29.10.: Linz stellt sich quer: Nein zum rechtsextremen Kongress!

Ende Oktober soll in Linz eine rechtsextreme Großveranstaltung in Linz stattfinden. Doch es gibt Widerstand dagegen!
Flo Klabacher, Aktivist in Linz

Ende Oktober soll in Linz eine rechtsextreme Großveranstaltung mit VertreterInnen aus ganz Europa stattfinden. Mehrere hundert Rechtsextreme & FaschistInnen sind zu erwarten. Große Unterstützung kommt aus den Kreisen der FPÖ. Die neofaschistische Organisation der „Identitären“ will den Kongress nutzen, um ihre Strukturen in Oberösterreich weiter aufzubauen. Das birgt die Gefahr einer Eskalation von rechter Gewalt und Terror. Eine breite, antifaschistische Kampagne an Schulen, in Betrieben und auf der Straße ist notwendig.

Was steckt hinter dem Kongress „Verteidiger Europas“?

Der Kongress in Linz ist eine indirekte Nachfolgeveranstaltung zum „Zwischentag“, der in Deutschland 2012 über 700 Rechtsextreme versammelt und als Vernetzungstreffen der Neuen Rechten dient. Doch die Veranstaltung war mit Protesten konfrontiert: Erfolgreiche antifaschistische Mobilisierungen sorgten dafür, dass das Event nicht in den geplanten Veranstaltungsorten stattfinden konnte. Die Ausweichquartiere mussten von der Polizei abgeriegelt werden. Zeitweise wurden die Eingänge von AntifaschistInnen blockiert. 2015 kamen nur noch knapp über 100 Rechtsextreme zum „Zwischentag“ in Erlangen, von 40 AusstellerInnen blieben nur 14 übrig. Der Kongress in Linz ist ein Versuch, die Veranstaltung aus der Krise zu holen. Das wollen wir verhindern.

Wer organisiert den Kongress?

Offizieller Veranstalter ist der „Verein für Meinungsfreiheit und unabhängige Publizistik“, der auch das Magazin „Info Direkt“ herausgibt. Der Vorsitzende des Vereins, Karl Winkler, ist auch Funktionär der „Österreichischen Landsmannschaft“, das laut DÖW besonders enge personelle und organisatorische Kontakte zur FPÖ pflegt. Das Magazin ist mit verschiedenen Teilen der rechtsextremen Szene vernetzt und das weit über Österreich hinaus. An den Beiträgen zum Magazin arbeiten österreichische, deutsche und russische Rechtsextreme und FaschistInnen. Fast die gesamte Führungsriege des neonazistischen „Bund Freier Jugend“ ist von Beginn an Fan der Facebook-Variante von „Info Direkt“. Einer von ihnen, Stefan Magnet, hat eine Ausgabe des Printmagazins in Wien vorgestellt. Beruflich macht er übrigens unter anderem Werbevideos für FPÖ-OÖ-Chef und Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner.

FPÖ-Connection

Die FPÖ bewirbt den Kongress zwar nicht als Partei, doch aus ihren Reihen kommt massive Unterstützung. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, der auch für Hofers Präsidentschaftswahlkampf verantwortlich ist, wird als Referent am Kongress teilnehmen. Detlef Wimmer, FPÖ-Vizebürgermeister in Linz, hat bereits 2015 für die Präsentation einer Printausgabe des „Info Direkt“-Magazins das Linzer Rathaus angemietet. Seine Burschenschaft „Arminia Czernowitz“, der auch Verkehrsstadtrat Markus Hein angehört, bewirbt den Kongress. Auch die vom „Olympia“-Burschenschafter und ehemaligen FPÖ-Nationalratspräsidenten Martin Graf initiierte Onlineplattform „unzensuriert.at“ unterstützt und bewirbt den Kongress. All das zeigt, wie eng die Verbindungen zwischen FPÖ und faschistischer Szene sind.

Die FPÖ ist gerade in Oberösterreich (als Teil der Regierungskoalition im Land) und in Linz (in einer de-facto-Koalition mit der SPÖ) ein starker und verlässlicher Bündnispartner für den rechtsaußen Rand. Es ist denkbar, dass Veranstaltungsräume vom Land Oberösterreich oder der Stadt Linz durch FPÖ-FunktionärInnen angemietet und dem rechtsextremen Kongress zur Verfügung gestellt werden. Wo genau der Kongress stattfindet wird bisher geheim gehalten - wohl auch, um eine langfristige, breite Gegenmobilisierung zu erschweren.

Russland-Connection

Neben den Querverbindungen zur FPÖ ist auch die Nähe des „Info Direkt“-Magazins zum Regime in Russland („Wir wollen einen wie Putin“) besonders auffällig. So arbeitet der Faschist Alexander Dugin (unter Putin aufgestiegen zum Vorsitzenden des Soziologieinstituts der Moskauer Lomonossow-Universität) an Artikeln der Zeitschrift. Anderswo träumt er von der Entwicklung eines „authentischen, realen, radikalen, revolutionären und konsequenten, eines faschistischen Faschismus”. Dugin traf sich übrigens auch schon mit Strache, auf einem Geheimtreffen von „Euroasiern“ in Wien. Dieses Treffen wurde organisiert von Natalie Holzmüller, einer weiteren Referentin am Linzer Kongress.

Deutschland-Connection

Genauso wie die „Zwischentage“ in Deutschland von FPÖ-Funktionären „bereichert“ wurden (2015 von Thomas Hüttner, Bezirksrat der FPÖ Donaustadt & Schriftleiter des rechtsextremen „Eckert“ bzw. Jan Ackermeier, politischer Referent der FPÖ-OÖ), ist geplant, dass führende VertreterInnen der extremen Rechten aus Deutschland in Linz auftreten: Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der rechtsextremen „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Thüringen, ist als Referent geplant. Auch Jürgen Elsässer, Chefredakteur des politischen Sprachrohrs der AfD, des „Compact“-Magazins, soll referieren. Zur Erinnerung: Führende PolitikerInnen dieser Partei wollen, dass an den Grenzen auf Flüchtlingskinder geschossen wird. FunktionärInnen der AfD schaffen es auch immer wieder mit extremem Sexismus und frauenverachtenden Kommentaren in die Schlagzeilen. Zum Beispiel kommentierte ein Mitglied des Vorstands der AfD-Jugendorganisation ein Foto von einer Anti-AfD-Aktion mit: „der blonden würde ich auf jeden fall den übelsten hatefuck verpassen. sowas erlebt die bei ihren bebrillten, linksliberalen hipster freunden in hundert jahren nicht“.

Faschistischer Mob auf den Straßen von Linz?

Die Liste bekannter rechtsextremer PolitikerInnen, PublizistInnen und AktivistInnen aus Deutschland, Russland, Ungarn, Australien und Österreich ließe sich noch fortsetzen. Klar ist, dass der Kongress „Verteidiger Europas“ eines der größten öffentlich beworbenen rechtsextremen Vernetzungstreffen werden soll, das Österreich je gesehen hat. Hier könnte sich die gewalttätige faschistische Szene mit der intellektuellen und finanzstarken Elite der Neuen Rechten, der Einflussreichen und Massenwirksamen der FPÖ, höchstwahrscheinlich russlandnahen GeldgeberInnen und Burschenschaften vernetzen. Solche Treffen können enorm wichtig für die Vernetzung und den Aufbau von faschistischen Strukturen sein  - und weitere Schritte aus der gesellschaftlichen Isolation der Rechten.

Abgesehen von dieser bedrohlichen Perspektive geht von solchen Treffen eine sehr konkrete Gefahr aus: Was wird in Linz los sein, wenn dutzende Rechtsextreme & FaschistInnen, aufgeladen von zwei Tagen voller Hetzreden, am Abend saufen gehen? Wir wollen es nicht erfahren! Eine breite Kampagne gegen diesen Kongress ist nötig – und möglich!

Antifaschismus in die Offensive!

Das letzte Jahr war geprägt vom scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg der extremen Rechten in Österreich: Die FPÖ wird zweitstärkste Kraft in Wien und Oberösterreich, stellt in Wels den Bürgermeister und vielleicht schon bald den Bundespräsidenten und Kanzler. Gleichzeitig können sich die „Identitären“ zur erfolgreichsten neofaschistischen Organisation seit Jahrzehnten formieren und Gruppen in mehreren Bundesländern aufbauen. Regierungen auf allen Bundes- und Landesebene reagieren auf die Erfolge der Rechten, indem sie deren Forderungen umsetzen. Mit Grenzzäunen, Abschiebungen in Militärflugzeugen, Diskussionen über Burka-Verbot und Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge heizen die etablierten Parteien die rassistische Stimmung weiter an, ohne irgendwelche Lösungen für die sozialen Probleme zu bieten.

Gewalttätige Nazi-Strukturen entwickeln sich im Sog der gegenwärtigen FPÖ-Erfolge. Ihr Aufstieg ist eine Mischung dreier Hauptursachen: 1.) der Krise des Kapitalismus, infolge derer immer mehr Menschen Arbeitslosigkeit und sozialen Abstieg erleben. 2.) der Sozialabbau-Politik der bislang dominierenden bürgerlichen Parteien, die Armut und Ängste noch verstärkt – und der angewiderten Ablehnung dieser Parteien und ihrer Hintermänner/-frauen  in der Wirtschaft. Und 3.) des Fehlens einer echten anti-kapitalistischen Alternative von unten.

Vom pseudo-sozialen Geschwafel diverser Nazi-Gruppen oder der FPÖ darf man sich nicht täuschen lassen. Wo auch immer die rechtsextremen an der Macht sind, machen sie Politik für Superreiche, Banken und Konzerne – und sparen bei den Ärmsten. Gerade in Oberösterreich zeigt die FPÖ seit Jahren, dass sie für brutale, neoliberale Politik steht. Spitalsreform 2011 (Streichung von fast 800 Betten und Schließung von 4 Stationen), Kürzungen bei der Wohnbeihilfe 2012 und noch einmal 2013 (die vor allem AlleinerzieherInnen treffen), Kürzungen im Sozialbereich 2015 und bei der Mindestsicherung 2016 – all das wurde von der FPÖ initiiert oder mitgetragen. In Wels wütet seit Herbst FPÖ-Bürgermeister Rabl mit dem Rotstift. Meinbezirk.at fasst zusammen: „Ersatzlos gestrichen sind Förderungen für mobile Altenhilfe und soziale Betreuungsdienste, barrierefreies Planen und Bauen an öffentlichen Objekten, Badeinbauten und Wohnungskosten für Jugendliche, Familien und Alleinerzieher. Ebenfalls aufgehoben sind nun die Richtlinien der Förderung von Umwelt- und Schallschutzmaßnahmen“. Die Aufgabe des Rechtsextremismus ist es, von den wahren Problemen abzulenken, die durch Profitwirtschaft entstehen. Die FPÖ verwendet Rassismus als Instrument, um von der eigenen Verantwortung für Arbeitslosigkeit und Armut abzulenken.

Die „Identitären“ haben im August binnen weniger Tage mindestens drei Regionaltreffen in Oberösterreich abgehalten. Falls ihnen hier die Verankerung gelingen sollte, kann von ihnen in absehbarer Zeit eine enorme (Lebens-)Gefahr ausgehen. So prahlten die „Identitären“-Salzburg kürzlich damit, dass all ihre Mitglieder sich nun um Waffenscheine beworben und Schusswaffen gekauft hätten. Die SLP steht für einen aktiven Antifaschismus, der auch die Gewerkschaften bis hinauf zum ÖGB in die Pflicht nimmt. Um die Interessen aller ArbeitnehmerInnen wirkungsvoll zu verteidigen, muss man dem Rechtsextremismus das Wasser abgraben. Denn sobald sich Nazi-Organisationen stark genug fühlen, attackieren sie neben Minderheiten auch gewerkschaftliche und politische AktivistInnen. Sie sollen in verschärften Krisenzeiten die Drecksarbeit für den Kapitalismus erledigen.

Umgekehrt könnte mittels offensiver Mobilisierungen und mutiger Aktionen der Antifaschismus endlich aus seiner defensiven Haltung herausgeführt werden, die das letzte Jahr bestimmt hat. Dazu ist eine aktive Kampagne notwendig.

 

Was können wir tun?

Rechte Hetze ist in vielen Lebensbereichen präsent. Genauso aber haben wir alle MitschülerInnen, KollegInnen, NachbarInnen oder FreundInnen, die genug von den rassistischen, sexistischen und homophoben Spaltungsversuchen von FPÖ & Co. haben. Jetzt geht es darum, mit ihnen gemeinsam auf die Straße zu gehen. Wie organisieren wir das am besten? Komm zu den Kampagnen-Treffen und nimm deine FreundInnen, MitschülerInnen oder KollegInnen mit. Planen wir gemeinsam, welche Aktionen wir umsetzen können. Möglichkeiten gibt es viele:

  • Aktionen vor Schulen oder an Unis

  • Infostände und Kundgebungen an zentralen Plätzen

  • Im Wohnblock von Tür zu Tür klopfen gehen und über den Kongress aufklären

  • Hol dir Flugblätter  und Plakate für dein Jugendzentrum, Stammlokal, den Kebap- oder Würstel-stand ab.

  • SchulsprecherInnen, JugenvertrauensrätInnen oder BetriebsrätInnen können BündnispartnerInnen sein. Ihr Auftrag ist es, die Interessen der gesamten SchülerInnenschaft, aller Lehrlinge bzw. Beschäftigten eines Betriebes zu vertreten, egal welcher Herkunft, Religion, Sexualität oder welchen Geschlechts. Besprich mit ihnen, was ihr in deiner Schule oder deinem Betrieb gegen den rechtsextremen Kongress unternehmen könnt.

Ein Sieg über die „Identitären“ ist genauso möglich wie die Zurückdrängung der in den 2000er-Jahren bestimmenden Nazi-Bande „Bund Freier Jugend“ (BFJ). Schon damals waren es AktivistInnen der SLP, die entgegen diverser Unkenrufe und Zweifel entsprechende Kampagnen starteten und maßgeblich durchführten.

Planen wir nun gemeinsam die Kampagne gegen den rechtsextremen Kongress und die „Identitären“ in Linz und Oberösterreich. Das erste Aktivistinnentreffen findet am 20. September um 18 Uhr im Gastahaus „Alten Welt“ in Linz, Hauptplatz 4.