„Machen wir uns stark“- Ja, eh. Aber wie?

Sebastian Kugler und Nikita Tarasov

Am 18. September fand vor dem Heldenplatz die „Willenskundgebung: Machen wir uns uns stark“ statt. TrägerInnen dieser Initiative waren maßgeblich Prominente oder Personen des öffentlichen Lebens. Dementsprechend gestaltete sich die Kundgebung. Vor mehreren Tausend Leuten wurde zwar viel geredet, aber wenig gesagt. Konkrete Forderungen wurden kaum gestellt.

Aber ohne konkrete Vorstellungen lässt sich menschliche Asylpolitik und Umverteilung nicht umsetzen. Forderungen nach Mindestlohn, Verbesserung der Mindestsicherung oder Abschiebungsstopp wurden nicht in den Mund genommen. Stattdessen wurde nur der Rücktritt der Innenministerin Maria Fekter gefordert, als ob es in den letzten Jahren einen Unterschied gemacht hätte, ob die InnenminsterInnen Fekter, Strasser oder Platter hießen.

Dampf ablassen genügt nicht

Es ist bezeichnend, dass immer weniger Menschen zu Kundgebungen wie „Machen wir uns stark“ oder „Lichtertanz gegen Rosenkranz“ kommen. 1993 kamen noch 300 000 Menschen zu dem von SOS Mitmensch initiierten Lichtermeer. Seine heutigen Pendants locken nur noch ein paar tausend Leute vor die Tür, egal wie stark sie medial beworben werden. Warum ist das so?Die Menschen sind nicht des Protestierens müde, wie gerne von bürgerlicher Seit behauptet wird. Die Situation hat sich aber auch nicht gebessert, sondern extrem verschlechtert, wie die „Entwicklung“ der Asylgesetzgebung beweist. Die Studierenden- und SchülerInnenbewegungen der letzten Jahre haben mit einem Bruchteil der Mittel ein Vielfaches der Leute auf die Straße gebracht. Die FPÖ kann keine Wahlkampfkundgebung in der Steiermark oder in Wien ohne Gegendemonstration abhalten. Viele Menschen haben einfach erkannt, dass einzelne, singuläre Großkundgebungen, die von einem Bündnis einiger Promis getragen werden, keinen nennenswerten Effekt haben. Solche Kundgebungen werden zum Dampf-Ablassen benützt, damit mensch das Gefühl hat, seiner/ihrer Empörung Luft gemacht zu haben. Immer mehr Menschen reicht das aber nicht mehr. Mensch muss kein(e) HellseherIn sein, um zu prophezeien, dass es nach „Machen wir uns stark“ keinen Kurswechsel in der Politik geben wird, ganz im Gegenteil: Uns erwartet das größte Sparpaket der 2. Republik, ein „Tal der Tränen“ wie Finanzminister Pröll es ausdrückt.

Kurswechsel fordern? Selbst ins Steuer greifen!

Es ist gut, wenn Tausende Menschen für menschliche Asylpolitik und Umverteilung auf die Straße gehen. Aber einzelne Kundgebungen reichen nicht. Bei „Machen wir uns stark“ wurde keine Perspektive geliefert, wie es weitergehen soll, keine weiteren Aktionen oder Proteste wurden angekündigt. Genau das wäre aber nötig, um eine Bewegung gegen Rassismus und Sozialabbau zu initiieren. Ein Redner von „Machen wir uns stark“ meinte vollkommen zurecht, dass es nicht mehr reiche, Facebook-Gruppen gegen Rassismus beizutreten. Genauso reicht es aber auch nicht mehr, alle heiligen Zeiten eine Kerze für die Menschlichkeit anzuzünden. Es benötigt organisierten Widerstand von unten, in Betrieben, Schulen und Unis, um Erfolge in Asylrecht und Umverteilung zu erkämpfen. Wir brauchen eine Vernetzung der einzelnen BürgerInneninitiativen gegen Abschiebungen wie in Röthis. Eine Bewegung wie UniBrennt kann unendlich viel mehr für die Bildung erreichen als ein Duett von Ambros und Hader. Die Notwendigkeit einer solchen zeigte sich auch bei der vorangegangen Studierenden-Demo, die mit ein paar hundert Leuten ebenfalls hinter den Erwartungen zurückblieb. Wir können nicht darauf warten, dass „die Politik“ den Kurs wechselt, wir müssen das Ruder selbst in die Hand nehmen!

Selbst aktiv auf der Strasse...

...waren am 18. September auch eine Reihe von Jugendlichen, MigrantInnen und ArbeitnehmerInnen in der Brigittenau. Die SLP hatte zu einer Kundgebung und Demonstration gegen die FPÖ in Wien 20 aufgerufen. Gekommen sind (zwar?) keine Promis, dafür Jugendliche aus der Gegend, SchülerInnen die selbst aktiv werden wollen, eine Wirtin aus dem Gräzl die sich für die Initiative bedankt hat und eine Reihe von Menschen mit niedrigem Einkommen aber dem Willen, selbst was zu tun. Klar: auch diese Aktion hat nicht gereicht, aber sie hat die Konfrontation mit der FPÖ und ihrem Rassismus direkt vor Ort aufgenommen und weitere Aktionen und ein sozialistisches Programm gegen Rassismus und Sozialabbau präsentiert.