Wie wehren wir uns gegen Rassismus?

Jan Wottawa

2020 gab es einen Rekord an bei der NGO Zara gemeldeten rassistischen Vorfällen. Rassismus ist allgegenwärtig und ein Problem des Systems. Alltägliche Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe oder Herkunft ist ein wichtiges Thema und der Wunsch vieler “etwas dagegen zu tun” ist groß. Das schlechte Abschneiden des “Black Voices” Volksbegehrens bedeutet nicht, dass es kein Interesse an Thema oder Lösung gibt. Aber es sagt etwas über verschiedene Zugänge aus. 

Es ist nicht möglich, ein so tiefgreifendes gesellschaftliches Problem auf persönlicher Ebene zu lösen. Einzelne rassistische Aktionen und Personen kann und soll man anprangern, aber das ist nur ein kleiner Teil der Gesamtsituation. Ähnlich wie es leider auch wenig nachhaltige Veränderung gibt, wenn eineR einzelne rassistische Politker*in aus dem Amt entfernt wird. Selbst wenn es auf magische Weise möglich wäre, diskriminierendes Gedankengut aus jeder Person zu entfernen, würden wir immer noch in einem System leben, das in seinen Strukturen rassistisch ist und Rassismus auch braucht.

Wo können wir ansetzen?

Angesichts des staatlichen Rassismus und der Not von z.B. Flüchtlingen ist es absolut verständlich, wenn Menschen helfen wollen. Bewegungen wie Black Voices und #BLM bringen viele Menschen zusammen, die sich fragen, was die nächsten Schritte sind. Manche schlagen “Information und Aufklärung” vor, oder gesetzliche Regelungen, oder organisieren ganz praktisch Hilfe. All das kann in einzelnen Fällen konkrete Verbesserungen erreichen, aber niemals eine endgültige Lösung bieten, da sie immer noch innerhalb des Systems arbeiten.

Die Schwäche einer solchen Hilfe, die Löcher stopft und letztlich an der Oberfläche bleibt, sieht man leider in der Flüchtlingsbewegung. Der Staat hat große Teile der Aufgaben praktisch auf NGOs reduziert, es hat sich also nichts Greifbares zum Besseren verändert. Trotzdem ist solche konkrete anti-rassistische und Flüchtlings-Arbeit oft der Einstieg in grundlegendere politische Arbeit. Viele Flüchtlingshelfer*innen von 2015/6 sind heute widerständige Beschäftigte im Sozialbereich. 

Ansätze bei Polizei, im Betrieb und Organisierung

 Die Polizei wird als “Freund und Helfer” präsentiert und es mag sein, dass manche das so sehen. Aber v.a. Migrant*innen machen weniger positive Erfahrungen, das ist keine Überraschung. Manche schlagen vor, hier anzusetzen, bei Verhalten und Stellung der Polizei. Schulungen helfen bestenfalls in Einzelfällen, und selbst wenn einzelne Polizist*innen persönlich nichts gegen Geflüchtete haben - wird ein Mensch abgeschoben, ist er abgeschoben. Viel wichtiger wären mehr Mittel für Sozialarbeit, für Jugendzentren und v.a. ordentlich bezahlte Jobs auch für Migrant*innen!

Aber auch in Betrieben kommt es oft genug zu Rassismus. Doch der Zusammenhalt zwischen den Kolleg*innen ist das wichtigste Instrument, das wir arbeitenden Menschen haben. Es braucht Gewerkschaften, die ihren Namen auch verdienen, die sich wirklich für die Interessen aller Beschäftigten einsetzen. Die momentanen Gewerkschaftsführungen haben der kapitalistischen (somit rassistischen/chauvinistischen “unsere Leute zuerst”) Logik nichts entgegenzusetzen, weil sie keine Alternative zum Kapitalismus haben. Doch diese braucht es.

 

Info:

Um Rassismus - und auch andere Unterdrückungsformen - zu beseitigen, braucht es das Ende des Kapitalismus. Denn einen Kapitalismus ohne systematischen Rassismus und Sexismus gibt es nicht. Es ist aber auch leicht, sich im Kleinen zu verlieren und “gegen das System” anzukämpfen, ohne wirklichen Plan. Eine Organisation mit internationalem Blick und internationaler Organisierung ist dafür zentral!

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: