auf – Einen Tag später musste Jo Conrad eingestehen: „Der Vortragsort des Kongresses muß geändert werden, da mehrere Schreiben dort eingingen, die mich als gefährlichen Spinner und Antisemiten darstellten.“ - Na Bitte!

Unsere Methode, mit Menschen aus dem Umfeld des geplanten Veranstaltungsortes gemeinsam aktiv zu sein, bewährte sich auch noch weitere vier Male. So planten die OrganisatorInnen, im Festsaal der Gemeinde Tribuswinkel, nahe Wien, unterzukommen. Wir begannen, andere Organisationen, wie die Sozialistische Jugend in Baden, in die Kampagne miteinzubeziehen. So flogen sie auch aus Tribuswinkel kurzerhand raus.. „Danke für eure Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Wachsamkeit!“, schrieb uns Margit K. nach dieser Meldung. Mit Unterstützung des „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands“ (DÖW) verfassten wir ein umfangreiches Dossier über die Verbindungen der OrganisatorInnen zur rechtsextremen Szene und zum Holocaust-Revisionismus. Von nun an trauten sich die OrganisatorInnen nicht mehr, den Ort öffentlich bekannt zu geben, sondern gaben ihn nur noch angemeldeten BesucherInnen weiter. Das war bereits ein großer Erfolg, denn dadurch konnten sie natürlich kaum mehr neue BesucherInnen gewinnen.

Nach gründlicher Recherche konnte auch der dritte Veranstaltungsort ausfindig gemacht werden – Der „Bewusst-Kongress“ wollte sich bei einer Autoraststation in Alland als „Dentisten-Kongress“ einschleichen. Wir informierten die Geschäftsführung und die lokale Bevölkerung. BewohnerInnen aus Alland sandten Protestschreiben – „Hab alle meine Bekannten in der Umgebung angeschrieben!“ schrieb uns beispielsweise Elfie R. - Unterstützung bekamen wir von nun an auch aus den Reihen vom „Mauthausen Komitee Österreich“. Auf unsere Initiative wurden auch GewerkschafterInnen aus der Gastronomie aktiv, um zu verhindern, dass sich der Kongress bei ihnen einnisten konnte. Und der Autogrill schmiss Jo und seine braunesoterische Crew raus. Der Geschäftsführer teilte uns mit, dass er unter keinen Umständen solche Veranstaltungen dulden werde.

Schön langsam wurde es eng für den Bewusst-Kongress. „Offenbar war die Jugendgruppe der SLP verantwortlich für die mehrfache "Vertreibung" der Bewusst-Kongress-Heinis. Good job!!“ schrieb der kritische Blog „Geistig Befreit“. Die „Heinis“ fanden einen weiteren Ort – nämlich das Tanzstudio „Barada“ in Wien. Sie versicherten ihren AnhängerInnen, dass die Eigentümer sich dort nicht so schnell einschüchtern lassen würden. Einschüchterung hatten wir noch nie nötig. Wir kontaktierten die TanzlehrerInnen des Studios und erklärten ihnen den Hintergrund – und wieder saßen Jo und Co vor der Tür. Zwei der vier ReferentInnen sprangen nach diesen Ereignissen ab. Das Infoportal KRR-FAQ schrieb dazu: „Conrad wird es sich zukünftig vermutlich gründlich überlegen, ob er nochmal eine derartige Veranstaltung in Österreich plant. In Deutschland stößt er jedenfalls selten auf derartig heftigen Widerstand.“

Am Tag vor dem Kongress kam der Kongress schließlich in den Räumen der Moon-Sekte in Wien 7 unter. Wir informierten die restlichen BewohnerInnen/MieterInnen des Hauses und die Hausverwaltung – und auch dort konnten sie nicht bleiben. Der Blog „Behördle“ meinte dazu: „Diese Aktion der angewandten Aufklärung haben wir der Sozialistischen LinksPartei (SLP) Österreich zu verdanken. Da bleibt nur noch zu sagen: 'küss’ die Hand SLP, dös hat Klass!'"

Da aber Conrad daran festhielt, den Kongress zu veranstalten, riefen wir zur Kundgebung vor dem Haus des letzten geplanten Ortes auf. Und tatsächlich: Dort stand Jo Conrad und delegierte die ganz ganz wenigen BesucherInnen, die er nicht schon kannte, an den letzten Ort: Ein kleines griechisches Restaurant, eine Straßenecke weiter. Trotz unserer Interventionen war der Wirt nicht bereit, die Leute vor die Tür zu setzen. Wir protestierten vor dem Lokal, was dazu führte, dass viele Gäste sich beim Eigentümer darüber beschwerten, dass er eine solche Veranstaltung bei ihm zuließ.

So fand der Bewusst-Kongress zwar statt – allerdings in einer fast bis zur Unkenntlichkeit marginalisierten Form. Er glich eher einem eingesessen Stammtisch als einer breiten Veranstaltung. Im Vergleich dazu hatte im Rahmen des letzten Bewusst-Kongress noch ein Filmdreh im Rathaus der deutschen Stadt Osterholz-Scharmbeck stattgefunden. Mit Erlaubnis des dortigen SPD Bürgermeisters. In Wien kamen insgesamt ca. 10 Personen zu dem Kongress, die nicht dem bereits eingesessenen Kern zuzurechnen waren. Die Ausbreitung dieser Szene in Österreich wurde somit erfolgreich verhindert.