ÖGB: Zeichen UM-setzen!

Die Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften veranstaltete am 18. Mai eine Podiumsdiskussion mit den Titel “ÖGB in der Krise: Ursachen und Lösungen”.
Charly Krumpschmid

Die Diskutanten am Podium bestanden aus Harald Mahrer als Vertreter des Veranstalters, Willo Mernyi, dem Leiter des Kampagnenreferates des ÖGBs und kooptiertes ÖGB-Bundesvorstandmitglied, Oliver Jonischkeit (Gewerkschaftlicher Linksblock-GLB) und Thomas Kerschbaum von den Unabhängigen GewerkschafterInnen (UG). Die mehr als 50 anwesenden Besucher waren sowohl “alte Hasen” der gewerkschaftlichen Arbeit, wie auch viele interessierten junge und ältere “nur”, “nicht mehr” oder “noch nicht” Gewerkschaftsmitglieder.

Wie konnte es dazu kommen?

Die Wichtigkeit starker Gewerkschaften wurde bei dieser Diskussion besonders hervorgehoben. Als einer der Hauptursachen der ÖGB-Krise wurde einhellig der “Kuschelkurs” gegenüber den Arbeitgebervertretern angesehen, ebenso wie die jahrzehntelange Entpolitisierung und Entideologisierung der Gewerkschaftsbewegung. Die, bis dato ungenügend hinterfragte, hierarchische Struktur plus Sozialpartnerschaft war, nach Meinung diverser Wortmeldungen, hauptverantwortlich für das Versagen und teilweise Fehlen der Kontrolle.

ÖGB neu, aber wie?

Nicht “ausgewogene” Verhandlungsergebnisse mit Rücksicht auf “wirtschaftliche Notwendigkeiten”, sondern konsequente Vertretung der Interessen von ArbeitnehmerInnen stärken das Vertrauen in die Gewerkschaft. Statt Standortlogik muss wieder Internationalität treten, da der weltweite Angriff gegen Arbeitsrechte und sozialen Leistungen nur global abgewehrt werden kann. Die Masse an Erwerbslosen und Beschäftigten in prekären Verhältnissen verlangt nach neuen Formen der Mitgliederwerbung und Betreuung. Die Antwort gegen das Ausspielen inländischer ArbeitnehmerInnen mit KollegInnen mit migrantischen Hintergrund kann nur ein gemeinsames,  solidarisches Handeln sein.

Zeichen der Zeit erkennen!

Wie sich bei der Diskussion herausstellte, ist Willy Mernyi auch einer der Hauptinitiatoren von “Zeichen setzen”, einer vor wenigen Wochen aus den Reihen des ÖGB gegründeten Plattform, die sich Änderungen im ÖGB zum Ziel setzt. Die Forderungen sind eine Einkommensgrenze von maximal EUR 4500,– netto sowie die Veröffentlichung der Gehälter, einen Frauenanteil von 50 Prozent, die verstärkte Einbindung von kleinen Fraktionen als auch von Fraktionslosen, die die Kontrolle der Gewerkschaftsorganisationen übernehmen sollen. Diese Minimalforderungen finden offensichtlich Anklang – innerhalb weniger Wochen unterstützen bereits weit über fünftausend Personen diese Plattform. Viele Debattenbeiträge betonten darüber hinaus, dass ein wirksamer Kurswechsel nicht nur bei den Strukturen hängen bleiben darf, sondern auf den Bruch der Gewerkschaften mit der Idee der Sozialpartnerschaft bedeutet. Ebenso wurde die Öffnung der Diskussion rund um “Zeichen setzen” für alle interessierten Gewerkschaftsmitglieder gefordert – und von Kollegen Mernyi versprochen.

Zeichen setzen heißt Zeichen UM-setzen!

Damit “Zeichen setzen” nicht rein zum Ablassen von Unmut verkommt, möchte die Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften erreichen, dass die breite Unterstützung zu einer tiefgreifenden Demokratisierung des ÖGB genutzt wird. Beginnen sollte dies mit einer Konferenz noch vor der Nationalratswahl, wo alle Unterstützer Ihre Ideen und Energien einbringen sollen. Dieser Vorschlag wurde auf der Veranstaltung einhellig begrüsst. Bei einer solchen Konferenz müssen die politischen Ziele und deren Umsetzung diskutiert und beschlossen werden. Dass rasches Handeln notwendig ist, hat ein Diskutant in Anlehnung auf ein altes Zitat auf den Punkt gebracht: “Wenn wir auf spannende Diskussionen am ÖGB-Bundeskongress hoffen, haben wir bereits verloren!”

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