Wie(n) weiter nach den Wahlen?

Helga Schröder

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Schritte zu einer neuen Arbeiter*innenpartei sind nötig!

Die rot-grüne Stadtregierung bzw. die soziale Rhetorik der SPÖ im Wahlkampf ändert(e) nichts an der Realität in Wien: Rassistische Übergriffe, Wohnungsnot, Niedriglöhne, Arbeitslosigkeit, Ärzt*innenmangel,… Auch Wien wälzt die wirtschaftliche, gesundheitliche und die Klimakrise auf die Schwächsten ab. Das wird – egal mit welchen der etablierten Parteien in der Stadtregierung – schlimmer werden. Eine Stadtregierung, die über die Politik des Bundes jammert, diese aber umsetzt, wird die soziale Situation nicht ändern, weil sich Lokalpolitik nicht trennen lässt von grundlegenden sozialen und wirtschaftlichen Fragen. Wer die Profitlogik als „Naturgesetz“ hinnimmt, kann Privatisierung und Kommerzialisierung des öffentlichen Raums nicht stoppen. Eine Stadtregierung, die viel zu wenige „Gemeindebauten“ und dann noch in Kooperation mit Spekulationsobjekten baut, gleichzeitig eigene Grundstücke verkauft und damit privater Immobilienspekulation überlässt, wird die Wohnungsnot nicht lindern.

Im Wahlkampf wurden Aktivist*innen bei Links motiviert durch den Wunsch nach einer wählbaren Alternative. Das ist gut. Doch das Ergebnis ist schlechter, als von vielen Aktivist*innen erwartet. Das zeigt: Ohne wirkliche Basis in sozialen Bewegungen und Klassenkämpfen kann auch der beste Wahlkampf keinen Erfolg bringen. Nun, nach der Wahl wird sich entscheiden, ob Links eine Rolle beim Aufbau von Bewegungen auf der Straße und in Betrieben spielen wird und so einem Schicksal wie Wien Andas entgehen kann.

Was Links mit Mandaten machen kann

Auch bisher gab/gibt es KPÖ/Andas-Mandatar*innen, von denen viel zu wenig bemerkbar ist. Wenn da und dort ein Radweg durchgesetzt wird, ist das nett. Besser ist es, wenn linke Abgeordnete ihre Mandate – auch wenn es „nur“ in der Bezirksvertretung ist - breiter nutzen. Durchaus können und sollen da lokale Themen Raum haben: Etwa ein Kampf gegen die massive Privatisierung des öffentlichen Raums oder von Lärm krank gewordene Menschen. Sie können Mandate nutzen, um sozialen Kämpfen eine Bühne zu geben, Kampagnen organisieren und mit Betroffenen und Aktivist*innen gemeinsam aktiv werden. Zu tun gibt es genug: Die aktuelle Kollektivvertragsrunde im Handel, Proteste im Sozialbereich, der Kampf der Kolleg*innen im Gesundheitsbereich für gerechte Löhne, oder die Organisierung von eingeschüchterten Mieter*innen.

Aktivist*innen stärken

Bezirksräte haben formal wenig Gestaltungsspielraum. Wenn linke Mandatsträger*innen sich auf ihre lokalen, von den Herrschenden vorgegebenen juristischen Befugnisse beschränken, können sie wenig tun. Auch besteht die Gefahr, dass die hinter ihnen stehenden Aktivist*innen ausbrennen, weil sich durch die Wahl nichts ändert. Die Aufgabe besteht also nicht in erster Linie im Erringen von Mandaten. Die Aufgabe für Linke ist der Aufbau von starken Bewegungen – vor der Wahl und erst recht danach. Mandate sind dabei Werkzeug, vielleicht Ergebnis, aber nicht Grundlage für solche Bewegungen. Wenn im 2. Bezirk Linke eine Expertise im Wohnrecht haben, dann war auch hier eine Kampagne dafür ausschlaggebend. Mandatsträger*innen können die soziale Situation nicht ändern – die hinter ihnen stehende und mit ihrer Hilfe aufgebaute Bewegung schon.

 

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